Qumran. Daniel Stökl Ben Ezra
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Название: Qumran

Автор: Daniel Stökl Ben Ezra

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

Серия: Jüdische Studien

isbn: 9783846346815

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СКАЧАТЬ wechseln (s.u. Damaskusschrift, S. 240). Mitten in einer Erzählung können Gedichte vorkommen. Wenn wir den „großen“ Rollen trauen dürfen, scheint es aber eher selten gewesen zu sein, dass auf einer Rolle mehrere Kompositionen zusammengestellt wurden. Bei mehreren der „großen“ Schriftrollen war mehr als ein Kopist beteiligt (z.B. 1QHa). Kürzlich wurde gezeigt, dass 4Q3 und 4Q9 einmal zur gleichen Genesisrolle gehörten, obgleich sie von unterschiedlichen Schreibern kopiert wurden und kein Fragment gleichzeitig beide Hände enthält.

      Wenn Rollen hypothetische Konstruktionen sind, kann ein Forscher gegen den Editor argumentieren, dass ein Fragment nicht dieser, sondern besser jener Rolle zugeordnet werden soll. In zahlreichen Fällen ist dies auch geschehen (s.u.). Ein Nachprüfen verschiedener Editionen ist also immer lohnenswert. Man sollte bei allen Unsicherheiten aber beachten, dass die meiste Sortierungsarbeit vom Team der Scrollery vollbracht worden ist, welche die Einzigen waren, die direkten physischen Zugang zu allen Fragmenten hatten. Nur sie konnten direkt vergleichen, ob bei zwei Fragmenten nicht nur die Schrift, sondern auch die materiellen Aspekte des Pergaments auf Vor- und Rückseite übereinstimmten. Spätestens seit 1960 arbeiteten fast alle Editoren nur noch mit Fotos und nur in Ausnahmefällen mit den Originalfragmenten. Die Fotos aber geben nur einen unvollkommenen Eindruck der materiellen Beschaffenheit. Daher ist bei späteren Umgruppierungsversuchen Vorsicht geboten und auf die vorgebrachten Argumente und eventuell größere Unsicherheiten in neu vorgeschlagenen Rekonstruktionen zu achten!

      Mehrere hilfreiche Warnzeichen können anzeigen, wann die Zugehörigkeit eines Fragments zu einer Rolle genau geprüft werden sollte. Manchmal geben die Herausgeber eines Textes ihre Zweifel explizit an. Manchmal zeigt ein hinzugefügter Kleinbuchstabe hinter einer Rollennummer (z.B. 4Q213a), dass eine Fragmentengruppe (in diesem Fall 4Q213) von späteren Editoren auf zwei Gruppen aufgeteilt wurde, nachdem das ursprüngliche Team die Nummern bereits festgelegt hatte. Schließlich kann man bei genauem Kontrollieren der PAM-Fotos manchmal bemerken, dass im Laufe der Zeit dieses oder jenes Fragment von einer Plate zur anderen wechselt und wieder zurückkehrt.

      4Q471 War Scroll-like Text B4Q471 War Scroll-like Text B ist ein Extrembeispiel für unterschiedliche Auffassungen in der Editionsarbeit. In den Vorbereitungsarbeiten |52|in der Scrollery ordnete Strugnell ursprünglich zehn Fragmente aus Höhle 4 einem Exemplar der Kriegsregel zu: 4Q471. Die Herausgeber der Fragmente in DJD und „Erben“ der Vorarbeiten Strugnells sahen dagegen mehrere Schreiber hinter den Buchstabenformen und den orthographischen Konventionen. Daher teilten sie die zehn Fragmente auf insgesamt vier unterschiedliche Handschriften auf: 3 Fragmente als 4Q471 („War Scroll-like Text B“), ein Fragment als 4Q471a („Polemical Text“), vier Fragmente als 4Q471b („Self Glorification Hymn“) und zwei Fragmente als 4Q471c („Prayer Concerning God and Israel“).

      Allerdings weist 4Q471b so starke wörtliche Parallelen zu einer Hymne in anderen Hymnenrollen auf, dass man schließen muss, dass alle die gleiche Hymne enthielten (4Q427, Frag. 3–7 und 1QHa XXV–XXVI Sukenik Fragmente 7–8, 56, 46, 55). Außerdem gleichen Schrift, Pergament und Layout von 4Q471b einer Hymnenrolle, 4Q431. Die Editorin der Hymnenrollen, Eileen Schuller, hat daher die Fragmentengruppe 4Q471b als Teil von 4Q431 veröffentlicht. Dieselbe physische Fragmentengruppe findet sich also zweimal in DJD 29: zum einen als eigenständiger Text mit dem Kürzel und Namen 4Q471b Self Glorification Hymn, zum anderen als Hymne einer Hymnensammlung, 4Q431 Hodayote Frag. 1.

      Doch zurück zu unserer Hierarchie des Vermutungscharakters einer Rekonstruktion, mit der wir noch nicht am Ende sind, denn es gibt noch mindestens eine höhere Ebene. Im Laufe seiner Edition muss der Herausgeber unter anderem entscheiden, welchen Namen er dem Text der Rolle gibt, welches Genre dieser hat und welchen Inhalt. Die wenigsten Rollen enthalten den Titel ihrer Komposition (z.B. 1QS, 4Q249). Wenn es Parallelen mit einem anderen Text gibt, kann der Herausgeber entscheiden, dass seine Schriftrolle eine Kopie von einer bereits auf einer anderen Schriftrolle edierten Komposition ist. Je mehr Text einer Komposition bekannt ist, und je mehr Text beider Schriftrollen noch erhalten ist, desto sicherer ist dieser Schluss.

      Was aber, wenn eine (rekonstruierte) Schriftrolle nur wenig Text enthält und eventuell nur zitiert? Was, wenn eine Rolle nur Fragmente des Anfangs einer Komposition enthält, eine andere nur Fragmente vom Ende der gleichen Komposition, ohne jegliche Überschneidung (vgl. Steudel, Midrasch, zu 4Q174 und 4Q177)? Die Editoren dieser Texte werden dann nur in Ausnahmefällen argumentieren, dass beide Schriftrollen Teile einer Komposition waren, beispielsweise wenn dieser Text eine besonders ausgefallene Terminologie verwendet oder die gleiche Hauptfigur im Zentrum steht (so z.B. bei 4Q390). In solchen Fällen kann Zweifel als Grundeinstellung vor Fehlschlüssen bewahren.

      |53|Das oben genannte Beispiel der Self Glorification Hymn (1QHa, 4Q427, 4Q431 = 4Q471b) ist noch weitaus komplexer. Die Hymne weist starke wörtliche Parallelen zu 4Q491 Frag. 11 auf, einem Exemplar der Kriegsrolle. 4Q491 ist von Abegg später wiederum in zwei oder drei Rollen aufgeteilt worden (4Q491a, 4Q491b, 4Q491c). Einige sehen dabei Fragment 11 als unabhängigen Text (4Q491c), die Self Glorification Hymn, doch sind die Gründe für die Trennung von 4Q491b nicht gewichtig.

      Wie auch immer es sei, viele Sätze in 4Q431 und 4Q491 Frag. 11 sind gleich. Allerdings längst nicht alle Sätze, und oft erscheinen sie in anderer Reihenfolge. Eine maximalistische Position der Mehrheit deutet 4Q431 und 4Q491 als zwei Rezensionen eines Textes. Die minimalistische Gegenposition sieht dagegen zwei getrennte Texte. Maximalisten benutzen Daten aus einer Rezension für die Interpretation der anderen, in der diese fehlen. Minimalisten lehnen dies ab (s. den Forschungsbericht bei García-Martínez, in diesem Fall selbst ein Minimalist). Die Konsequenzen sind immens: Für die Maximalisten handelt es sich um einen menschlichen Sprecher, der bei Gott wohnt und sich den Göttern/Engeln überlegen fühlt, vielleicht den Lehrer der Gerechtigkeit, vielleicht einen eschatologischen Priester, vielleicht jedes die Hymne rezitierende Gemeindemitglied. Für den Minimalisten ist es eine engelhafte Figur, z.B. Michael. Wie gesagt, dies ist ein Extrembeispiel, wenn auch ein besonders wichtiges (wir werden es im Teil über die Geschichte des Jachad genauer besprechen, S. 274). Die meisten Fälle sind wesentlich klarer.

      3.2 Von der Fragmentengruppe zur Reihenfolge

      Wenn ein Editor eine Fragmentengruppe, eine „Rolle“, zusammengestellt hat, liegt vor ihm immer noch die Aufgabe, die Fragmente in eine Reihenfolge zu bringen. Für die biblischen und anderen bekannten Texte (also alle Paralleltexte zu den „großen“ Rollen) ist dies, wenn die Fragmente nicht allzu klein waren, eine lösbare Aufgabe. Gibt es mehrere Handschriften mit parallelem Text, helfen die Details jedes Zeugen zur Entschlüsselung der Lesungen und Reihenfolge der anderen (so z.B. besonders für das Apokryphon Jeremias C und für 4Q434–438 Barkhi Nafschi). Ansonsten kann der Inhalt dem Ordnungsbewusstsein des Editors Hilfestellung leisten. Im schlimmsten Fall bleibt nur die Zuflucht zur Sortierung nach Größe.

      Für die Rekonstruktion einer Rolle ist der Nachvollzug des Zerstörungsvorgangs entscheidend, ähnlich wie für Polizisten die Tatrekonstruktion. |54|Hartmut Stegemann und seine Göttinger Schüler, allen voran Annette Steudel, haben diese Methodologie am weitesten entwickelt. Dabei sind weniger der Text, sondern vielmehr die Konturen der Fragmentränder und wiederkehrende Löcher in den Fragmenten entscheidend. Oft sind Fragmentenstapel das Endresultat einer ursprünglich zusammengerollten Schriftrolle, die von Nagern zerfressen, von Würmern durchbohrt oder von Feuchtigkeit von innen oder von außen zersetzt worden ist. Ist sie zum Beispiel stehend in einem Krug aufbewahrt worden, wird ein Teil der Zerstörung durch ihr eigenes Gewicht verursacht und es fehlt dann der untere Teil (Pfann). Oft haben Rollen von innen so starken Druck gegen ihren eigenen Verschlussriemen ausgeübt, dass sie sich selbst zweigeteilt haben. Nähte, immer etwas dicker als der Rest eines Pergamentbogens, haben auf den Rücken der darüber gelegenen Windung gepresst – bis dort ein Riss entstanden ist. Vielfach verlaufen Bruchkanten gerade entlang der Linien, die mit einem scharfen Gegenstand gezogen worden waren, um dem Kopisten den Zeilenabstand oder die Spaltenmargen anzudeuten.

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