Zwei Freunde. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Zwei Freunde

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783957840127

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СКАЧАТЬ klangen laut auf. Ein Tier begehrte Freiheit. Seine Reiterin bändigte es schnell. Die Hände der Herren hoben sich zum Gruß. Die Sporen glänzten.

      Marion hatte den Kopf leicht geneigt.

      Vorbei …

      Wichmann ließ die Zügel locker und ritt auf der Spur der Verschwundenen, von Parkbäumen und Biegungen Verschluckten zurück, die Allee hinab in den stärker besonnten Morgen.

      Er hatte sie gesehen, Reiter und Reiterin, den Mann und die Frau, ein Leib – den Herrn und die Dame – ein Stil.

      Alles andere war Schatten und wesenlos.

      Ihre weiche Gestalt war von der Linie des Reitkleides halb verborgen gewesen, aber sie war schön wie das Tier, und auf den Blütenblättern ihrer Wangen hatte Trauer gelegen. Ihre Augen waren an dem Grüßenden vorübergegangen wie die leise wehende Luft, die eine Stätte zu suchen scheint und keine finden kann.

      Marion.

      Als Oskar Wichmann seinen schweißtriefenden Fuchs zur Mittagszeit zurückbrachte, stand das Grauschimmelpaar in der Box, und Arnold fütterte es.

      Alle Überlegung und aller Entschluß waren vergeblich gewesen. Wichmann floh nicht.

      Als er eines Nachmittags im hereinsinkenden Nebel das Heim der Familie Casparius besuchte und einen dünnen Kaffee zu fettem Streuselkuchen trank, beneidete er den beleibten Kollegen mit glühendem Wunsch um seine kleine strickende Frau, um das altmodische Sofa, das so bequem war, und um die schreienden Drillinge. Von alledem war Wichmann ausgeschlossen. Er mußte hinübersehen, des Morgens, des Abends und manchmal des Nachts zu jenem Zaubergarten hinter dem Ahornbaum. Er mußte aus Träumen aufschrecken und Kollegen und Arbeit vernachlässigen. Was wußten die Philister davon? Seine Phantasie hatte ihm ein gefährlicheres Leben geschaffen, das sie nicht kannten und das er nicht mehr zu missen vermochte.

      Alphonse …

      Marion war traurig gewesen.

      Als Oskar Wichmann an einem Morgen die gedruckte Einladungskarte zum »jour fix« erhielt, auf die er lange gewartet hatte, war seine Furcht vor sich selbst größer als seine freudige Erwartung. Aber die Lockung siegte.

      Der frühere Dienstschluß am Donnerstag erlaubte Oskar Wichmann, sein Amtszimmer schon um sechzehn Uhr zu verlassen. Er lief im Korridor Fräulein Hüsch in die Arme, die im Pelzmantel, mit schiefgesetzter Kappe aus der Bücherei kam und eben den zweiten der gefütterten Handschuhe anzog. Das Blitzen des Brillanten verschwand unter der braunen Hülle.

      »Herr Wichmann! Hören Sie … wo laufen Sie denn hin? Wollen Sie sich erst umziehen?«

      »Wieso umziehen?«

      »Tun Sie doch nicht so. Sie ham doch auch die Einladung?«

      »Was für eine?«

      »Übermäßiges Zieren verrät schlechtes Gewissen. Korts und Casparius kommen auch. Wir überfallen Sie jetzt in Ihrer Bude, und dann gehen wir alle zusammen.«

      »Ich hatte nicht die Absicht, heute gleich loszustolpern. Es kann ja ebensogut noch an einem der folgenden Donnerstage sein.«

      »Aha! Der Groschen ist gefallen. Recht ham Sie. Aber der Korts will durchaus gehn, weil er gehört hat, daß ich geh’. Sie ham übrigens recht, er ist eifersüchtig, hi-hä … und den Casparius schiebt er vor, damit es nicht so aussieht, als ob bloß er … und so kommt die Herde zusammen!«

      »Wenn es Ihnen nicht paßt, Gnädigste, als Massenerscheinung aufzutreten, so wickeln Sie den Faden einfach wieder ab. Sagen Sie, Sie gehn doch nicht, dann bleibt Korts weg, und Kaspar macht sich nicht allein auf den Weg.«

      »Ham Sie eine Ahnung. Wenn ein Stier im Laufen ist, hält ihn so leicht nicht wieder etwas auf. Er ist ja schon weg, um sich umzuziehen, und Casparius auch, und ich hab’ gesagt, wir treffen uns ganz einfach bei Ihnen. Wenn Sie uns nie einladen, Sie Geheimniskrämer, müssen wir eben mal mit Gewalt in Ihr geheimrätliches Asyl einbrechen!«

      »Der Überfall freut mich natürlich sehr, gnädiges Fräulein, ich habe nur leider gar nichts vorbereitet und nichts anzubieten.«

      »Eine Tasse Tee wird’s schon geben. Ein paar Käsestangen helf ’ ich Ihnen auch noch einkaufen. Im übrigen wollen wir uns den Appetit nicht verderben für die Grevenhagenschen Platten. Sind Sie bös?«

      Die Augen spielten, während die Wangen sich im scharfen Luftzug röteten. Man ging mit vorgeneigtem Kopf, die Hand am Hut, über den Königsplatz, auf dem der Wind den Schnee verstäubte.

      »Ich überlasse mich Ihrer Initiative, Gnädigste. Kaufen Sie ein und erlauben Sie mir, das Paket zu tragen. Den Tee werden wir schon bekommen.«

      Martha versuchte ihre Überraschung zu beherrschen, als Wichmann mit einer Dame die geheimrätliche Wohnung betrat. Sie half Fräulein Hüsch aus dem Pelz. Ein myrtengrünes Georgettekleid mit langen, durchsichtigen Ärmeln kam zutage; ein kleines, kostbares Schmuckstück zierte den vollen Hals. Die Toilette vor dem Spiegel mit Kamm und Puder nahm mehr Rücksicht auf die sachlichen Erfordernisse der Schönheit als auf die subjektiven Gefühle Wartender. Wichmann flüsterte Martha etwas von drei überraschenden Gästen und einer Kanne Tee zu. Bei dem Begriff »noch zwei Herren« war die Achtung des Mädchens vor dem Mieter der Geheimrätin offenbar in vollem Maße wiederhergestellt.

      Fräulein Hüsch trat in Wichmanns Zimmer ein. Sie blieb stehen und schaute sich ungeniert um, rückte den Armstuhl und den kleinen Tisch ein wenig anders, gruppierte Kissen auf der Couch und brachte eine Vase zum Verschwinden. Wichmann gestand vor sich selbst ein, daß das Mädchen in diesem allem recht hatte. Es schien Dinge zu geben, in denen ihre Hand geschickter war als im Ordnen juristischer Kommentare.

      Martha brachte Decke und Tassen. Der Rauchtisch wurde zum Teetisch umdekoriert, und Fräulein Hüsch ließ sich auf der Couch nieder. Sie schlug die Beine übereinander, die Seidenstrümpfe glänzten, der Rücken versank in weiche Kissen, und sie nahm dankend Zigarette und Feuer von dem in sein Schicksal ergebenen Kavalier.

      »Ganz nett ham Sie’s hier. Aber das Bild würd’ ich weghängen. Immerzu die Leiche zum Anschauen?«

      Wichmann betrachtete die gescholtene Ölkopie der Rembrandtschen Anatomie, die über seiner Couch hing.

      »Memento mori, Gnädigste.«

      »Nein, furchtbar! An so was denkt man besser nicht. Überhaupt … lauter Männer mit Hüten. Aber ich brauch’ es ja nicht anzuschauen. Durchs Fenster haben Sie einen hübschen Blick.«

      Wichmann stand an den Scheiben und sah auf die Straße hinunter. Korts und Casparius kamen eben von der Parkseite in die Kreuderstraße herein, im steifen Hut und guten Überzieher. Casparius war keine üble Figur, wenn er sich gut anzog. Der ungesehen Beobachtende wartete, ob die beiden Fußgänger ihre Schritte seinem Hause zulenken würden, aber sie schienen nicht dergleichen zu beabsichtigen, sondern unmittelbar der Kreuderstraße 3 zuzustreben. Wichmann mißfiel die Aussicht, dem Fräulein Hüsch allein ausgeliefert zu sein; er öffnete das Fenster und pfiff, und als die Kollegen heraufschauten, winkte er.

      Korts wurde wieder einmal rot, Casparius lachte, dann folgten die beiden dem Zeichen und kamen.

      »Wir haben das nicht ernst genommen«, СКАЧАТЬ