Hungern für die Liebe. Cassandra Light
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Название: Hungern für die Liebe

Автор: Cassandra Light

Издательство: Автор

Жанр: Здоровье

Серия:

isbn: 9783969405451

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СКАЧАТЬ mich am Leben halten. Ich jedoch wollte das Leben nicht und empfand Wut, Zweifel und Abwehr gegen alles und jeden, der sich mir bei meiner Zielerreichung, aus dem Leben zu gehen und in Frieden zu sein, in den Weg stellte.

      Die ersten Gedanken in diese Richtung hatte ich bereits mit neun Jahren. Wer möchte schon einen unendlichen und letztendlich erfolglosen Kampf um die Liebe führen?!

      Also begann ich einen Kampf gegen mich selbst. Dafür brauchte ich niemanden, diesen Kampf konnte ich mit mir selbst ausmachen. Ich führte ihn ganz allein. Es lag in meiner Hand, wie der Kampf lief, und niemand konnte den Erfolg oder die Mühe, die ich investierte, ablehnen. Niemand konnte mich ablehnen, denn ich brauchte keinen Menschen mehr und lehnte jeden ab. In diesem Kampf war ich von niemandem außer von mir selbst abhängig. Auf keinen Fall wollte ich mehr jemanden oder eine bestimmte Reaktion brauchen und auf Liebe, Beachtung, Anerkennung oder Lob warten müssen.

      Ich war unabhängig.

      Scheinbar.

      Ob Lob, Anerkennung, Tadel, Verurteilung, Leben oder Tod – all dies lag in meiner Hand. Es war nicht nur eine Entscheidung, sondern meine Entscheidung.

      Irgendwann drang der Wunsch, nicht mehr auf dieser Welt sein zu wollen, nach außen und wurde sichtbar. Einerseits war das gut für mich, denn ich war dem Tod tatsächlich nah. Andererseits wurde es sehr schwierig, meinen Kampf ohne das Außen, ohne Eltern oder Lehrer weiterzuführen. Ich wurde immer verzweifelter, weil ich die Reaktion meiner Mitmenschen ignorierte und sie nicht mehr verstand.

       Freitag, der 29.09.2000

       Hallo liebes Tagebuch!

       Zum Glück ist heute Freitag. Wir haben dieses Wochenende ein verlängertes Wochenende. Montag und Dienstag wird frei sein.

       Ach, liebes Tagebuch, ich habe im Moment nur Sorgen. Am Mittwoch hat mich meine Klassenlehrerin in der Deutschstunde gefragt, wie tief mein Problem denn ist und ob ich breche. Sie hat mit meiner Mutter auf der Elternversammlung gesprochen und so weiter und so fort.

       Na, jedenfalls glauben alle, ich bin krank.

       Und ich, ich bin am Ende. Ich bekomme von allen Seiten Druck. Es heißt nur:

       Esse! Esse!

       Okay, am Mittwoch habe ich es eingesehen, aber jetzt sehe ich das schon wieder nicht. Ich bin nicht krank!

       Ich will mir ja Mühe geben, aber irgendwie bekomme ich, wenn ich essen muss, immer schlechte Laune. Und auch so bekomme ich schnell schlechte Laune.

       Das geht mir alles so auf den Keks. Ich weiß nicht, was das ist, aber eine Essstörung habe ich nun wirklich noch nicht. Mutti setzt mich so unter Druck. Da kann man auch schlechte Laune bekommen.

       Ich glaube, die sollten mich einfach in Ruhe lassen, vielleicht wird es dann besser. Ich fühle mich auch so beobachtet und alle fragen so viel und schreiben mir alles vor. Zum Beispiel, was ich essen soll – dass ich keine Margarine nehmen darf, sondern Butter nehmen muss.

       Ich wünschte, es wäre alles nicht so schwer. Ich will nicht immer schlecht gelaunt sein und ich will nicht so bedrängt werden. Das nervt total. Ich hoffe, ich bekomme das in den Griff mit der Laune. Ich hoffe auch, nachher beim Einkaufen nicht wütend zu werden. Das kenne ich gar nicht von mir, aber wenn es um Essen geht, dann passiert das so.

       Dienstag, der 10.10.2000

       Ich habe nicht viel Zeit, jetzt einzuschreiben. Ich muss noch duschen, Abendbrot essen und dann wieder pauken. Physik, Chemie und Musik zu morgen.

       Wir hatten heute Sportfest. Es war eiskalt. Ich habe gedacht, ich sterbe. Alles tat mir weh vor Kälte, und dann mussten wir noch kurze Sachen anziehen. Ich bin froh, dass das jetzt vorbei ist.

       Um 17.00 Uhr bin ich vom Konfirmationsunterricht gekommen.

       Kaum bin ich hier, habe ich wieder Ärger mit Mutti gehabt – wegen Essen. Sie war nahe daran, mir eine zu knallen. Ich schätze, die Woche und nachher das Abendbrot wird die Hölle werden. Die ganze Woche nur Arbeiten in der Schule und Ärger mit Mutti und Vati wegen Essen.

       Liebes Tagebuch, wünsche mir Glück!

       Mittwoch, der 18.10.2000

       Ich habe heute einen anstrengenden Tag gehabt. Auch so war die ganze Woche bis jetzt sehr anstrengend und es ist noch kein Ende zu sehen.

       Heute haben wir Physik und Chemie wiederbekommen. In Physik habe ich eine 2 und in Chemie eine 1. Wir haben in dieser Woche bis jetzt nur Arbeiten geschrieben. Ich weiß schon gar nicht mehr, welche ich zurückbekommen werde. Außerdem kann ich langsam nicht mehr.

       Dienstag haben wir Chemie und Russisch geschrieben, wobei wir Freitag erst die letzten Arbeiten bekommen haben. Da waren ja nur das Wochenende und der Montag zwischen. Weil nur ein Tag dazwischen lag, war ich gar nicht darauf gefasst, wieder eine Arbeit zu schreiben. In Russisch habe ich leider nicht alles gewusst. Morgen bekomme ich die Arbeit in Russisch wieder und in Englisch und Mathe schreiben wir.

       Wenn ich Zeit habe, schreibe ich wieder mehr ein.

       Mein Wochenende ist aber auch komplett voll.

       Nächste Woche stehen schon drei Arbeiten fest: Montag Russisch Klassenarbeit, Dienstag Biologie und Freitag Englisch Klassenarbeit.

       So, ich mache jetzt Schluss. Ich brauche eine Pause. Dann geht es weiter. Anschließend dann wieder Stress mit Mutti und Vati wegen Abendbrot essen, dann wieder lernen und dann ins Bett.

       Irgendwer da draußen: Wünscht mir einfach nur Glück, dann bin ich beruhigter.

      Ich bat irgendjemanden, wahrscheinlich Gott, mir Glück zu wünschen.

      Glück – doch was hieß denn Glück in dem Moment?

      Das Glück war, den Ärger zu umgehen, Ruhe zu haben und gleichzeitig nicht essen zu müssen. Ohne Essen davonzukommen.

       Am liebsten würde ich nie hier gewesen sein und nicht leben.

       Na ja, leider nicht zu ändern.

      Der Wunsch, von dieser Welt gehen zu wollen, wurde von Tag zu Tag stärker. Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich jeden Tag mehr spürte, wie schwach ich körperlich wurde. Das Herz schlug langsamer.

      Dieser schleppende Herzschlag war spürbar. Es fühlte sich anstrengend an. Anstrengung, die das Herz aufbringen musste, um zu schlagen. Das Herz hatte im wahrsten Sinne des Wortes zu kämpfen.

      Das Herz wurde langsamer und langsamer. Es ging in Richtung Stillstand. Mit der schrittweisen Verabschiedung des Herzens wuchs mein Wille, nicht mehr zu leben, von Tag zu Tag mehr. Der Wille, das, was am Leben hält, zu verweigern. Nahrung. Wuchs.

       Donnerstag, der 19.10.2000

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