Theorie und Therapie der Neurosen. Viktor E. Frankl
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Название: Theorie und Therapie der Neurosen

Автор: Viktor E. Frankl

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783846304570

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СКАЧАТЬ sich davor, von Partnerinnen mit viel Erfahrung für armselige Liebhaber gehalten zu werden (Psychology and Life Newsletter I, 5, 1972). Aber auch George L. Ginsberg, William, A. Frosch und Theodore Shapiro brachten unter dem Titel „Die neue Impotenz“ eine Arbeit heraus, in der sie ausdrücklich davon sprechen, daß „der junge Mann von heute insofern gefordert ist, als sich bei der Exploration erweist, daß in diesen Fällen einer neuen Form von Impotenz die Initiative zum Geschlechtsverkehr von der weiblichen Seite kam“ (Arch. gen. Psych. 26, 218, 1972).

      Der Hyper-Reflexion treten wir logotherapeutisch mit einer Dereflexion entgegen, während zur Bekämpfung der in Fällen von Impotenz so pathogenen Hyperintention eine logotherapeutische Technik zur Verfügung steht, die auf das Jahr 1947 (Viktor E. Frankl, Die Psychotherapie in der Praxis, Franz Deuticke, Wien 1947) zurückgeht. Und zwar empfehlen wir, den Patienten dazu zu bewegen, daß er den Sexualakt „nicht programmatisch sich vornimmt, sondern es bewenden läßt bei fragmentarisch bleibenden Zärtlichkeiten, etwa im Sinne eines mutuellen sexuellen Vorspiels“. Auch veranlassen wir „den Patienten, seiner Partnerin gegenüber zu erklären, wir hätten vorderhand ein strenges Koitusverbot erlassen – in Wirklichkeit soll sich der Patient über kurz oder lang nicht mehr daran halten, sondern – nunmehr entlastet vom Druck sexueller Forderungen, wie sie bis dahin seitens der Partnerin an ihn ergangen waren – in einer zunehmenden Annäherung ans Triebziel heranmachen, auf die Gefahr hin, daß er von der Partnerin – eben unter Hinweis auf das vergebliche Koitusverbot – abgewiesen würde. Je mehr er refüsiert wird, desto mehr reüssiert er auch schon.“

      William S. Sahakian und Barbara Jacquelyn Sahakian („Logo-therapy as a Personality Theory“, Israel Annals of Psychiatry 10, 230, 1972) sind der Ansicht, daß die Forschungsergebnisse von W. Masters und V. Johnson unsere eigenen durchaus bestätigt haben. Tatsächlich ist ja auch die 1970 von Masters und Johnson entwickelte Behandlungsmethode der 1947 von uns publizierten und soeben skizzierten Behandlungstechnik in vielen Punkten sehr ähnlich. Im folgenden sollen aber unsere Ausführungen wieder einmal kasuistisch belegt werden.

      Godfryd Kaczanowski („Logotherapy: A New Psychotherapeutic Tool“, Psychosomatics 8, 158, 1967) berichtet über ein Ehepaar, das ihn konsultierte.

      Sie waren erst seit wenigen Monaten verheiratet. Der Mann erwies sich nun als impotent und war schwerst deprimiert. Sie hatten aus Liebe geheiratet, und der Mann war so glücklich, daß er nur ein Ziel kannte, und das war, auch seine Frau so glücklich wie nur möglich zu machen, und zwar auch sexuell, indem er ihr also einen möglichst intensiven Orgasmus ermöglichte. Nach wenigen Sitzungen war er aber von Kaczanowski an die Einsicht herangeführt worden, daß gerade diese Hyperintention des Orgasmus der Partnerin seine eigene Potenz verunmöglichen mußte. Auch sah er ein, daß er dann, wenn er seiner Frau „sich selbst“ gäbe, ihr mehr geben würde, als den Orgasmus, zumal sich der letztere ohnehin automatisch einstellen würde, wenn er es nicht mehr auf ihn abgesehen hätte. Nach den Regeln der Logotherapie verordnete Kaczanowski bis auf weiteres ein Koitusverbot, was den Patienten sichtlich von seiner Erwartungsangst entlastete. Wie erwartet kam es dann wenige Wochen später dazu, daß der Patient das Koitusverbot ignorierte, seine Frau sträubte sich eine Weile dagegen, gab aber dann ebenfalls auf, und seither ist das Sexualleben der beiden hundertprozentig normalisiert.

      Analog ein Fall von Darrell Burnett, in dem es sich nicht um Impotenz, sondern um Frigidität handelte:

      „A woman suffering from frigidity kept observing what was going on in her body during intercourse, trying to do everything according to the manuals. She was told to switch her attention to her husband. A week later she experienced an orgasm.“

      Wie beim Patienten von Kaczanowski die Hyperintention durch die paradoxe Intention, nämlich durch das Koitusverbot, behoben wurde, so wurde bei der Patientin von Burnett die Hyperreflexion durch die Dereflexion beseitigt, was aber nur geschehen konnte, wenn die Patientin zur Selbst-Transzendenz zurückfand.

      Ähnlich verlief folgender Fall, den ich meiner eigenen Kasuistik entnehme.

      Die Patientin wandte sich wegen ihrer Frigidität an mich. In der Kindheit war sie vom eigenen Vater geschlechtlich mißbraucht worden. „Dies muß sich rächen“, so lautete die Überzeugung der Patientin. Im Banne dieser Erwartungsangst aber war sie, wann immer es zu einem intimen Beisammensein mit ihrem Partner kam, „auf der Lauer“; denn sie wollte sich endlich einmal in ihrer Weiblichkeit bewähren und bestätigen. Eben damit war jedoch ihre Aufmerksamkeit aufgeteilt zwischen dem Partner und ihr selbst. All dies mußte aber auch schon den Orgasmus vereiteln; denn in dem Maße, in dem man auf den Sexualakt achtgibt, in ebendemselben Maße ist man auch schon unfähig, sich hinzugeben. – Ich redete ihr ein, ich hätte im Augenblick keine Zeit, die Behandlung zu übernehmen, und bestellte sie in 2 Monaten wieder. Bis dahin aber möge sie sich nicht weiter um ihre Fähigkeit beziehungsweise Unfähigkeit zum Orgasmus kümmern – die würde dann im Rahmen der Behandlung ausgiebig zur Sprache kommen – , sondern nur um so mehr während des Geschlechtsverkehrs ihre Aufmerksamkeit dem Partner zuwenden. Und der weitere Verlauf gab mir recht. Was ich erwartet hatte, trat ein. Die Patientin kam nicht erst nach 2 Monaten wieder, sondern bereits nach 2 Tagen – geheilt. Die bloße Ablösung der Aufmerksamkeit von sich selbst, von ihrer eigenen Fähigkeit beziehungsweise Unfähigkeit zum Orgasmus – kurz: eine Dereflexion – und die nur um so unbefangenere Hingabe an den Partner hatten genügt, um erstmalig den Orgasmus herbeizuführen.

      Mitunter kann unser „Trick“ nur ausgespielt werden, wenn weder der eine noch der andere Partner eingeweiht ist. Wie erfinderisch man in einer solchen Situation sein muß, erhellt ein folgender Bericht, den ich Myron J. Horn – einem ehemaligen Studenten von mir – verdanke:

      „Ein junges Paar suchte mich wegen der Impotenz des Mannes auf. Seine Frau hatte ihm wiederholt gesagt, daß er ein miserabler Liebhaber (,a lousy lover‘) sei und sie nunmehr gedenke, sich mit anderen Männern einzulassen, um endlich einmal wirklich befriedigt zu werden. Ich forderte die beiden nun auf, eine Woche hindurch jeden Abend mindestens eine Stunde lang nackt miteinander im Bett zu verbringen und zu tun, was ihnen behagt, das Einzige, das aber unter keinen Umständen zulässig ist, sei der Koitus. Eine Woche später sah ich sie wieder. Sie hätten versucht, meinten sie, meine Anweisungen zu befolgen, aber ,leider‘ sei es dreimal zum Koitus gekommen. Ich gab mich erzürnt und bestand darauf, daß sie sich wenigstens in der kommenden Woche an meine Instruktionen halten. Es vergingen nur wenige Tage, und sie riefen mich an, um abermals zu berichten, daß sie außerstande gewesen waren, mir zu folgen, vielmehr war es jetzt sogar mehrmals täglich zum Koitus gekommen. Ein Jahr später erfuhr ich dann, daß es bei diesem Erfolg auch geblieben war.“

      Es ist aber auch möglich, daß wir nicht den Patienten, sondern seine Partnerin in unseren „Trick“ einweihen müssen. So geschah es im folgenden Falle.

      Die Teilnehmerin an einem Logotherapie-Seminar, das Joseph B. Fabry an der Universität von Berkeley hielt, wandte unsere Technik unter seiner Führung auf ihren eigenen Partner an, der von Beruf Psychologe war und als solcher eine Sexualberatungsstelle leitete. (Ausgebildet worden war er von Masters und Johnson.) Dieser Sexualberater erwies sich nun selber und seinerseits als potenzgestört. „Using a Frankl technique“, – so wird uns berichtet – „we decided that Susan should tell her friend that she was under doctor’s care who had given her some medication and told her not to have intercourse for a month. They were allowed to be physically close and do everything up to actual intercourse. Next week Susan reported that it had worked.“ Dann gab’s aber einen Rückfall. Fabrys Studentin Susan war aber erfinderisch genug, um diesmal allein mit der Potenzstörung ihres Partners fertig zu werden: „Since she could not have repeated the story about doctor’s orders she had told her friend that she had had seldom, if ever, reached orgasm and asked him not to have intercourse that night but to help her with her problem of orgasm.“ Sie übernahm also die Rolle einer Patientin, um ihrem Partner die Rolle des praktizierenden Sexualberaters aufzudrängen und ihn so in die Selbst-Transzendenz zu lotsen. Damit wurde aber auch schon die Dereflexion herbeigeführt und СКАЧАТЬ