Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen 1845. Harald Rockstuhl
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СКАЧАТЬ sie ein und las eine Messe über sie (denn es ist dies Alles schon vor langer, langer Zeit geschehen, als die Sachsen noch katholisch waren), und nun hieß er sie, wenn das Mütterchen wieder komme, getrost aufstehen und mitgehen, nun würden alle bösen Geister der Welt ihr kein Haar zu krümmen wagen. Als die Frau bald darauf wieder einmal des Abends allein war, kam richtig wieder das gebückte Mütterchen und spann wie früher still vor sich hin, grüßte nicht und sprach nicht; doch als sie diesmal den Rocken nahm und der Frau winkte, stand diese auf, ergriff ihre Lampe und folgte ihr. Sie gingen die Kellertreppe hinab, und als die Frau auf die unterste Stufe trat, fuhr sie erschrocken zurück, denn vor ihr stand eine Mulde voll runder, blanker Dukaten. Und das alte Mütterchen fiel ihr um den Hals und rief „Gott sei gedankt! Nun bin ich erlöst, und du bist meine Retterin. Ich war verwünscht diesen Schatz zu bewachen, bis am Neunten eines Monats in deinem Hause ein Knäblein geboren würde, dessen Mutter ich ohne zu sprechen zu dem Schatz herab locken könnte. Dein Sohn ist am Neunten geboren; doch wärst du heut nicht mit gekommen, so wäre ich verloren gewesen, denn nur dreimal durfte ich den Schatz verlassen. Nun nimm das Gold und lebe fröhlich damit; so lange Einer von deinem Geschlechte übrig ist, wird es nicht zu Ende gehen.“ Und wie die Wöchnerin noch erstaunt bald das Mütterchen, bald die Dukaten ansah, war die Alte plötzlich verschwunden. Da griff die Frau eilig nach den Dukaten, um zu sehen ob sie auch verschwinden würden; doch es waren wirkliche Dukaten und wurden ihr sehr schwer, als sie die Mulde die Treppe hinauftrug.

       Anmerkung:

       Durch die Hebung eines Schatzes ist öfter die Erlösung Verwünschter bedingt: vergl. Sage 15. Deutsche Sagen 1, 13. Bechsteins thür. Sagenschatz 3, S. 210. Wolfs deutsche Märchen und Sagen. 251. 255. 431.

       Mündlich aus Helfta

      Auf dem Hausberge bei Eisleben stand vor alter Zeit ein mächtiges Schloß, welches in den Berg versunken ist, doch sich einst wieder aus ihm erheben wird. Das Burgfräulein ist mit in den Berg verwünscht und wird nur alle sieben Jahr in der Johannisnacht frei. Dann wandelt sie auf dem Berge umher, trägt ein Schlüsselbund am Gürtel und ist ganz grün gekleidet, weshalb sie das Volk nur „die grüne Jungfer“ nennt. Wer ihr begegnet, dem widerfährt ein großes Glück; denn er wird von ihr reich beschenkt. Das größte Glück aber ist dem bestimmt, dem es einst gelingen wird sie zu erlösen. Jedem nämlich, den sie trifft, giebt sie einen Schlüssel und führt ihn zu einer Fallthür auf dem Gipfel des Berges, die auch nur alle sieben Jahr in der Johannisnacht zu sehen ist: die Thür heißt sie ihn aufschließen, und dann begleitet sie ihn durch die weiten Gemächer des Schlosses, zeigt ihm alle Herrlichkeiten und führt ihn zuletzt vor ein Buch, welches ihre und des Schlosses Geschichte enthält. Dieses Buch heißt sie ihn lesen; doch ist es in so alter Schrift geschrieben, daß noch Niemand es zu lesen vermocht hat. Wenn aber einst Jemand das Buch wird lesen können, so wird sich das Schloß aus dem Berge auf den Gipfel desselben heben, und die Jungfer wird erlöst sein und ihren Erlöser zum Herrn des Schlosses und zu ihrem Gemahl machen. Ein Amtmann las einst schon einige Seiten: da begann sich das Schloß alsbald im Berge zu rütteln, und ein Schäfer, der grade über den Berg ging, sah die Thurmspitze schon daraus hervorragen. Doch weil der Amtmann nicht weiter lesen konnte, sank das Schloß in den Berg zurück. Noch jetzt gehen Leute aus den benachbarten Dörfern in der Johannisnacht auf den Hausberg um der grünen Jungfer zu begegnen.

       Helfta. Postkarte um 1910. Verlag Fr. Lehmann, Helfta.

       Sammlung Harald Rockstuhl.

       Mündlich aus Mansfeld. Deutsche Sagen der Brüder Grimm 1,227.

      Als noch die alte Staufenburg in Thüringen stand, schaute die Tochter eines Burgherrn einst viele Jahre lang von einem Felsen am Wallgraben hinaus in die Weite, um zu sehen ob ihr Geliebter nicht aus der Fremde wiederkehre. Und weil sie so lange dort stand, drückte sich ihr Fuß in den Stein, und die Vertiefung ist noch zu sehen. Noch jetzt erscheint das Fräulein bisweilen mit goldenen Pantoffeln und mit langem, gelben Haar auf dem Felsen, welcher darum die Jungfernklippe genannt wird.

       Anmerkung:

       Mit gelben Pantoffeln zeigt sich die weiße Frau zu Chorin (Märkische Sagen 190), wobei schon Kuhn (Vorr. VIII) an Berchtas Schwanenfuß erinnert.

       Joh. Bernh. Heller Sonderbare Merkwürdigkeiten aus der berühmten Landgrafschaft Thüringen (Jena und Leipzig 1731). S. 459 f.

      Auf dem Schloßberge bei Ohrdruf, am Fuße des Thüringerwaldes, läßt sich manchmal eine Jungfer mit einem großen Schlüsselbunde sehen. Sie kommt um die zwölfte Stunde zu Mittag vom Berge herab, geht in das Thal zum Herlingsbrunnen, badet sich darin und steigt dann wieder den Berg hinauf.

       Ohrdruf. Postkarte 1900. Sammlung Harald Rockstuhl.

       Mündlich aus Halle

      In einem Dorfe nicht weit von Halle wurde das Dienstmädchen des Pfarrers bei Nacht aus dem Schlafe geweckt, und als sie aufblickte, sah sie eine lange, weiße Gestalt, welche ihr winkte. Das Mädchen aber hüllte sich tief ins Bett ein und erzählte am Morgen dem Pfarrer was sie gesehen hatte. Der schalt sie um ihres Aberglaubens willen und meinte, sie sollte, ehe sie einschliefe, hübsch beten, dann würde sie nicht so unruhige Träume haben. In der folgenden Nacht aber sah das Mädchen dieselbe weiße Gestalt, und diesmal sprach sie und bat das Mädchen aufzustehen und mitzugehen. Doch auch diesmal fürchtete sich die Magd. Wie sie aber dem Pfarrer am Morgen wieder von ihrem Gesicht erzählte, da sprach er „Wenn die Erscheinung zum dritten Male kommt, so steh auf und thu in Gottes Namen was sie verlangt.“ Und wirklich kam die weiße Gestalt auch in der dritten Nacht, und die Magd stand auf und folgte ihr. Sie wurde in des Pfarrers Keller hinabgeführt und durch eine Thür, welche sie nie zuvor gesehen hatte, in andre Keller und durch lange Gewölbe hindurch. Die Gestalt schritt mit einer Kerze voran und blieb in einem kleinen Gemache stehen, an dessen Boden viele goldene und silberne Ketten, Ringe, Armspangen und andere Kleinode aufgehäuft lagen. Und die Gestalt sprach zu dem Mädchen „Sieh, dies Alles ist dein: nimm es auf und lebe glücklich damit.“ Das Mädchen aber glaubte zu träumen und konnte sich an den Kostbarkeiten nicht satt sehen; doch wagte sie nichts anzurühren. Da gab ihr die Gestalt die Zipfel der Schürze in die Hand und schüttete ihr das Geschmeide in die Schürze. Das Mädchen hielt die Schürze in Gedanken fest, und als Nichts von all den Herrlichkeiten mehr am Boden lag, da trat eine schöne, prachtvoll gekleidete Jungfrau ins Gemach; die weinte vor Freude und rief „Nun sei Gott gelobt, nun bin ich erlöst.“ Damit eilte sie auf das Mädchen zu und wollte es umarmen; doch erschrocken ließ das Mädchen die Schürzenzipfel los, die Kleinode rollten über den Boden, und plötzlich war Alles verschwunden, die Jungfrau sammt der Gestalt, das Gold und die Edelsteine; und das Mädchen tappte im Finstern umher, bis sie in der Ferne Etwas schimmern sah. Sie ging darauf zu und fand eine Treppe, die sie hinaufstieg. Und als sie sich nun umsah, stand sie an dem einen Ende des großen Kirchhofes, an dessen anderer Seite, wohl mehrere hundert Schritte davon, das Pfarrhaus stand. Sie ging schnell ins Haus und erzählte dem Pfarrer Alles, wie es gekommen war. Der Pfarrer schüttelte ungläubig den СКАЧАТЬ