Drei Erzählungen von Christiane Benedikte Naubert in einer Transkription von Sylvia Kolbe: "Die Warnerin. Eine Geschichte aus dem dreißigjährigen Kriege.", "Die weiße Frau" und "Herzog Christian von Eisenberg oder: das eisenberger Gespenst". Christiane Benedikte Naubert
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СКАЧАТЬ kamen aber nun andre Dinge, bei welchen einem die Liebessorgen wol vergingen. Glücklich oder auch unglücklich gnug war ich, einen Menschen beym Könige zu stürzen, welcher bisher meiner Gunst bey ihm fast die Wag gehalten. Es war der Quinti del Ponte.

      Ich sah solches sein Ansehn beym König ohn allen Neid, welches Gott mir zeuge; ging mir auch gar hart ein, seine Majestät die Augen zu öffnen: aber der Ponte verdächtig war gar böser Stück, welche sich all erwiesen; hatte ich denn selbst Verräther werden sollen an meinem Herrn, aus Furcht, böslich und selbstisch gehalten zu werden, als der allein regieren wolt in des Königs Herzen? Nein, das sey ferne! ich habe offen geredet bis daß der Verräther vertrieben ward, zog mich aber alsdann zurück bestermaßen, so daß auch einst der König sagte: Fritz, wirst ja kein Ponte werden? woraus ich geantwortet: Daß ich solches nie werden kann, weiß Eure Majestät gar wohl, mag aber nicht scheinen, als der sich in des Ponte Erbschaft theilen wollt! woraus der, König gar freundlich lachte, sagend: Langer, mit uns bleibts beym alten!

      Wir rückten aber gar mächtig vor in Eroberung der pommerschen Städte, und als gegen den Winter der Conti meynte, wir solten nun hinter den Ofen kriechen und unser wohl pflegen, maßen die Kälte den heißen Italianern scharf die Haut zusammenzog: da ließ ihm der König sagen durch mich: die Schweden wären Eisvögel, so im Winter ihren Raub am besten fänden, seyen auch Rastens nimmer gewohnt. Mir war lieb, daß der König mich zu solcher Botschaft nahm, und habe sie redlich und heldenmüthiglich ausgerichtet. Einige des Savelli kannten mich, als den, der diesen Sommer ihren Herrn gebracht an die Todespforten, auch dem Torquato mußte ich gar wohl bekannt seyn, obschon er sich deß nicht austhat; aber mich kümmerte das wenig, konnte ja beweisen, daß er mir mein Ehrenwort zurückgegeben, und mich den Banden vertraut, die er für sicherer hielt. Dem Savelli brachte ich seinen Buben wieder, welchen der König mir ließ, als der ihn in des Verräthers Ponte Sachen verflochten findend, endlich einsah, daß er nichts an dieser gottlosen Brut auferzog, als einen Aufmerker.

      Auch diese des jungen Savelli Entfernung hat man mir ausgelegt als Neid um des Königs Gunst. Gedenke meiner, mein Gott, daß solche Tücke nie in mein Herz kommen ist!

      Der Savelli nahm seinen Sohn gar kalt auf, woraus ich geschlossen, daß auch keine Naturliebe in solcher Menschen Herzen sey, oder daß der Bub abwesend gewesen auf sein Geheiß, als den er an Gustavs Seite wohl hätt brauchen können.

      Von meiner Margaretha erfuhr ich hier nicht viel, ohne daß einige glaubhafte Frauen, denen ich Dienste geleistet, mir sagten, sie sey gen Magdeburg gezogen, zu Verwandten, die etwa hatte. Von dem Kind meyntem sie alle, sie habe es noch bey sich, aber es sey ihr keinesweges verwandt, obschon dem Herzog; worüber ich heimlich Freudenthränen geweint, dessen ich mich nicht schäme, maßen es kein Mensch gesehen. Glaube wol, daß selbst die starken Engel Gottes für Freude weinen, wenn sie hier und da Einen beßer finden, als er scheint. Glaubte auch alles gern zu meiner Jungfrauen Besten, wie denn der Mensch immerdar das Gute am liebsten für wahr hält; und war nun Margaretha wiederum eingesetzt in mein Herz, wenn mir nicht zuweilen ihr verborgenes Wissen einfiel, darob mir doch des Königs Auslegung nicht ganz genug that, denn selbst die Frauen, ihre Freundinnen, erzählten mir wunderlicher Dinge gar viele von ihr, die sie alle der Einwirkung guter Geister zuschrieben, ich aber in Dubio lassen mußte.

      Hat mich der König nun gen Schweden gesand mit einer Botschaft an den Kanzler, so daß ich nicht eher wiederkam, als nach Magdeburgs Uebergang an den Tilly. O was habe ich gelitten durch das Gerücht, die Jungfrau dort wißend! O was hab' ich draus gelitten durch ganz andre Gerüchte von ihr? so daß ich auch abermalen mein Herz von ihr gewendet: wolt aber doch nicht trauen, als meinen Augen; kam desselben gar wohl zu Fund, leider Gottes! wie nun folgt.

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      1650

      Margaretha zur Fortsetzung.

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      Und hier erlaube mir, mein lieber langer Fritz, daß ich deinen folgenden Bemerkungen die meinen an die Seite setze, sammt der Auslegung , damit die Deinen, die irgend deine langwierigen Blätter lesen werden, besser kennen lernen die Jungfrau, die du im July 1630 liebgewannst, der du im May 1631 entsagtest, und die gleichwol nunmehr dein glückliches Weib ist, und das seit mehr als achtzehn Jahren.

      Ob ich dem jungen schwedischen Riesen, wie er unter allen genannt wurde, die seinen Namen nicht wußten, auch erstes Anblicks hold war, als ich, des alten Herzogs Bettmeisterin, dem lieben Undankbaren, der so oft mich verkannt, heilte: das gebührt euch, liebe Töchter, schwerlich zu wißen.

      Mir hätten jene schweren Zeiten ja wol alle Gedanken vertreiben mögen, als an einen Retter. Ein Labsal des Gemüths ists, einen solchen zu wißen, und als eines solchen hätte ich ja doch des schwedischen Rittmeisters gedenken dürfen. O Friedrich, nie vergesse ich den Streich, den du auf den Savelli führtest, mich zu befreyen, und kein Unglück traf mich hinfort, daß nicht dein Bild, Schutzengeln gleich, an meiner Seite stand, und ich gedachte: Der Fritz würde dich wohl retten, wenn er könnte. Vom Savelli wurde ich frey durch die Mittel, die mir noch überall durchhalfen; durch keine übernatürlichen, meine Kinder, sondern durch Geduld und Hoffnung zu Gott, wie auch offene Augen auf alles was mich umgab, nebst ein wenig Anstelligkeit und Gewandheit. Die, welche mich bedrängten, sahen mich ruhig und froh: dies machte sie sicher. Bösen Anforderungen entging ich nie durch ein störriges Nein, sondern durch freundlichen, doch ehrenhaften Aufschub bis auf ein Morgen, das nimmer erschien: so kam endlich die Zeit heran, daß ich durch das Thürlein entschlüpfen konnte, das ich lang schon offen sah, und dessen Ausgang ich mir sicherte durch wohl erdichtete Blindheit.

      Also entkommen nach Magdeburg, hab ich daselbst mehrere Monate ruhig gelebt bey meines Vaters Schwester, der Frau des Thumpredigers9 Baker, habe auch meinem lieben alten Herzog, der gen Wien zu dem Kayser geflüchtet ward, den kleinen Prinzen, seiner Tochter, der seeligen Markgräfin, Kind, zugeschickt, und weiß Gott, wie weh mir geworden, mich von dem lieben Knaben zu trennen, den ich geliebt, als wär er mein eigen; that aber wohl daran, hätte ihn schwerlich hier durchgebracht, wie zu Pasewalk und anderer Orten, da das Schwerdt gar oft über mein und des Kindes Haupt geschwebt, und ich beym Savelli ihn mir nicht schützen konnt anderer Weis, als durch die schimpfliche Sag, er sey mein.

      Ueber das arme Magdeburg brachen nun die Schreckenstage herein, die ich keinem Weibe schildern kann. Wehe den Frauen und Jungfrauen, die derley erleben und mit eignen Augen sehen müssen! Daß ich das Unglück kommen sah, darf ich euch nicht sagen, denn ich haße den Schein der Selbstklugheit an einem Weibe, und habt ihr selbst gesehen aus des Vaters Schriften, was der unseelige Ruf ungemeines Wißens, in dem ich war, mir für Nachtheil gebracht, bey dem Edelsten der Menschen!

      Was ich wußte, war Frucht der leidigen Erfahrung, die ich, in meinem einundzwanzigsten Jahre vom Unglück der Zeiten hin und her geschleudert, leider schon gemacht hatte. Mir ist immer nachdenklich gewesen, daß der erste Schritt zu meinem Unglück, die Reise war zu der Base Kunigunde Hochzeit, die ich allerdings unternahm gegen Mahnen der innern Stimme. So stellt Gott an jeden Scheideweg einen warnenden Engel, deßen Ruf ja keiner überhöre! Ward auf jenem mir selbst abgezwungenen Wege, trotz der Begleitung, die die Aeltern mir gaben, von den Kayserlichen geraubt, und ist dies der Anfang all der schweren Schritte gewesen, die ich euch oft schon erzählt, bis ich ins Haus kam der hochseeligen Markgräfin, und von ihr zu dem Herzog.

      Was aber die Magdeburger betrift, zu welchen ich mich nun ohne weiteren Umschweif wiederum wende, so waren auch sie von meinem Oheim, dem ehrwürdigen Baker, oftermalen gewarnt, ließen aber alles aufs äußerste kommen. Unsere Ahndungen, daß man den schwedischen Retter, den großen Gustav, bey welchem auch mein Erlöser lebte, von uns zurückhalten würde, bis zum Untergang, trafen ein, und – Nun, wie ich euch gesagt, ich schildre Magdeburgs greulichen Uebergang nicht, der das, was ich zu Pasewalk erlebt hatte, noch weit übertraf.

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