Nebeleck. Elisabeth Nesselrode
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Название: Nebeleck

Автор: Elisabeth Nesselrode

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Oberpfalz Krimi

isbn: 9783960417958

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СКАЧАТЬ angefordert hatte, und machte sich auf den Weg in das kleine Besprechungszimmer, das bereits voll besetzt war. Neben Yusuf Kaya und Franka Brandl erkannte sie noch den jüngeren Polizisten, der die Aussage von Tamara Huber aufgenommen hatte. Die anderen waren ihr unbekannt.

      Wie immer zu Beginn einer neuen Ermittlung war sie auch dieses Mal von einem unnachgiebigen Tatendrang ergriffen. Doch irgendetwas anderes trieb sie zusätzlich an, als würde etwas in ihrem Unterbewusstsein sie permanent ermahnen, dieses Mal alles richtig zu machen, den Überblick nicht zu verlieren, die Oberhand zu behalten.

      Nachdem sie sich vorgestellt hatte, begann sie: »Ich weiß, das ist eine außergewöhnliche Situation, aber eine solch brutale Tat verlangt, dass wir jetzt alle unser Möglichstes tun. Das bedeutet Überstunden und überdurchschnittliches Engagement –«

      »Die Kollegen hier wissen sehr genau, wie überdurchschnittliches Engagement aussieht«, unterbrach Kaya sie. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sein Schnurrbart bewegte sich hin und her, was ein Indiz für Verärgerung zu sein schien.

      »Es ist wichtig«, fuhr Ulrike fort, ohne sich die Anspannung anmerken zu lassen, »dass wir jetzt schnell sind, keine Zeit verlieren. Mit Unterstützung aus Regensburg ist vorerst nicht zu rechnen, daher müssen wir unsere Ressourcen jetzt möglichst sinnvoll einsetzen.« Sie taxierte den Raum, begegnete den stummen Blicken der vor ihr sitzenden Beamten. »Wir brauchen alle nur denkbaren Informationen zu Leonard Berger, seiner Familie und seinem Umfeld. Ich möchte, dass sich jemand in Schwanghaus umhört und nach Berger erkundigt, nach allem, was den Leuten in den letzten Tagen seltsam vorgekommen ist, Ungereimtheiten, neue Gesichter. Egal wie insignifikant. Wir brauchen –«

      »Wir sind hier durchaus geschult, was Polizeiarbeit angeht, Frau Kork.«

      Ulrike warf Kaya einen langen Blick zu. »Haben Sie einen Augenblick?«

      Ein Murmeln ging durch den Raum. Kaya stand langsam auf und schritt mit einer Selbstgefälligkeit auf die Tür zu, dass es Ulrike vor Wut fast die Kehle zuschnürte.

      »Ich weiß nicht, was dieses Kompetenzgerangel soll, aber ich muss Ihnen wohl nicht sagen, dass es in höchstem Maße unprofessionell ist«, zischte sie, nachdem Kaya die Tür hinter sich geschlossen hatte.

      Er erwiderte ihren Blick seelenruhig. »Wir haben hier auf der Dienststelle schon Leichen gesehen und in Mordfällen ermittelt, das ist kein Neuland für uns. Unsere Zusammenarbeit mit der Kripo Regensburg ist immer gut verlaufen, Herr Wimmer hat nie –«

      »Herr Wimmer ist nicht hier.«

      »Mir ist bloß wichtig, dass Sie verstehen, dass Sie es nicht mit irgendwelchen Dorfpolizisten zu tun haben, die alle sechs Jahre mal eine Ehefrau aus einem Silo fischen und den Rest der Zeit Knöllchen an Falschparker verteilen oder im Wirtshaus Leberkas verdrücken.«

      Ulrike warf einen Blick durch die Scheibe auf die Kollegen im Besprechungszimmer. »Ich hoffe nur, dass Sie sich nicht deswegen so aufgeführt haben, weil mal eine Frau das Sagen hat.«

      »Ach, kommen Sie, was hat das damit zu tun? Die da drin hatten genauso Probleme mit einem Türken, der das Sagen hat.« Kaya zuckte mit den Schultern. »War’s das?«

      Ihre Reaktion war zögerlich, also öffnete er die Tür und ging auf seinen Platz zurück. Ulrike blieb noch für einen Augenblick im Flur stehen, atmete tief durch, dann schloss sie die Tür wieder hinter sich und fuhr mit der ersten Bestandsaufnahme fort.

      Es war bereits alles zusammengetragen worden, was die Datenbanken und das Internet über das Mordopfer hergaben. Berger war 1963 in Wackersdorf geboren, hatte in Regensburg studiert, dann als Biologielehrer an einem staatlichen Gymnasium gearbeitet. Er hatte 1990 geheiratet, seine Frau Ingrid Berger war vor fünf Jahren nach einer langen Brustkrebserkrankung gestorben. Der gemeinsame Sohn Anton war siebenundzwanzig und lebte in München. Vor einem Jahr war Berger in Frührente gegangen und hatte sich mit dem Hofkauf in die komplette Einsamkeit zurückgezogen. Mehr gab es bislang nicht. Zu guter Letzt ließ Ulrike noch ein aktuelles Foto des Verstorbenen an die Wand werfen. Ein Passfoto, vor drei Jahren geschossen.

      Die Person, die ihr nun entgegenblickte, hatte gar nichts mit der gemein, deren Leiche am Morgen gefunden worden war. Statt eines aschfahlen, blutverschmierten Gesichts schaute sie einen Mann an, mit dem das Alter nicht besser hätte umgehen können. Graubraunes mittellanges Haar, ein Dreitagebart, freundliche braune Augen, ein angenehmes Lächeln umspielte die Mundwinkel. Leonard Berger war äußerst attraktiv gewesen. Unwillkürlich fühlte sie sich an Lutz erinnert, ihren ersten Ehemann, der eine ähnliche Unbefangenheit und Wärme ausgestrahlt hatte. Rasch schob sie den störenden Gedanken beiseite und löste den Blick von den dunklen Augen des Passbildes.

      »Haben wir schon was aus der Rechtsmedizin?«, fragte sie und trommelte unruhig mit den Fingern auf den Tisch.

      »Noch nicht viel«, antwortete Kaya. »Der Todeszeitpunkt liegt schätzungsweise zwei bis drei Tage zurück, sicher kann man das noch nicht sagen. Berger ist verblutet, ein Messerstich in die Aorta unterhalb der linken Herzkammer hat ziemlich schnell zum Tod geführt.«

      »Gab es schon Kontakt zu den Angehörigen? Frau Brandl?«

      Franka Brandl schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht. Ich hab dem Sohn auf die Mailbox gesprochen, aber bisher kam noch kein Rückruf.« Sie zögerte. »Da ist aber noch was anderes … Meine Cousine hat heut früh angerufen, sie hat nach Schwanghaus geheiratet und mitbekommen, was los ist. Sie hat mir erzählt, dass da so Gerüchte umgingen. Vielleicht war es aber auch nur dummes Geschwätz.«

      »Was für Gerüchte?«

      »Dass es einen Grund gab, warum der Herr Berger so plötzlich den Hof gekauft hat, warum er aus Regensburg abgehauen ist. Man sagt, dass da was an der Schule passiert ist. Mit einer Schülerin.«

      Ulrike blickte wieder auf das Foto von Leonard Berger. Nun meinte sie noch mehr hinter den freundlichen Gesichtszügen erkennen zu können, als läge ein durchsichtiger Filter darauf. Sie seufzte. Du alter Hund, dachte sie. »Geben Sie mir die Adresse Ihrer Cousine. Ich rede mit ihr. Frau Brandl, Sie kommen mit.«

      ***

      Hallo du,

      wieder hab ich mich so gefreut, wie ich dich gesehen hab. Du bist einkaufen gewesen. Wie gut du wieder ausgeschaut hast. Mir ist das Herz fast stehen geblieben, deswegen war ich auch so schweigsam dann. Manchmal weiß man ja auch gar nicht, was man sagen soll, und man muss ja auch nicht immer was sagen. Ich schau dich einfach nur gern an. Ich denk oft, dass die Leute dann am schönsten sind, wenn sie meinen, dass sie allein sind, wenn sie gar nicht merken, dass jemand grad hinschaut.

      Geht’s dir nicht auch so? Ich denk an dich.

      X.

      3

      Es war später Nachmittag, als Franka Brandl und Ulrike über die kurvigen Landstraßen nach Schwanghaus fuhren. Die Sonne stand schon am Horizont, über den Feldern lag ein fast durchsichtiger, dunstiger Nebel. Ulrike beobachtete durch das Autofenster einen Turmfalken, der im Rüttelflug in der Luft verharrte und sich dann auf den Boden hinunterstürzen ließ. Ob die Jagd erfolgreich gewesen war, konnte sie nicht mehr erkennen.

      »Woher kommen Sie eigentlich?«, fragte Franka Brandl sie. »Man hört, dass Sie nicht von hier sind. Also, nicht aus Bayern.«

      »Recklinghausen, Ruhrgebiet«, antwortete Ulrike.

      »Und СКАЧАТЬ