Название: „. . . in einer steinernen Urkunde lesen“
Автор: Ulrike Glatz
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783943904499
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Literatur
Franz Josef Faas, Prüm in der Eifel, Neuss 1976.
Bernd Isphording, Prüm – Studien zur Geschichte der Abtei (721–855), Mainz 2005.
* zit. nach: Regino von Prüm, Reginonis chronica, in: Quellen zur karolingischen Reichs- geschichte III, bearbeitet von Reinhold Rau, Darmstadt 1982, S. 189.
DIE PFALZ KARLS DES GROSSEN – IMPERIALE PRACHT IN INGELHEIM
Aber er begann auch zahlreiche Bauwerke, die dem Königreich zur Zierde und zum Nutzen gereichten … Auch begann Karl mit dem Bau von zwei herrlichen Palästen: der eine war nicht weit von Mainz in der Nähe seines Gutes Ingelheim, der andere in Nymwegen …
(Einhard, Vita Caroli Magni, um 830)*
Auf einer Hangterrasse am Rhein liegt der Ort Nieder-Ingelheim. Im Stadtgrundriss des Ortskerns spiegeln sich noch heute die Grundzüge der karolingischen Kaiserpfalz. Bauliche Reste der Zeit Karls des Großen lassen sich im Ortsbild an mehreren Stellen finden.
In seiner Beschreibung des Lebens Karls des Großen behandelt Einhard in Kapitel 17 auch die wichtigsten Bauten, die auf den karolingischen Kaiser zurückgehen. Neben der Marienkirche in Aachen und der 500 Schritte langen Rheinbrücke in Mainz erwähnt Einhard zwei Paläste in Nymwegen und in Ingelheim. Karl hatte hier in den 770er-Jahren mit dem Bau einer repräsentativen Pfalzanlage an Stelle eines fränkischen Hofguts begonnen. Beherrschendes Bauwerk war die Aula Regia, die königliche Halle (40,5 x 16,5 m), die als Thronsaal, Ort großer Versammlungen und Gerichtsverfahren diente. Der einst 13 m hohe Raum mit einer halbrunden Apsis für den auf einem Podest stehenden Thron war prachtvoll ausgestattet. So war der Boden mit Marmorplatten und Porphyr belegt, dem seit der römischen Kaiserzeit den Herrschern vorbehaltenen purpurroten Stein. Die Wände waren mit Wandmalereien geschmückt, von denen man Fragmente gefunden hat. Ein Lobgedicht des Ermoldus Nigellus aus dem Jahre 826 auf Kaiser Ludwig den Frommen beschreibt unter anderem auch die Inhalte der Ausmalung, biblische Szenen sowie Taten heidnischer und christlicher Herrscher. Innerhalb des Pfalzbezirks stand die Pfalzkapelle mit einem Kleeblattchor, die dem Herrscher und seinem Hof diente. Pfarrfunktion für die Bevölkerung hatte die außerhalb der Pfalz gelegene Remigius-Kirche.
Ingelheim, Kaiserpfalz, staufische Stadtmauer und Apsis der karolingischen Aula Regia
Ein monumentaler Halbrundbau von knapp 90 m Durchmesser schloss den Pfalzbezirk nach Süden ab. Im Scheitel befand sich das sog. Heidesheimer Tor, von dem Teile im staufischen Umbau erhalten sind. Das Halbrund umstanden außen sieben Rundtürme. Im Inneren verlief ein Säulengang, in dem römische Spolien wie Säulenschäfte, Basen und Kapitelle verbaut waren. Der prachtvolle Halbkreisbau hat seine Vorbilder in der römischen Villen- und Palastarchitektur. Die Ingelheimer Kaiserpfalz war wohl um 800 vollendet, dürfte also etwas älter sein als die Pfalz in Aachen. Anlass für diesen in vieler Hinsicht ungewöhnlichen Bau war ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis möglicherweise in Zusammenhang mit der Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 in Rom.
Karl der Große hielt sich mehrfach in Ingelheim auf, gelegentlich auch über den ganzen Winter, feierte hier Weihnachten und Ostern, berief Hoftage ein. Auch weitreichende politische Entscheidungen wurden hier getroffen, wie die Entmachtung des Bayernherzogs Tassilo, verbunden mit der Aufhebung des Herzogtums Bayern.
Karls Sohn und Nachfolger Ludwig der Fromme besuchte Ingelheim ebenfalls recht häufig. Hier empfing er Gesandtschaften ausländischer Herrscher wie des byzantinischen Kaisers Theophilus. Wenn in Ingelheim Reichsversammlungen abgehalten wurden, hatte die Pfalz in dieser Zeit den Rang eines repräsentativen kaiserlichen Wohnsitzes. Schwer erkrankt ließ sich Ludwig auf eine der Pfalz vorgelagerte Insel im Rhein bringen. Dort starb er 840 in Anwesenheit des Mainzer und des Trierer Bischofs. Nach seiner Bestattung in Metz folgte eine Phase des Stillstandes. Seit dem 10. Jh. wurde unter den ottonischen Herrschern wieder gebaut. Eine monumentale Saalkirche mit mächtigem Querhaus entstand, die kleine Pfalzkapelle verlor ihre Bedeutung. Regelmäßig feierte Otto der Große in Ingelheim nun die Osterfeste mit großer Prachtentfaltung. Synoden (Kirchenversammlungen) wurden abgehalten und wichtige Zusammenkünfte arrangiert. Kaiserin Theophanu beriet sich in der Pfalz mit Erzbischof Willigis von Mainz.
Zu einer besonderen Begegnung kam es 1163, als Friedrich I. Barbarossa sich hier mit der Äbtissin Hildegard von Bingen traf (s. Disibodenberg S. 42). Aus Respekt vor Karl dem Großen hatte Friedrich I. die Pfalz erneuern und zu einer befestigten Burg ausbauen lassen. Doch nach ihm erlosch das Interesse endgültig.
Das Pfalzgebiet wurde 1402 zur Bebauung frei gegeben. Die Folge waren Abbrüche, um Baumaterial zu gewinnen, sowie eine ungeordnete Bautätigkeit, welche die Struktur verunklärte. In den folgenden Jahrhunderten wurde Nieder-Ingelheim durch Bauten verschiedenster Art überformt. Die Reste der ehemaligen Kaiserpfalz verschwanden in und unter neuen Häusern. Erst seit dem 19. Jh. und vor allem in den letzten Jahrzehnten haben archäologische Grabungen in Verbindung mit Freilegung und Restaurierung karolingischer Befunde entscheidend zur Anschaulichkeit beigetragen.
Heute ist die Ingelheimer Kaiserpfalz in Verbindung mit Museum und Besucherzentrum ein historischer Ort, an dem man königliche bzw. kaiserliche Repräsentation von der Zeit Karls d. Großen bis zum Ende der Stauferzeit nachvollziehen kann. Aula Regia und Halbkreisbau gehören zu den herausragenden Zeugnissen karolingischer Architektur in Deutschland.
Literatur
Holger Grewe, Die Ausgrabungen in der Königspfalz zu Ingelheim am Rhein, in: Deutsche Königspfalzen, Hrsg. Lutz Fenske u. a., Göttingen 2001, S. 155ff.
Holger Grewe, Ingelheim in der Pfalz Karls d. Großen, in: Kreuz, Rad, Löwe (Darmstadt 2012), S. 245ff.
Wolfram Letzner, Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands, Mainz 2013, S. 100ff.
* Einhard, Vita Karoli Magni, Kapitel 17, Lateinisch-Deutsche Ausgabe, Stuttgart 1977, S. 39.
ERZBISCHOF HATTO UND DER MÄUSETURM – EIN FEHLURTEIL DER GESCHICHTE
Er war ein Mann von großer Klugheit, der zur Zeit des jugendlichen Ludwig über das Reich der Franken mit brennender Sorge wachte, viele Zerwürfnisse im Reich einer Versöhnung zuführte …
(Widukind von Corvey über Erzbischof Hatto, in Res gestae Saxoniae, 10. Jh.)*
Unweit von Bingen liegt auf einer Felseninsel im Rhein der sog. Mäuseturm, ein im Kern mittelalterlicher, mehrgeschossiger Bau. Die neben der Loreley-Sage bekannteste Sage des Mittelrheins bringt ihn СКАЧАТЬ