Die 8te Pforte. Akron Frey
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Название: Die 8te Pforte

Автор: Akron Frey

Издательство: Автор

Жанр: Философия

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isbn: 9783906925011

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       „Wessen Stimme?“, wollte ich wissen, denn der Wille hinter seiner inneren Führung schien mir nicht unvertraut. „Was waren das für geistige Einflüsse? Wurdest du von den Göttern geführt?“

      „Ich wurde – ähnlich wie du – von meinem inneren Herrn Jedermann begleitet“, antwortete er mir, „eine Art Quasi-Seelenführer oder ein Teil von mir selbst. Denn ich hatte niemanden sonst, mit dem ich mich verstand. Es gab zu jener Zeit zwar viele andere geistige Begleitwesen, mit denen ich mich aber schlecht unterhielt, denn es waren keine, mit denen ich mich hätte tiefer austauschen wollen. Nur meine innere Stimme war immer da. Anfänglich dachte ich noch, ob ich nur ein Spielball meiner eigenen Erfahrungen wäre, ein willenloses Werkzeug, doch mit der Zeit entwickelte ich ein grosses Vertrauen zu der inneren Kraft und ich musste mir eingestehen, es gab für mich keinen besseren Begleiter auf diesem Weg.“

       „Das war eine sehr mutige und auch recht abenteuerliche Einschätzung von dir. Die moderne Psychologie würde behaupten, du wurdest von einem abgespaltenen inneren Teil dirigiert“, warf ich ein. Aber ich hätte da noch eine Frage: „Ist Herr Jedermann für dich das, was du für mich bist: Niemand?“

       „Mag sein“, erwiderte er. „Doch wer ist der, der glaubt, solche Kräfte benennen zu können? Nur weil Menschen solche Phänomene genau untersuchen und aus ihrer Verstandessicht zu einem verbindlichen Urteil kommen, heisst das noch lange nicht, dass solche Erkenntnisse richtig sind.“

       „Da stimme ich dir zu“, lenkte ich ein. „Solche geistigen Wesenheiten sind oft viel mehr als nur abgespaltene innere Anteile.“

       „Wenn du deine Empfindungen jetzt alle losgeworden bist und es dir hier auch recht ist“, spottete er in einem überaus freundlichen Ton, „dann würde ich meine Erzählung gerne hier fortsetzen wollen.“ Er hielt einen Moment inne und ich spürte eine sanfte Melancholie: „Ich hatte auf meinem Weg, wie schon angedeutet, sehr viel nachgedacht. Über den Weg, die Aufgabe und auch den Zweck und das Ziel, die meiner harrten. In der Zwischenzeit bemühte ich mich, die Beziehung zu Herrn Jedermann zu festigen, denn ich war entschlossen, das Geheimnis zwischen uns beiden zu lüften.“

       „Sicher ein löblicher Versuch“, sagte ich höflich und schmunzelte leise.

       „Und während ich mich mit meiner inneren Stimme beschäftigte, kam ich auf meiner Wanderung auch an die Unterweltsschwelle, aus deren Spalten es heftig rauchte und zischte“, setzte er seine Schilderung unbeirrt fort. „Während ich mich neugierig umschaute, begann es im gleichen Atemzug nach süsslichen Exkrementen zu stinken und ich hielt mir angewidert die Hand vor den Mund. Doch was war das? Irgendwie fühlte ich mich plötzlich beobachtet und Herr Jedermann liess plötzlich eine Saite in mir anklingen, die ich lange nicht mehr vernommen hatte. Gleichzeitig beäugten mich zahlreiche Blicke, denn als ich mich umsah, konnte ich erkennen, dass ich an der Pforte der libidinösen Unterwelt stand, der Hölle der unerlösten Liebessehnsucht, während dem mich Herr Jedermann aufklärte: Es seien dies die geistigen Blicke der abgeschiedenen Verführerinnen, die seit Urzeiten den Eingang zur Liebeshölle bewachten und eifersüchtig und unerlöst auf die männlichen Neuankömmlinge blickten.“

      Einen Moment lang hielt er inne und auf einmal stürmte die Erkenntnis seiner Worte mit aller Gewissheit auf mich ein, als er weitersprach: „Für mich war das ein erster finaler Höhepunkt. Ich hatte damals den magischen Weg zum ersten Mal durchlaufen und hatte irgendwie das Gefühl, als müsse ich der Mutter noch etwas beweisen. Als müsse ich am Ende meines Weges noch ungestraft die Liebeswelt durchdringen, um zu zeigen, dass ich das Menschsein überwunden hatte und für alle Verlockungen der Sünde nicht mehr empfänglich war.“

       „Das ist eine wahrlich kultig-verrückte Reise, von der du mir da berichtest“, stiess ich hervor, „eine richtige Initiation.“

       „Das ist erst der Anfang. Mein innerer Jedermann wies mich an, noch tiefer in das kosmische Gedächtnis einzudringen“, erzählte er weiter. „Doch der Weg ist gefährlich, sehr gefährlich“, sein stimmlicher Ausdruck wechselte die Tonlage und wurde mit einem Mal ziemlich grimmig, „denn die Augen dieser verführerischen Sünderinnen bewachen, wie gesagt, diese mörderische Schwelle, die Liebende nur einmal im Leben betreten können. Die Liebe verschlingt sie und gebiert sie neu.“

       „Liebe? Welche Liebe?“ Ich hob meinen Blick und schaute ihm direkt in die Augen. „Und wozu?“

       „Wenn du die Liebeswelt betrittst, begegnest du immer auch dem unsichtbaren Teil der Grossen Mutter. Jeder Liebesfunke ist ein Teil von ihr“, verkündete er mir mit einer grossen Geste. „Sie ist die Grundlage, auf der alles gedeiht. Alle sind ein Stück von ihr mit Leib und Liebe, und sie sind nur lebendig, wenn sie von ihrem Bild beseelt werden.“

       „Dann bist du in der Seelenwelt deinem Bild von der grossen Liebe begegnet?“, erwiderte ich mit leichter Besorgnis.

       Er nickte: „Sie erscheint den Menschen nicht persönlich. „Männern schickt sie ein Bild der Liebe, jedermanns individueller Anima, die diese auf jede Frau übertragen können.“

       „Das versteh ich nicht!“ Ich schaute ihn ziemlich ausdruckslos an. „Sie haucht dem Betroffenen ihren Atem ein, woraus dieser sein weibliches Seelenbild formen kann“, antwortete er ungewohnt psychologisch. Es ging ihm darum, mir die Beschreibung geistig näherzubringen: „Schon bald darauf erscheint sie ihm in Gestalt seiner Anima, die sein Liebesverlangen auslöst …“

       „Das Verlangen nach Liebe“, warf ich ein, „das jeder Kerl auf seine Angebetete projiziert?“

       „Nein. In meinem Fall war es das Suchbild der inneren Geliebten, die ich in mir trug.“ Irgendwie erschütterte mich diese Aussage.

       „Ich verstehe nur Bahnhof!“ Immer noch überfordert gab ich meinem Unverständnis heftig Ausdruck: „Kannst du mir das vielleicht etwas deutlicher umschreiben?“

       „Du musst meine Worte mit der Seele, nicht mit dem Verstand aufnehmen: Sobald er ihren Atem empfängt, schwingt er mit ihr in Resonanz und wird wieder ein Teil der schöpferischen Liebe.“

       „Dann warst du am Ziel?“

       „Das war noch nicht das Ziel, das war erst die Vorstufe zur Quelle, die zur Verschmelzung führt“, erwiderte er. „Sobald sich der Mann ruhig in ihrem Atem wiegt, erhält er als Belohnung ihren geistigen Abdruck …“

       „Geistiger Abdruck …“, versuchte ich auf ihn zuzugehen: „Ist das eine Art Sehnsucht der Seele, die nach einer Form von Ebenbild drängt?“

       „Ein geistiger Abdruck ist eine gasartige und flüchtige Substanz“, flüsterte er bewegt, „eine Form von wässerigem Dampf, in die der Mann seine ideale Vorstellung vom Weiblichen hineinprojizieren kann.“

       „Du glaubst, es ist, bildlich gesprochen, eine Art leere Leinwand, die jeder mit seinen persönlichen Vorgaben füllen kann?“

       „Es ist mein geistiges Bild von ihr“, sagte er, „dass mir ihre volle weibliche Schönheit spiegelt. Die einen nennen es Liebe, Psychologen nennen es Anima.“

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