Rotz am Backen, Scheiß am Been - ach wie ist das Läähm scheen. Klaus Eulenberger
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СКАЧАТЬ kleinen Schnapsgläser holen. Danach wollte sie die Einliterflasche öffnen, wusste aber nicht wie, da diese oben auf dem Korken mit einer Art Siegellack verschlossen war. Hilflos schaute sie in die Runde und bekam Hilfe von Opa. „Martha, wir haben das als Soldaten immer so gemacht, dass wir den Flaschenhals abgeschlagen haben.“

      „Alfred, also so ein Unsinn. Diese Flasche wird ordentlich geöffnet. Findet sich denn in diesem Kreis niemand, der das sauber erledigen kann? Da geschah etwas, was ich nie für möglich gehalten hätte und zwar stand Nikolai auf, ging langsam zur Oma und fragte auf Russisch: „Darf ich? Soll ich die Flasche öffnen?“

      Natürlich hatte keiner etwas verstanden, aber es war ja klar, dass er helfen wollte. Er nahm die Flasche, griff in seine Hosentasche, holte ein Messer heraus und begann den Siegellack abzuschneiden. Bis auf ein paar Reste gelang dies sehr ordentlich. Dann drehte er an dem überhängenden, großen Korken, bis mit einem „Floppp“ die Flasche auf war, sagte „Choroscho“ und setzte sich wieder hin. Während dieser Aktion schaute ihm Oma wohlwollend und mit Freude zu.

      „Danke Nikolai, das hast du fein gemacht. Wenn das auch auf den Feldern oder mit den Tieren so gut geht, das wäre ja wunderbar.“

      Nun ging es ans Gläserfüllen. Friedel stand auf, nahm die Flasche und wollte diese Aufgabe übernehmen. Sie goss Kirschbrand in das vor ihr stehende Glas ein, aber ihre Hand zitterte mächtig und mit einem großen Schwups überschüttete sie das Glas – mindestens die Hälfte landete auf der blank gescheuerten Holzplatte.

      „Auweia“, dachte ich. Dann ging sie zum nächsten, welches bei Opa stand. Da war aber nach ihrer Schüttaktion wieder zu wenig drin. Außerdem zitterte ihre Hand, es war schon der gesamte Arm, immer mehr – wahrscheinlich war sie vom Zuschauen der vielen Männer beeindruckt.

      Mama sah dies und sagte: „Johann, ihr Männer habt da doch mehr Übung, sei so gut und gieße die Gläser voll, vielen Dank.“

      Johann stand ruhig auf, ging ringsherum von Glas zu Glas und führte die Aktion ruhig und souverän aus.

      Nun war dies endlich vollbracht und Oma erhob ihr Glas: „Also, eehm, iihm“, stolperte sie sprachlich ein wenig, was man von ihr kaum kannte. „Hiermit möchte ich unsere neuen Arbeiter Marcel, Johann und …“, leise sagte sie, „die zwei Russen – Gretel hilf mir mal, wie heißen die doch gleich?“

      „Natascha und Nikolai.“

      „… also Tascha und Nikolai herzlich auf unserem Gut begrüßen. Ich wünsche Ihnen, dass sie, nachdem sie aus ihrem Zu Hause mit ihren Familien herausgerissen wurden, bei uns rasch heimisch werden. Wir werden uns, so denke ich, miteinander, bemühen, dass wir uns alle gut verstehen und vor allem, dass die notwendigen Arbeiten, die auf unserem Bauerngut geleistet werden müssen, auch gut geschafft werden. Es ist ja bei uns der Zustand, dass Opa auch nicht mehr der Jüngste ist, der Hannes ist vollkommen überfordert und brüllt ständig nur herum, und beide die Arbeiten schon längst nicht mehr schaffen. Was ich mitbekommen habe, sie sind alle vom Land und erfahren in der Tierzucht und bei der Bodenbearbeitung. Das ist sehr gut so. Also, viel Erfolg wünsche ich uns allen.“

      Alle, auch die Kriegsgefangenen, hatten Oma aufmerksam angeschaut. Verstanden hatten die Kriegsgefangenen unter Garantie nichts, höchstens ein paar Fetzen. Plötzlich setzte Oma noch einmal an: „Was ich Ihnen Kriegsgefangenen noch sagen wollte: Sind Sie nicht allzu traurig, dass Sie von zu Hause weg mussten. Sie sollen doch hier nur eine Zeit lang arbeiten, bis der Krieg gewonnen …, ich meine bis der Krieg beendet ist. Dann können Sie wieder nach Hause zu Ihren Familien und in Ihre Heimat. Prost.“

      Da niemand gleich reagierte, rief sie noch einmal: „Allerseits zum Wohl.“

      Opa, Friedel, Mama und all die anderen riefen ebenfalls überlaut: „Prost, Prost.“

      Ich schaute auf Johann. Er hob sein winziges Glas hoch und sagte leise „Prost“, Marcel sagte wie üblich nichts, auch Natascha blieb ruhig, nur Nikolai rief: „Na starowje.“

      „So, nun erhalten unsere zusätzlichen Leute die Zuweisung für ihre Betten, bzw. wo sie schlafen. Gretel, Friedel und Erika, ihr drei begleitet jetzt die Neuen auf ihre Zimmer und bereitet alles mit Betten, Liegen und Decken entsprechend vor. Wo ist denn überhaupt die Tante Marie, die könnte doch schön mithelfen?“

      „Mutti, du weißt doch, dass sie mit Grippe im Bett liegt. Das mit den Zimmern, Betten und Liegen ist leicht gesagt von dir, aber wie soll denn die Zuordnung sein? Außerdem scheinen unsere Zimmer nicht zu langen. Decken und Betten fehlen auch. Nikolai und Natascha können auf keinen Fall in einem Zimmer schlafen“, entgegnete meine Mama.

      „Naja, das weiß ich selbst, dass wir die beiden trennen müssen. Johann und Marcel bekommen das Zimmer im ersten Stock am Gangende zum Eingangstor, dort sind sogar zwei Betten drin. Nikolai kann in dem Zimmer im ersten Stock neben der Toilette schlafen. Da müssen wir aber noch eine Liege und Decken besorgen. Für Natascha“, murmelte sie, „da müssen wir uns noch etwas einfallen lassen.“

      Sie erhielt eine Zuweisung in eine Besenkammer, welche von den drei Frauen ausgeräumt werden sollte. Außerdem sollte noch eine Liege von der Stube hochgeschafft werden. „Na endlich, so geht es doch“, triumphierte Oma.

      Da sagte Johann plötzlich leise, aber bestimmt: „Waschen, sauber sein, langer Tag.“

      „Ich zeige es dir, Johann, komm mal mit“, schaltete sich meine Mutter ein. Sie gab Johann in der Küche einen Waschzuber und zeigte auf einen großen Bottich mit warmem Wasser, welcher auf dem Kachelofen stand. Johann musste nur auf die Ofenbank treten, um die Höhe des Waschbottichs zu erreichen. Er füllte das gut temperierte Wasser ein in den Zuber und schleppte ihn gemeinsam mit Marcel in den Kuhstall, der nur durch eine Tür von der Küche getrennt war. Mama flitzte davon, kam mit zwei großen Badetüchern zurück, die sie nebst Seife und Bürste den beiden in den Kuhstall nachbrachte.

      „Aber Johann, ihr sollt Euch doch in der Küche waschen. Das machen wir doch immer so und da ist es viel wärmer und sauberer für euch.“

      Nun schien alles für nächtliche Ruhe erbracht worden zu sein. Lothar und ich kamen nun an die Reihe. Es war das übliche Gezerre zwischen uns, wer zuerst an die Waschschüssel heran durfte. Nach all den vielen neuen Eindrücken mit den vier neuen Arbeitskräften waren wir aber versöhnlich gestimmt und langten parallel in die Schüssel, wenn wir uns auch teilweise behinderten und vollspritzten. Lothar wollte sich nie die Zähne richtig putzen, was mir überhaupt nicht in den Kopf ging. Ich rumpelte gern und lange mit der Zahnbürste auf meinen restlichen Milchzähnen herum und erhielt prompt auch jedes Mal von Tante Friedel und Mama ein Lob. Nun war bald Ruhe. Friedel und Mama schafften Lothar und mich ins Bett. Mama musste sich immer zu mir aufs Bett setzen und mir eine Geschichte erzählen. Da sie aber oft nicht wusste, was sie erzählen sollte, berichtete sie davon, was sie in der Gemeinde getan hatte und wie alles denn so lief. Ich fragte immer so lange, bis ich einschlief.

      Aktuell und aufregend für mich war natürlich, dass wir die vier neuen Leute, die Kriegsgefangenen bei uns hatten. Also fragte ich neugierig: „Mutti, wieso kommen denn die vier neuen Leute hierher? Haben die sich bei uns beworben? Die kommen ja von so weit her, woher kommen sie denn eigentlich?“

      „Ach du, kleiner Klausmann, du hast ja wieder hundert Fragen. Also, beworben haben sich die vier auf gar keinen Fall. Das Gegenteil ist der Fall, sie wurden gezwungen, hierher zu kommen und für uns zu arbeiten.“

      „Das glaube ich nicht Mama, dem Johann gefällt es doch so gut bei uns und er ist immer so freundlich zu mir.“

      „Wenn du alles wüsstest, mein kleiner Junge“, sagte sie ahnungsschwer.

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