Название: Rotz am Backen, Scheiß am Been - ach wie ist das Läähm scheen
Автор: Klaus Eulenberger
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783954889549
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„Aber Gretel, du machst mir richtig Angst, du siehst ganz blass um die Nase aus und außerdem bist du ja so dünn – das ist mir bisher nie aufgefallen.“
„Mach dir keine Sorgen, Friedel, ich bin nur etwas unruhig, weil der Johann mit nach Chemnitz gefahren ist und doch eigentlich unser Gut nicht verlassen darf. Außerdem ist der Wittasch wirklich ein komischer Kerl, hoffentlich passiert da nichts.“
„Komm Gretel, wir gehen ins Haus, setzen uns an den Kamin und schwatzen ein wenig – das ist doch immer gemütlich.“
Am späten Abend kam das Auto von Chemnitz zurück. Johann stieg als Erster aus – wirkte ruhig wie immer, aber Mutti, die schon lange auf dem Hof wartete, spürte irgendetwas. „Johann, schön, dass ihr gesund wieder angekommen seid. War alles in Ordnung? Habt ihr in dem Dreck und Durcheinander etwas gefunden und mitgebracht?“
„Oui, ja, ja – ier schauen.“ Johann zeigte auf all die Dinge, die sie mitgebracht hatten: eine Decke (es war ein Federbett), noch eine Decke (es war aber nur ein Kopfkissen), viel Bettwäsche, einen großen Packen gefalteter Hemden und Pullover, Handtücher, Taschentücher, Wischtücher, Kaffeekannen und viele Bilder von Spitzweg. Das wichtigste für meine Mutti war aber das Rosenthaler Porzellan – das Speiseservice mit vielen tiefen und flachen Tellern, Vorlegetellern, Soßiere, Suppenterrine und vor allem das komplette Kaffeeservice mit kleinen und großen Zuckerbehältern, Kuchentellern. Als sie das sah, strahlte sie und nahm eine Tasse. „Ach, Johann schau mal das wunderbare dünne Porzellan“, ging auf Johann zu und gab ihm einen Schmatz auf die Wange. Dieser war erstaunt, nahm den Kuss aber freudig entgegen, er lächelte. Oma, die dies sah, schmunzelte und sagte zu Mama: „Na Gretel, lass das nur nicht den NSDAP-Ortsvorsteher sehen.“
Aufgeregt quakte ich dazwischen: „Johann, du solltest mir doch meinen braunen Teddybär, den Brummi und die Puppe ‚Freche Liese‘ mitbringen.“ „Klous (so richtig Klaus auszusprechen, gelang ihm selten), haben wir nicht gesucht, non, non, isch meine, nicht funden. Aber hier – sieh – ein Auto und Kugeln.“ Er übergab mir meinen Holzlaster und ein paar Murmeln. Das war natürlich nicht gerade viel, aber besser als gar nichts. Ich nahm es zufrieden entgegen und drückte Johann dankbar die Hand.
Mama ging zur Haustür und rief hinein: „Oma, bring mal bitte den Nicolaj und den Marcel mit. Die sollen mal alles ins Haus hineintragen.“
Während all dieser Gespräche hatte sich nun natürlich auch Herr Wittasch aus dem Auto geschält. Er sah etwas mitgenommen und äußerst unzufrieden aus. Das traf übrigens auch auf Johann zu, welcher erschöpft und abgespannt wirkte. Wittasch ging sofort auf Mutti zu und speckerte äußerst unzufrieden los: „Frau Eulenberger, da lief wieder mal einiges schief. Als wir ankamen, haben wir uns sofort bei der Familie Goldmann gemeldet, welche ins Nachbarhaus zu Bekannten gezogen ist. Sie wussten auch Bescheid und haben sich sehr interessiert, wie es Ihnen geht. Dann haben wir begonnen zu suchen. Es war aber äußerst risikovoll, weil wir immer dachten, dass noch ein Teil der Decke einstürzt. Plötzlich rief ein alter Mann von unten mit Donnerstimme: ‚Was tun Sie denn hier? Das ist verboten. Kommen Sie sofort herunter – auf der Stelle!‘
Der Mann stellte sich als Herr Lehmann vor und war für diesen Distrikt der Luftschutzobmann und verantwortlich für zivile Verteidigung, wie er uns sagte. Zudem sagte er uns noch, dass er uns anzeigen müsste, da wir eine illegale Räumung durchführen würden. Dazu bräuchte es eine Genehmigung vom Zivilschutz. Bei diesem hätten wir die Entsorgung von persönlichen Dingen beantragen müssen. Mit ernsten Worten sagte er, es gehe um Deutschland und da müsse sich jeder ganz diszipliniert verhalten – sein NSDAP-Abzeichen auf dem Revers blitzte in der Sonne. Ich bekam richtig Angst, dass er uns anzeigt und redete mit Engelszungen, dass wir das alles einsehen würden und in Zukunft passiert das nie wieder. Er ließ sich kaum erweichen und wir bekamen richtiggehende Furcht. Ich schaute zu Johann – der schaute recht bedrückt und schüttelte den Kopf. Plötzlich sagte er: ‚Bitte, Verständnis – Familie kein Haus mehr.‘ Na, da war vielleicht etwas los. Der Alte kreischte: ‚Ist hier etwa ein Ausländer dabei, vielleicht noch ein Feind Deutschlands? Das muss ich jetzt auf der Stelle anzeigen.‘ Unsere Sorgen stiegen ins Unermessliche, Johann begriff, dass er für diese negative Entwicklung verantwortlich war und wurde immer blasser. Plötzlich sagte er: ‚Kein Ausländer, isch will nur elfen.‘ Mir war wie Hefe in der Magengegend – ich öffnete mein Portmonee, holte fünf Reichsmark heraus, gab sie dem Luftschutzobmann in die Hand mit der Bemerkung: ‚Mein Kollege hilft mir hier nur. Wir sollten jetzt aber weiterarbeiten, Herr Lehmann. Haben Sie doch Verständnis für uns – alles Gute für Sie und wollen wir hoffen, dass nie wieder eine Bombe auf unser schönes Deutschland fällt.‘“
Mutti hatte aufgeregt mit gefalteten Händen dem ellenlangen Vortrag des „Mörders“ zugehört. Immer dann, wenn ich eine Frage zwischendrin loswerden wollte, zischte sie mich an: „Ruhe, Klaus, jetzt nicht!“ Ich traute mich gar nicht mehr zu atmen, ging zu Johann und hielt seine Hand.
„Herr Wittasch, das haben sie wunderbar gemacht. Ich bin ihnen ja so dankbar und muss sie für diese tolle Leistung einmal drücken“, was sie auch wirklich tat. Der „Mörder“ strahlte vor Freude, riss seine Schiebermütze von seinem Schädel und sagte strahlend: „Man tut halt, was man kann, gel Johann?“ Mutti fiel jetzt auf, dass sie Johann überhaupt nicht in ihre Dankesrede eingeschlossen hatte, also ging sie zu ihm hin, drückte ihn ebenfalls (einen Schmatz hatte sie ihm ja schon gegeben) und sagte mit ziemlich zittriger Stimme: „Johann, vielen, vielen Dank. Du bist ein ganz Lieber.“
Nun griff sie in ihre Geldbörse und suchte lange darin. Mir war klar, dass sie nicht mit den fünf Reichsmark an den Luftschutzmenschen gerechnet hatte und demzufolge überlegte. Dann gab sie sich plötzlich einen Ruck, griff hinein und gab dem „Mörder“ fünfzehn Reichsmark, die dieser dankend entgegennahm. Parallel zu diesem gesamten Geschehen, hatten Marcel und Nikolai alles ins Haus geschafft und Oma rief: „Gretel, ich hab alles in die Stube legen lassen, du kannst dann selbst aufräumen.“
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