Fettie macht 'ne Arschbombe. Martin Arz
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Название: Fettie macht 'ne Arschbombe

Автор: Martin Arz

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия:

isbn: 9783940839787

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Ich brauche was zu trinken«, beschließt Clara. »Will noch jemand was?«

      »Wie? Woher willst du denn jetzt was anderes herbekommen?«, frage ich verwundert.

      »Na, ich geh schnell wieder runter und kauf was Neues«, antwortet sie mit einer Seelenruhe, als sei es auch nur ansatzweise realistisch, in einer Viertelstunde die Tempelsteiltreppe plus senkrechte Geröllwand lebend runter- und vor allem wieder raufzukommen. Noch dazu in offenen Pumps.

      »Soll ich dir ’ne Cola mitbringen?«, fragt sie, dann stöckelt sie auch schon los, und ihr Freund Thomas wird wieder kreidebleich, murmelt Verzweifeltes. Noch während wir ihm tröstend die Schulter tätscheln und gut gemeinte Phrasen wie »Wir helfen dir schon mit dem Papierkram, den so eine Leichenüberführung mit sich bringt« von uns geben, tanzt eine Coladose vor meiner Nase.

      »Hier, ist noch gut kalt.« Die Gute benötigte nicht einmal zehn Minuten für die Getränkeaktion, inklusive Dollarnotenverteilen an die Bettler. »Ach, manchmal brauche ich einfach ein bisschen Bewegung«, sagt sie und transpiriert nicht einmal.

      Die Sonne senkt sich beeindruckend über ebensolche Landschaft, schnell ein Foto geknipst, dann heißt es auch schon Aufbruch. Denn alle wollen noch bei Licht den Abstieg machen, und wir müssen ihn daher vor allen anderen schaffen. Wir gehören zu den Ersten, der staufreie Rückweg gelingt. Abgekämpft wie wir sind, hält Ry uns für willenlos genug und karrt uns wieder zu einem Souvenirsupermarkt. Da er wirklich eine Seele von Mensch ist, geradezu masochistisch alle Programmänderungen akzeptiert hat und immer noch ein überzeugend ehrliches Dauerlächeln aufgesetzt hat, spielen wir ausnahmsweise mit und heucheln Interesse. Die Schweizer kaufen eine Kleinigkeit, damit Ry seine Provision kassieren kann, doch dann schlagen sie gnadenlos zu.

      »Was sind denn das für Elefanten gewesen?«, fragt der Schweizer. »Afrikanische oder indische?« Eine ebenso überflüssige wie dumme Frage mitten in Südostasien.

      Ry versteht zunächst auch nicht, doch schließlich antwortet er: »Elefanten sinn kambodschanis. Unn warum?! Sinn aus Kambodschah.«

      »Ja, das schon«, vertieft der Schweizer sinnloserweise die Diskussion. »Mir ist klar, dass die hier leben. Aber sind es nun von der Rasse her afrikanische oder indische?«

      »Kambodschanise«, beharrt Ry mit verzweifeltem Lächeln.

      »Es gibt keine kambodschanischen Elefanten!«, doziert der Schweizer rechthaberisch und deutlich angesäuert. Er führt die verschiedenen Merkmale der beiden Elefantenrassen an. Als Ry dann zugibt, dass die kambodschanischen Elefanten auch kleine Ohren haben, gibt der Schweizer ein zufriedenes »Aha, also doch indische!« von sich.

      »Nein, nich indis!« Ry verzweifelt langsam angesichts eidgenössischer Ignoranz. »Kambodschanis!«

      Aus lauter schlechtem Gewissen, weil wir in der Elefantendiskussion nicht viel eher zugunsten von Ry eingeschritten sind, folgen wir am Abend dann doch Rys Restaurantempfehlung, was wir schneller bereuen, als uns lieb ist. Der wittert Morgenluft und unternimmt einen erneuten Anlauf, uns am nächsten Morgen den bislang verschmähten Programmpunkt »Sonnenaufgang um 5 Uhr früh« unterzujubeln. Vergebens. Wir ziehen »Ausschlafen bis 8 Uhr« vor, um für das angeblich unbedingt sehenswerte schwimmende Dorf auf dem Tonle Sap See fit zu sein.

      Ach, was waren wir naiv! Carsten hatte noch am Vorabend beschlossen, auf den Bootstrip zu verzichten, weil er lieber den Alten Markt in Siem Reap erkunden wollte. Dummerweise überredete ich ihn, doch mitzukommen. Malte romantische See-Idyllen mit glücklichen Fischern in bunten Booten aus, bis Carsten ganz heiß auf Bötchenfahren war. Immerhin können wir schon bei der Abfahrt Ry dahingehend weichklopfen, dass wir auf dem See nur die Schnelltour machen, und dann endlich außerplanmäßig den Markt in Siem Reap besuchen, bevor es mittags zum Flieger nach Bangkok geht.

      Doch weshalb der See Eingang in die Programmplanung von Reiseveranstaltern gefunden hat, wird eines der großen Rätsel der Menschheit bleiben. Es kann nur daran liegen, dass es eine Internationale Verschwörung Supersadistischer Reiseroutenplaner (IVSR) gibt. Die haben böse kichernd in ihren Kämmerlein beschlossen, dass man jedem Kambodscha-Touri gehörig den Rest geben muss, indem man Tonle Sap als Attraktion anpreist. Flugs haben sie noch den Verband Lügender Reisebuchautoren (VLR) auf ihre Seite gezogen. Eine andere Erklärung kann es nicht geben. Über eine Buckelpiste nähert man sich dem Gewässer. Der Bus schlingert wie ein Schiff in Seenot auf der unbefestigten Straße, die sich beim näheren Hinsehen als festgebackene Müllkippe entpuppt. Links und rechts ziehen verwahrloste Hundehütten vorbei. Nur dass darin keine Hunde, sondern Menschen hausen. Selbst die kleinen Geisterhäuschen, die wie überall in Südostasien vor den Häusern stehen, sind hier aus alten Blechdosen selbst gebastelt. Wir werden durch den slumigsten Slum, den man sich vorstellen kann, gefahren.

      Als Fernsehjunkie glaubt man, alles schon mal gesehen zu haben. Man kennt das Leben. Elendsviertel in Südamerika schocken natürlich, doch was da am Busfenster vorbeizieht, hat selbst ein Fernsehjunkie wie ich noch nie gesehen. Erbärmlichere Armut ist kaum vorstellbar. Ein kleines Mädchen im schmuddeligen blauen Kleid rennt fast die ganze Zeit neben dem Bus her, winkt verzweifelt und hebt ständig ihren rechten Zeigefinger. Ihr Zeichen für »one dollah«.

      Mitten im tiefsten Slum hält der Bus. Ein brackiges schwarzes Gewässer dümpelt neben der völlig zugemüllten Straße. Wir steigen geschockt aus und wollen sofort zurück in den Bus. Die Luft, die uns empfängt, ist zum Schneiden dick. Es stinkt nach Müllkippe, gemixt mit Kläranlage und Fischfabrik. Auf der Kloake schwimmen zwischen kleinen braunen Klumpen auch bunte Ausflugsboote. Der Weg dorthin gestaltet sich schwierig, weil wir nicht wissen, ob wir da überhaupt hinwollen.

      Clara herrscht ihren Freund an: »Gib mir gefälligst alle Dollar, die du noch hast!«, und betätigt sich wieder als Geldverteilstation. Ein Fass ohne Boden.

      Der Horror steht allen ins Gesicht geschrieben, als unser Ausflugsboot ablegt. Einzig Ry strahlt wie immer fröhlich vor sich hin. Nur wenn er sich unbeobachtet fühlt, hält er sich die Hand vor die Nase. Wir gleiten durch das Brack an heruntergekommenen Hausbooten vorbei. Erst als der Fluss etwas breiter wird, sehen die Boote einen winzigen Hauch gepflegter aus. Ein paar sind sogar bunt bemalt. Doch der Eindruck bleibt, dass wir hier die Perversion von Tourismus erleben. Derartige Armut zu fotografieren, verbietet sich von selbst. Bisher habe ich es nie getan, doch diesmal knipse ich drei oder vier Fotos zur Dokumentation, bis mich Carsten erzürnt anschnauzt: »Hör sofort auf! Hier zu fotografieren ist ja wohl das Allerallerletzte!«

      Die Hausbootbewohner verrichten ihre alltäglichen Arbeiten, waschen Wäsche und Geschirr in der Kloake oder trocknen Fisch auf großen Plattformen am Ufer. Wenn wir diese Plattformen passieren, löst selbst Luftanhalten Brechreiz aus. Diejenigen unter uns, die am Vorabend der grottigen Essensempfehlung von Ry gefolgt waren, leiden besonders. Bei einer der Spezialitäten khmerscher Küche handelte es sich nämlich um Mangosalat mit getrocknetem Fisch. Eine Kombination, die man beim besten Willen nur mit viel Angkor-Bier herunterwürgen konnte. Nun riecht es so, wie es gestern schmeckte.

      Endlich erreichen wir den Tonle Sap See. Die Luft wird frischer, die paar Boote am Ufer sehen relativ gepflegt aus. Es ist auch die Anlegestelle für die Schnellboote von und nach Phnom Penh. Ry hält uns Vorträge über irgendwelche Seeschlachten, die hier stattgefunden haben. Wir hören kaum zu. Erst Wochen später erfahre ich, dass die Attraktion des Tonle Sap Sees angeblich vom Aussterben bedrohte Süßwasserdelfine sind (vom Aussterben bedroht, weil der Kambodschaner gerne mit Dynamit fischt). Wir sehen jedenfalls keine. Das Boot fährt langsam zurück, auf eines der großen, bunt bemalten Hausboote zu, auf denen »Fishing Center« steht. Wir sehen Souvenirramsch blinken und verweigern Ry die Gefolgschaft. Verstört weist er unseren Bootsführer an, zurückzufahren. Auf halber Strecke, mitten im erschütterndsten Kloakensumpf, schlägt Ry dann vor, doch schon СКАЧАТЬ