VirOS 4.1. Alexander Drews
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Название: VirOS 4.1

Автор: Alexander Drews

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783957770967

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СКАЧАТЬ Er konnte es kaum erwarten, morgen an der Tankstelle vorbeizufahren, um zu gucken, was wohl passiert sei. Burkhard erging es anscheinend ähnlich. Den ganzen Rückweg über jammerte er kein einziges Mal, keine noch so vorsichtige Bemerkung über die Kälte, die Dunkelheit, den Schlamm, den Regen oder seine Zehen kam über seine Lippen. Vermutlich erging es ihm ebenso: Die Euphorie auf das Kommende und der Stolz auf das Geleistete trugen ihn über den Schlammacker, als hätte er Hermes´ Sandalen an den Füßen.

      Auf der anderen Seite des Feldes stiegen sie in den Wagen und fuhren davon. Als sie in die Hauptstraße einbogen, kam nocheinmal die Tankstelle in Sicht. Eine blau und weiß leuchtende Insel in tiefer Nacht. Noch!

      »Na denn«, sagte er und bog nach rechts ab, um Burkhard nach Hause zu bringen.

      *

      Mit einem Seufzen ließ sich Soledad in den schweren Sessel fallen, der eigentlich völlig überdimensioniert für das kleine Wohnzimmer war. Aber er hatte schon hier gestanden, als sie die Zwei-Zimmer-Wohnung gemietet hatte, und da er so groß war, dass sie beide darin Platz hatten, hatte sie ihn einfach übernommen. Abgesehen davon wäre für eine neue, passendere Couch auch gar kein Geld dagewesen.

      Soledad griff nach der Fernbedienung, die auf dem kleinen Beistelltisch stand, und schaltete die Flimmerkiste ein. Kurz vor den Nachrichten. Naja, wieso nicht. Eigentlich ging es ihr sowieso nur um die Hintergrundgeräusche. Zu Hause war die caja tonta, die dumme Kiste, rund um die Uhr gelaufen und wurde behandelt wie ein seniler Onkel am Esstisch, der unentwegt wirres Zeug babbelte und dem man nur ab und an, dann aber lautstark widersprach.

      Kurz darauf kam Lisa in ihrem Nachthemdchen aus dem Bad. »Augi braucht ihren Gute-Nacht-Kuß«, sagte sie und hielt mit ausgestreckten Armen Soledad ihre Puppe hin.

      Lächelnd drückte Soledad der Puppe einen Kuß auf die flachsblonden Haare. Sie hatte nie verstanden, wieso Lisa das Spielzeug »Augi« getauft hatte - wer wusste schon, was in Kleinkindhirnen so vor sich ging. Oder überhaupt in Hirnen - es gab auch genügend Erwachsene, bei denen man sich fragen musste, was die sich bei ihren Handlungen eigentlich dachten.

      Sie strich Augi über die blonden Haare und ihrer eigenen Tochter über deren pechschwarze - zweifelsfrei hatte Lisa die Haarfarbe ihrer Mutter geerbt, auch wenn ihre Schwiegereltern das natürlich anders sahen und seit der Geburt andeuteten, dass Lisa möglicherweise ja gar nicht von Leon abstammte: Wie sollte es sonst sein, dass ihr Enkelkind nicht das typische Schwitterstörffische Blond aufwies?

      »Gut!«. Lisa war zufrieden. »Dann bringe ich Augi jetzt ins Bett.«

      »Hat sie denn auch schon ihre Zähne geputzt?«, erkundigte Soledad sich.

      »Mama! Augi ist doch eine Puppe. Die hat keine Zähne«, erklärte Lisa in einem Tonfall, den nur kleine Kinder zustandebringen und auch nur dann, wenn sie ihren zurückgebliebenen Eltern etwas völlig Sonnenklares erklären müssen.

      Soledad sah ihr nach, wie sie über den kurzen Flur tappte und im Nebenzimmer verschwand. Dies war das allabendliche Ritual - bevor Soledad ihre Tochter ins Bett brachte, musste diese erst einmal Augi ins Bett bringen.

      Danach kuschelte sie sich noch für die Dauer der Nachrichten zu Soledad in den Sessel, weil Erwachsene das ja so machten, noch fernsehen, wenn die Kinder schon im Bett lagen, und die Tagesschau war die erwachsenste Serie, die Lisa kannte. Wobei sie erwachsen mit langweilig gleichsetzte.

      Lisa kam zurück, enterte den Sessel und schaute gebannt auf den Schirm, wo sich gerade das NDR-Logo aufbaute.

      »Du hast mir noch gar nicht erzählt, wie es heute im Kindergarten war.«

      »Ganz gut«. Lisa nahm den Blick nicht vorm Fernseher und tat so, als ob sie Dinge wie die Krise in Griechenland oder Serbien oder überhaupt irgendwelche Krisen interessierten. »Das ist deutsch«, stellte sie schließlich fest.

      »Soll ich umschalten?«

      Lisa nickte. »Ich will Mamasprache!«

      Soledad musste grinsen. Das war auch so ein Knackpunkt gewesen. Als sie versucht hatte, Lisa zweisprachig zu erziehen, oh, was hatte es da einen Krawall gegeben. Dann würde sie ja zwei Sprachen halb und keine ganz sprechen. Also hatte sie es um des lieben Friedens willen aufgegeben. Witzigerweise begann sich Lisa, als es ihr verboten worden war, erst recht, für Spanisch zu interessieren, und als sie hierher zogen, war es das erste, eine Satellitenschüssel zu installieren. Eigentlich hatte Soledad sich damit nur ein wenig Heimat nach Deutschland holen wollen, dann aber stellte sich heraus, dass Lisa viel lieber das spanische Fernsehen anschaute als das deutsche.

      Die Nachrichten waren eh nicht interessant. Weiterbau der A26 gefährdet, na und, da fuhr sie sowieso nie lang, und zehn Touristen hatten den gestrigen Nachmittag im Aufzug der Nikolai-Kirche verbringen müssen, weil aus unerklärlichen Gründen die Steuerung des Lifts ausgefallen war. Die Fachleute rätselten noch, wie das passieren konnte, die Touristen waren entsprechen angepisst - eine Frau im wahrsten Sinne des Wortes, denn es hatte im Fahrstuhl ja keine Toilette gegeben - und das Wetter würde so bleiben wie bisher. Kalt. Nass. Windig. Zeit für ein paar sonnige Gedanken. Also schaltete sie um auf Canal Sur, wo gerade ein alter spanischer Spielfilm lief, der Besetzung nach zu urteilen aus den 50er Jahren.

      »Mamasprache kingt viel schöner«, fand Lisa.

      Ja, das fand Soledad auch.

      »Warum wohnen wir nicht da?«

      »Liebes, weil ich dich da nicht mit hinnehmen könnte. Papa will das nicht.«

      Lisa verschränkte die Arme vor der Brust: »Papa ist doof.«

      »He«, Soledad streichelte Lisa am Kinn und drehte dann ihren Kopf zu sich. »Sowas darfst du nicht sagen. Er will nur das beste für dich.«

      »Er will nicht, dass ich rede wie du. Bei ihm muss ich immer deutsch reden. El idiota.«

      »Lisa, wirklich. Papa ist eben ... naja ...«, sie suchte nach dem richtigen Wort und fand aber keines. »Er ist eben anders ... aber er hat dich sehr lieb. Und er ist kein Idiot.«

      »En Español, por favor.«

      Das machte Lisa immer. Gerade wenn es um ihren Vater ging, wollte sie plötzlich nur noch spanisch sprechen. Vermutlich gerade weil er derjenige war, der es ihr verboten hatte.

      »Tu padre no es un idiota. El es ... el es ...«, Soledad schüttelte den Kopf. Selbst in ihrer Muttersprache fiel ihr kein Wort ein, das dazu taugen würde, Leon zu beschreiben. Jedenfalls keines, das sie in Gegenwart seines Kindes aussprechen würde.

      »Un imbécil«, schlug Lisa vor.

      »No, no digas esto.«

      »Un estúpido?«

      »Lisa Mercedes!« Die Nennung ihres Zweitnamens sollte Lisa klarmachen, dass es ernst wurde - das kleine Mädchen befürchtete jedes Mal, es könne sich herumsprechen, dass sie wie eine Automarke hieß. Etwas, woran Soledad bei der Namensfindung überhaupt nicht gedacht hatte, weil ihr der Name aus ihrer Heimat völlig geläufig gewesen war. Und Leon hatte den Namen vermutlich genau deshalb »cool« gefunden.

      Lisa schaute ihre Mutter aufmerksam an.

      »Sag mal, woher kennst du eigentlich diese ganzen Worte?«, fragte Soledad.

      »Von Joaquin.«

      »Ach, СКАЧАТЬ