Der mondhelle Pfad. Petra Wagner
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Название: Der mondhelle Pfad

Автор: Petra Wagner

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783867779579

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СКАЧАТЬ Feuer loderte blau auf. Afal stand daneben und breitete die Arme aus.

      Alle Leute, die noch munter waren, setzten sich in weitem Kreis um das Opferfeuer, die Frauen auf die Ostseite, die Männer auf die Westseite. Medan und seine Freunde brauchten am längsten, sich einzuordnen.

      König Gort wartete geduldig, bis alle zu ihm schauten, dann rutschte er von seinem Ziegenfell, ging im Gras auf die Knie und beugte demütig sein Haupt.

      Afal drückte ihm einen Kranz aus Mistelzweigen auf den Kopf und überreichte mit erhabener Miene einen Langbogen, der mit herrlichen Schnitzereien verziert war, einen Köcher aus derbem Rindsleder und einen Pfeil, der komplett vergoldet war, oder gar selbst aus Gold bestand. König Gort nahm alles entgegen, ohne aufzusehen und ließ sich von Afal mit einem Birkenzweig schlagen. Klatschend spritzte geweihtes Wasser über ihn hinweg, doch er ertrug jeden Schlag klaglos, obwohl Afal ziemlich derb mit ihm umging, bis er endlich zufrieden schien und mit dem Daumen das Zeichen der vier Himmelsrichtungen auf König Gorts Stirn machte. Nun neigte Afal seinen Kopf vor dem König, machte exakt drei Schritte rückwärts, und der Barde begann zu spielen.

      König Gort stellte ein Bein auf und erhob sich majestätisch. Den Bogen und den Köcher mit dem Pfeil hängte er sich quer über die Schulter, verneigte sich noch einmal vor Afal und ging gemessenen Schrittes um das Feuer herum auf Elektra zu, die gleich in der ersten Reihe saß.

      Anmutig kniete er nieder und nahm ihre Hand. Elektra neigte demütig das Haupt und verschränkte ihre Finger mit den seinen.

      Afal trat heran und streckte dabei einen Kranz aus Gänseblümchen und eine weiße Kuhhaut vor sich aus. Den Blumenkranz drückte er Elektra auf den Kopf, die Kuhhaut drapierte er mit ernstem Blick um ihre Schultern und verband die Enden mit einer vergoldeten Fibel in Form einer Kuh. Jede Bewegung, ja sogar die Mimik, schien vorgegeben, genau wie das Schlagen der Birkenruten, um auch Elektra zu weihen. Afals drei Schritte zurück mit geneigtem Kopf beendeten seinen Part.

      König Gort zog Elektra hoch und streckte ihre verschränkten Hände gen Himmel. Bei dieser Bewegung wallte die Kuhhaut weich fließend bis zu Elektras Füßen herab und als sie nebeneinander einher schritten, sah es fast so aus, als würde sie schweben.

      Beim Opferfeuer angekommen, nahmen sie die Hände herunter und stellten sich Rücken an Rücken.

      Der Barde wartete, bis sie ruhig gerade aus schauten, dann legte er seine Leier zur Seite und nahm eine lange, kunstvoll geschnitzte Holzflöte. Darauf spielte er eine neue Melodie und die Leute klatschten im Takt die Hände zusammen, während König Gort und Elektra jeder einen Fuß vor sich setzten. Den zweiten Fuß schleiften sie auf den Zehen nach, blickten sich noch einmal über die Schulter hinweg an und schritten weiter vorwärts, immer Fuß für Fuß.

      Es dauerte keine fünf Schritte, da wurde die Melodie rhythmischer und je mehr sie sich von einander entfernten, desto entschlossener wurde ihr Gang. Dabei bewegten sich nicht nur ihre Hände und Füße, nein, ihre kompletten Körper vollführten seltsame Verrenkungen, König Gort schwang dazu noch Pfeil und Bogen.

      Loranthus hatte einige Mühe, jeden Fingerzeig und jeden Fußtritt zu verfolgen, denn er wollte keinen von beiden aus den Augen verlieren.

      Silvanus schmunzelte und flüsterte: „Es dauert nicht mehr lange, dann kommen sie sich wieder näher. Du musst wissen, Loranthus: Sie erzählen die Geschichte der Götter. Wie sie die Erde geschaffen haben, wie sie miteinander gekämpft haben, bis sich Dis erhob und alle in die Unterwelt verbannte, die gegen ihn rebellierten. Danach zeugte er unser Göttergeschlecht und herrschte als unser aller Vater, denn auch wir entstammen seinen Lenden, genau wie unser Sonnengott und unsere Mondgöttin. Siehst du, wie König Gort seinen Bogen hält? Wie er seinen Pfeil anlegt? Jede Geste, jeder Wink mit den Fingern, jedes Aufsetzen der Füße, ja sogar jeder Augenaufschlag hat seine Bedeutung. Wenn man die kennt, dann kann man jede Geschichte damit darstellen.“

      „Also eine Art Zeichensprache mit dem gesamten Körper.“

      „Genau.“

      Der Barde begann schneller zu spielen und die Leute schlugen die Hände kräftiger zusammen. König Gort hatte den Bogen wieder umgehängt und umkreiste Elektra hinter dem Feuer. Sie streckten sich die Hände entgegen, beugten sich zueinander und …

      Loranthus reckte seinen Hals, doch er konnte es nicht genau sehen, weil das Feuer lichterloh brannte. Drei mal kamen sie zusammen, dann trennten sie sich wieder und tänzelten in den für ihn sichtbaren Radius. Er lauerte schon auf den Augenblick, wenn sie sich das nächste Mal begegneten.

      Aha! Sie schritten wieder aufeinander zu, nein, sie schleiften die Füße, umkreisten sich, tänzelten und streckten sich mit eindeutig sehnsüchtiger Miene die Hände entgegen, bis sie sich erreichten. Bei Zeus und allen Göttern! Loranthus stöhnte auf. Der Unterkiefer klappte ihm herunter und seine Hände vergaßen zu klatschen.

      König Gort zog Elektra an sich und umarmte sie sehr eng und sehr lange. Zu lange! Und sie bewegten sich noch dazu, als würden sie … Diese verdammte Kuhhaut wallte um sie herum! Nein. Oh, nein! Elektra hatte den König darunter geschoben und raffte die Kuhhaut hinter ihm zusammen. Was flüsterte da der König in Elektras Ohr, das sie zum Lachen brachte? Und ihr Kopf neigte sich nach hinten, ihr Mund öffnete sich und ihr weißer Hals wölbte sich seinen Lippen entgegen?! Jetzt riss sie die Kuhhaut nach hinten, doch kaum standen sie frei, presste der König Elektra noch stärker an sich. Und wieder warf sie die Kuhhaut vor und wieder wanden sich ihre Leiber, diesmal noch wilder. Mit einem Ruck hob er sie hoch, ihre Füße waren nicht mehr zu sehen, sein Oberkörper beugte sich langsam immer weiter nach unten, schwenkte sie dabei in wallenden Bewegungen … sie schrie auf und er zog sie wieder hoch, die Kuhhaut flog diesmal nicht weg …

      Als sie sich nach der dritten Umarmung endlich trennten und die zweite Runde begann, sackte Loranthus in sich zusammen und glotzte der Kuhhaut hinterher, als würde er sie gerne in die Finger bekommen, um sie noch ein wenig zu gerben.

      Der König schien nun langsamer zu tanzen als Elektra. Seine Schritte wurden kürzer und er brauchte mehr Zeit, um ihr wieder zu begegnen. Loranthus gab ein heißeres Krächzen von sich, stemmte sich von seinen Fersen hoch, um sie besser sehen zu können und zerrte ein Büschel Gras hinterher.

      Diesmal umarmten sie sich nicht, sondern hielten sich nur an den Händen und umkreisten sich wieder. Beruhigt glitt Loranthus zurück und lächelte boshaft, als der König noch kürzere Schritte machte und das Gras in seinen Händen ziemlich zermatscht aussah.

      Beim dritten Zyklus konnte der König gerade noch eine Hand von Elektra erreichen. Die hob er in die Höhe, führte sie zu ihrem Platz zurück und verbeugte sich zum Abschied. Dann ging er gemessenen Schrittes auf Viviane zu.

      Afal stand schon neben ihr, mit einem neuen Blumenkranz und neuer weißer Kuhhaut.

      Viviane kniete demütig nieder und ließ sich mit Weihwasser bespritzen. So eine Kuhhaut hatte durchaus auch seine guten Seiten, stellte Loranthus der Fairness halber fest und schielte zu Silvanus.

      Der schaute Viviane verliebt hinterher und machte einen mächtig stolzen Eindruck.

      „Meine Viv“, seufzte er inbrünstig und griente, als hätte er ein Fass Met allein getrunken. „Sieht sie nicht wunderschön aus? Sie ist mit Abstand das schönste zweite Weib vom Sonnengott, was es bis jetzt zu den Sonnenfeiern gegeben hat.“

      Loranthus beäugte ihn misstrauisch von der Seite her und beeilte sich mit dem Nicken. Ehrlich anerkennend, ja, sogar fasziniert, betrachtete er Vivianes Bewegungen und versuchte sich an der Deutung. Ob wohl der Blumenkranz auch etwas zu sagen СКАЧАТЬ