Название: Babaji - Pforte zum Licht
Автор: Gertraud Reichel
Издательство: Автор
Жанр: Эзотерика
isbn: 9783945574751
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Einmal noch, nach drei Jahren Lehrzeit, überkam mich das Gefühl des "Haben-Wollens", obwohl ich meinte, davon nach dem letzten Erlebnis endgültig geheilt zu sein. Es war auf einer Reise durch Südindien.
Wir befanden uns in Baroda, im Staate Gujarat. Babaji hatte in den kühlen Nachmittagsstunden im Garten eines Schülers auf einer Hollywood-Schaukel Platz genommen. Sanft schwang sie hin und her. Viele Menschen saßen auf dem kurzgeschnittenen, saftig grünen Rasen. Einer nach dem anderen ging vor zu ihm, verneigte sich und überreichte kleine Gaben. Ich saß in der Menge und schaute dem bunten Treiben zu. Beim Arti wurde Babaji ein goldfarbener Sari um den Kopf und die Schultern gelegt. Beim Anblick des Saris, dessen Farbe mir so gut gefiel, obwohl sie für europäische Begriffe recht grell war, rasten mir plötzlich wie wild Gedanken durch den Kopf: Gelb ... die Farbe der Weisheit... wer bekommt wohl den Sari? Ob er ihn mir schenkt? ... Trotz größter Anstrengung konnte ich den Gedankenfluss nicht unterbrechen .... Ich will ja keinen Sari, dennoch, er ist so schön... Ob er ihn mir schenkt?
Plötzlich hörte ich meinen Namen. Babaji rief mich. Mir wurde ganz heiß vor Scham, als ich aufstand, um zu ihm zu gehen. Ich ahnte, weshalb er mich gerufen hatte. Als ich verlegen vor ihm stand, riss er den Sari mit einem Handgriff von den Schultern und warf ihn mir mit einer heftigen Gebärde in den Arm. Ich hätte im Boden versinken mögen, verstand ich doch diese Geste, mit der er mir sagte:
"Gebe ich dir nicht genug? Bekommst du nicht alles von mir, was du willst? Warum musst du dich an materielle Dinge hängen? Wann wirst du deine Lektion gelernt haben?!"
Wie ich auf meinen Platz zurückkam, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich wochenlang zögerte, den Sari anzuziehen.
Natürlich hat mich Babaji im Anschluss immer wieder geprüft und mich in Versuchung geführt. Er zeigte mir Schmuckstücke und fragte, ob sie echt sein. Jedesmal ging ich dann in mich, um meine Regungen zu überprüfen, doch es regte sich keine Begierde. An Äußerlichkeiten hatte ich jegliches Interesse verloren. Das hinderte Babaji nicht daran, mir eines Tages die Schmuckstücke, die ich begutachtet hatte, zu schenken, sozusagen als Preis für die bestandene Prüfung.
***
Dem Arti folgte ein Yagna. Auf der geräumigen Dachterrasse, auf der leicht zweihundert Menschen Platz hatten, war eine viereckige, rot, mit Lehm ausgekleidete Yagna-Grube gemauert worden. Leichtfüßig wie eine Gazelle sprang Babaji nach dem Arti behend die Stufen zur Terrasse empor und ließ diejenigen, die ihn umringt hatten, überrascht zurück. Im Nu saß er an seinem Platz an der Feuergrube, - flüchtig hatte er mir im Vorbeieilen ein "Komm" zugeflüstert - und gab kurz hier und da eine Anweisung. Die Gastgeberin hatte zu seiner linken Seite Platz genommen, andere Frauen in ihren bunten Saris umringten ihn stehend. Sie legten Babaji die Fingerspitzen auf den Rücken, auf die Schulter, um - da sie nicht selbst die Gaben ins Feuer warfen - auf diese Weise am Yagna teilzuhaben. Rund um die Grube saßen die Männer des Hauses und andere. Sri Muniraji war wie üblich an Babajis rechter Seite und Shastriji rezitierte stehend Mantren aus den Heiligen Schriften. Hell loderten die Flammen auf und züngelten Babaji entgegen, während er flüssiges Butterfett ins Feuer gab. Still war es, man hörte nur das Knistern des Feuers und die Stimmen der Opfernden. Alle konzentrierten sich nach innen, unhörbare Gebete stiegen in den Himmel und erflehten den Segen der Himmelsmächte. Hinter Babaji stehend, versuchte ich das Yagna innerlich nachzuvollziehen und bat darum, von den Flammen gereinigt zu werden, mehr und mehr wollte ich aufnahmefähig sein für das Göttliche. Die Einheit zu erfahren, ganz in ihr aufzugehen, war mein Ziel. Babaji repräsentierte für mich diese allumfassende, unbegrenzte Einheit. Eine grenzenlose Sehnsucht erfasste mein ganzes Sein.
Tief versunken in diese Gedanken bemerkte ich nur am Rande, dass Babaji nach der Beendigung des Yagnas aufgestanden war und über die Brüstung der Terrasse schaute. Jäh wurde ich aufgeschreckt. Jemand hatte mich angetippt. Ich glaubte, ich solle den Weg freimachen für Babaji. Da jedoch genügend Platz vorhanden war, zuckte ich nur mit den Achseln. Wieder wurde ich angestoßen, diesmal unmissverständlich. Was wollte man von mir? Ich blickte auf und begegnete den schelmischen Augen Babajis, der zu mir herüber nickte. Als ich vor ihm stand, drückte er mir den Sari, den er kurz vor dem Yagna erhalten und um den Hals gelegt hatte, in den Arm. Ungläubiges Erstaunen erfüllte mich.
"Für mich?"
Als ich dann seine Füße leicht mit den Händen berührte, wurde ich von einem Schluchzen geschüttelt. Babaji hatte seinen Fuß auf meine Hand gestellt. Er ließ mich nicht los und die Sehnsucht, die ich innerlich so stark gespürt hatte, floss wie ein Strom in ihn hinein. Als ich mich endlich aufrichteten konnte, zeigte Babaji auf das Ende des fünf Meter langen Saris, das auf dem Boden lag.
"Deins", sagte er. Ich hob den Stoff auf.
"Deins", wiederholte er und deutete lächelnd auf das andere Ende des Saris. Unter Lachen, während mir die Tränen über das Gesicht kullerten, hob ich auch das zweite Ende auf... Schweigend standen wir noch ein Weilchen beieinander; die anderen, die zuschauten, bemerkte ich nicht.
Welch kostbares Geschenk hatte Babaji mir soeben gemacht. Es war nicht der Shri, er war nur Mittel zum Zweck, um mir sein Versprechen zu verdeutlichen, das besagte: "Vieles werde ich dir schenken, so viel inneren Reichtum, dass du nicht alles auf einmal mit beiden Händen fassen kannst. Richte deinen Blick nur immer auf das Beständige, auf das Göttliche!"
Das Yagna lief noch einmal vor meinem geistigen Auge ab. Jeden Tag, insgesamt zwölf Mal, würde er hier oben ein Havan zelebrieren. Ist es Zufall oder keiner - denn Zufälle gibt es im Geistigen nicht -, dass sich in diesem zehnstöckigen Hause, in dem er täglich ein Yagna zelebrierte, ein Versuchslabor der indischen Regierung für Atomenergie befand? Während der letzten Jahre hatte Babaji immer wieder von der kommenden, allumfassenden Zerstörung gesprochen, die auch von Atombomben hervorgerufen werden würde. An einem der Tage war Babaji in das Labor geführt worden, hatte ein Stück Uran, das von den Wissenschaftlern nur unter ganz bestimmten Schutzvorkehrungen bewegt wurde, in die bloße Hand genommen und hatte damit mehrmals den Raum durchquert. Wollte er durch diesen ungewöhnlichen Akt die Auswirkungen der Radioaktivität günstig beeinflussen?
Babaji trat von der Brüstung zurück und setzte sich ein Weilchen auf die Hollywood-Schaukel, die sich auf der Terrasse befand. Später würde er einzelne Schüler besuchen oder einen Ausflug an spirituelle Orte machen. Jeder, der einen Platz in den bereitstehenden Autos bekam, konnte mitfahren. Heute war ein Ausflug nach Dakineshwar geplant und nach Daknath. Dakineshwar ist ein ganzer Tempelkomplex, direkt am Ganges gelegen. Hier lebte Ramakrishna vor einhundert Jahren. Dieser, für seine religiöse Toleranz auf der ganzen Welt bekannte, Heilige starb 1886. Wie auch Babaji, lehrte er die Einheit aller Religionen, aller Menschen, gleich welcher Farbe, welchen Glaubens und welcher Nationalität.
Dorthin ging die Fahrt durch übervölkerte Straßen, vorbei an Wasserverkäufern, wiederkäuenden Kühen, eleganten Geschäften an breiten Avenuen, Fahrrädern, geschäftigen Handwerkervierteln, Fahrrad-Rikshas, hupenden, überfüllten Bussen, entlang des Ganges mit seinen lehmigen Fluten und menschenleeren Stränden. Eine wohltuende Stille herrschte im Tempel von Dakineshwar. Babaji sprang leichtfüßig treppauf, treppab die Stufen zu den unzähligen Tempeln hinauf und hinab, verharrte in dem einen länger, in dem anderen kürzer. In Ramakrishnas Zimmer zog Babaji sich in eine Zimmerecke zurück, verharrte im meditativen Schweigen.
Dem Tempelbesuch СКАЧАТЬ