Segnen heilt. Pierre Pradervand
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Название: Segnen heilt

Автор: Pierre Pradervand

Издательство: Автор

Жанр: Эзотерика

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isbn: 9783941435803

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СКАЧАТЬ Schmerz zufügen konnte. Ich war aus politischem Idealismus in dieses Land gekommen, weil es eine »echte« Revolution durchgemacht hatte. Ja, die materiellen Strukturen der Verwaltung, Wirtschaft und Justizbehörden waren zwar umgekrempelt worden, aber das Verhalten des Folterers zeigte mir, dass die Herzen derjenigen, die nun das Land regierten, sich nicht im gleichen Maße geändert hatten. Wie mir klar wurde, bedarf es einer inneren Umwandlung, um echte Veränderung zu bewirken.

      Das war der Anfang meiner lebenslangen Reflexionen, aus denen viele Jahre später dieses Buch wurde. Ohne einen kurzen Satz, den Dr. Gerald G. Jampolsky, der Gründer des international bekannten Center for Attitudinal Healing in Tiburon, Kalifornien und Autor von Die Kunst zu vergeben und Lieben heißt die Angst verlieren, geäußert hat, wäre es nie geschrieben worden. Es war der erste Satz einer Vorlesung, die er gemeinsam mit seiner Frau, der Ärztin Diane Cirincione, Anfang der Neunziger an der Universität von Genf gab: »Jedes Mal, wenn ich in mein Zentrum gehe, tue ich es, um mich selber zu heilen.« Dadurch wurde mir klar, dass wir kein Meister sein müssen, um anderen zu helfen, und dass es immer etwas gibt, was wir anderen schenken und mit ihnen teilen können, egal wie bescheiden unsere Leistungen auch sein mögen.

      Eine weitere Idee, die mir den Mut für dieses Projekt gab, war der berühmte Spruch, dass wir das lehren, was wir am meisten lernen müssen. Ich schreibe dieses Buch als Lehrling auf dem Weg des Segnens, und ich lerne auf diesem Gebiet täglich dazu.

      Wie meine Arbeit mir gezeigt hat, fangen Arbeitslose dann an, wirklich zuzuhören, wenn sie herausfinden, dass der, der mit ihnen spricht, selbst von Arbeitslosigkeit betroffen war. Wir können uns leichter mit jemandem identifizieren, der sich wie wir abstrampelt, und dieses Bewusstsein war der letzte Auslöser für dieses Buch. Da ich lange selber arbeitslos war, ohne Arbeitslosengeld zu bekommen, wurde ich für sie viel glaubwürdiger als jemand, der aus der reinen Theorie heraus mit ihnen gesprochen hätte. Deshalb hoffe ich, verehrte Leser, Sie können dieses Buch als das Werk eines Lehrlings annehmen, der es mit anderen Lehrlingen geteilt hat – ganz im Sinne des großen persischen Sufi-Schriftstellers Farid ud-Din Attar, der das Gedicht »Mantic Uttair« geschrieben hat. Attar beschreibt einen Schwarm Vögel, die beschließen, ihren König, den Simorg, zu suchen. Nach zahlreichen Abenteuern treffen sie sich wieder und stellen sich in einem Kreis auf. Sie sehen einander an und stellen fest, dass sie der Simorg sind. Der König steckt in jedem von ihnen. Das Königreich ist in uns allen vorhanden.

      Wie überflüssig ist es doch, davon zu sprechen, wir sollen unsere Spiritualität im Alltag leben! Denn entweder wird Spiritualität im täglichen Leben, in den trivialsten Situationen – im Büro, in der Fabrik, bei der Gartenpflege oder der Autowäsche, im Geschäft oder in der Ehe, beim Geschirrspülen, in Freude und in Leid – gelebt, oder aber sie hat keine Existenzberechtigung. Wenn der spirituelle Weg nicht im Alltag gegangen wird, wann soll er dann gegangen werden? Ashrams im Himalaja und Klöster in der Toskana mögen zwar die spirituelle Suche fördern, doch das sind nicht die Orte, an denen die Mehrheit von uns sich im Alltag aufhält. Der Rabbiner Hillel soll gesagt haben: »Wenn nicht ihr, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?«

      Verlockend am spirituellen Weg ist, wie der amerikanische spirituelle Lehrer Ram Dass betont, »dass alles Wasser auf die Mühle ist«. Absolut alles – ein Verkehrsstau, eine Krankheit, ein Diebstahl, ein lauter Nachbar, ein platter Reifen – wird zur Chance, daran zu lernen, zu entdecken, sich weiterzuentwickeln, zu bereuen, sich zu erfreuen, zu enthüllen, zu erwachen, mehr zu lieben und sich zu wundern. Das kleinste Lebensdetail, jede einzelne Begegnung – ob mit einem Heiligen oder einem Heilbutt – kann zärtliches Interesse wecken und Verzauberung ausstrahlen. Das ist das wirklich Aufregende am spirituellen Weg, seine Schönheit, Tiefe, Freude und ja, auch sein Unterhaltungswert. Jedes einzelne Erlebnis im Leben kann zur Gelegenheit werden, im Stillen »Ja, ich danke dir« zu sagen.

      Wenn Sie Ihren spirituellen Weg nicht in der U-Bahn, mitten in einer Schlägerei auf der Straße, bei einer großen Herausforderung oder auch beim Tennis oder Baseballspiel gehen können, dann sollten Sie sich fragen, ob er wirklich was bringt. Dieses Buch wird Ihnen außerdem zeigen, dass Spiritualität keine Vorstellung ist, die sich abstrakt diskutieren lässt, sondern eine transformierende Kraft, die nur dann von Bedeutung ist, wenn sie täglich gelebt wird.

      Der französische Schriftsteller Georges Bernanos hat gesagt: »Eine der größten Schanden der Menschheit war es, etwas so Kostbares und Subtiles wie unsere Gedanken etwas so Unsicherem und Biegsamem wie Wörtern anzuvertrauen.« Ein Buch, das über Spiritualität und Transzendenz spricht, muss Wörter wie Schicksal, Gott, Schöpfer und so weiter verwenden. Der Begriff Gott zum Beispiel ist nur ein Wort, das wahrscheinlich genauso vielen Vorstellungen entspricht, wie es Menschen gibt. Für mich gibt es unveränderliche spirituelle Gesetze, die das Universum regieren. Diese Gesetze entspringen einem bedingungslos liebevollen Prinzip der Harmonie. Manchen wird es leichter fallen, das Prinzip Gott zu nennen, während dieser Begriff andere vielleicht abstößt. Wir wollen uns nicht in Wörter verrennen, sondern sie als Sprungbretter nutzen, um uns dem näherzubringen, was sich nicht in Worte fassen lässt. Wenn ich in diesem Buch einen Begriff wie LIEBE in Großbuchstaben verwende, dann meine ich damit das regelnde göttliche Prinzip oder Gott.

      Das vorliegende Buch beschreibt eine pragmatische, religionslose und universale Anwendung der sanften Kunst des Segnens. Wenn gewisse Begriffe Sie stören, schaffen Sie doch einfach Ihre eigenen Ausdrücke dafür, wie zum Beispiel universale Lebenskraft, grenzenloses Gesetz der Harmonie oder einen anderen Begriff, der für Sie »stimmig« ist. Das Wunderbare am Segnen ist, dass selbst Atheisten es ausführen können! Eine sehr gute Freundin, die ich seit über vierzig Jahren kenne und die sich am Anfang einer meiner Workshops über Spiritualität als kommunistische Atheistin bezeichnete, hat mir gesagt: »Jedes Mal, wenn du das Wort Gott verwendet hast, habe ich mir Leben gedacht, und dann war alles in Ordnung.« So konnte sie frei an diesem Buch über das Segnen teilhaben.

      Gandhi hat Gott einmal mit einer Bergspitze verglichen. Jeder von uns gelangt über einen anderen Weg dorthin. Manche Pfade sind gerader als andere. Doch über kurz oder lang erreichen wir alle diesen Punkt. (Und für manche ist das dort das Hier und Jetzt.) Wie der Rabbiner Francois Garai der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Genf einst sehr humorvoll beschrieben hat, »hat jeder seinen eigenen Weg, um die Existenz Gottes zu erkennen. Lasst uns diesen Weg nicht generalisieren, und möge Gott uns vor allen spirituellen Klonen bewahren!«

      In Patton Boyles Buch Screaming Hawk sagt sein fiktiver indianischer Lehrmeister Flying Eagle zu ihm: »Die Wahrheit liegt in der Stille zwischen den Wörtern. Sie wird mit dem Herzen erfasst und erlebt.« Ich hoffe, Sie als Leser dieses Buches werden genau das versuchen – mit dem Herzen auf die Stille zwischen den Wörtern zu lauschen. Hören Sie auf den Widerhall, den die Wörter in Ihnen auslösen. Bitte stolpern Sie nicht über die unsicheren plastischen Wortsymbole. Noch einmal: Keine Wahrheit lässt sich angemessen in Worte fassen. Selbst die tiefgründigsten spirituellen Schriften der Menschheit oder die eindeutigsten Erklärungen der Wissenschaft können die Wahrheit nicht enthalten. Sie können höchstens Indikatoren dafür sein. Gandhi hat gesagt: »Mein Leben ist meine Botschaft.« Jesus hat gesagt, dass derjenige, der die Wahrheit lebt, ans Licht gelangt – nicht die, die sie predigen oder darüber schreiben!

      Eine weitere Unterscheidung zwischen Spiritualität und Religion ist unverzichtbar. Der Begriff Spiritualität, der sich aus dem lateinischen Wort spiritus (»Atem«) ableitet, bezieht sich auf die persönliche Erfahrung eines Individuums mit dem Göttlichen, mit seinem oder ihrem spirituellen Weg. Religion hingegen bezieht sich gewöhnlich auf eine kollektive Gruppenerfahrung, ein organisiertes Glaubenssystem, das durch das Medium einer bestimmten Institution oder Struktur erlebt wird. Ein Mensch kann ein leidenschaftlicher Verfechter einer bestimmten Religion und zugleich ohne jede echte Spiritualität sein, die sich durch Eigenschaften wie zum Beispiel Mitgefühl und Lebensfreude, Vergebung und Inspiration auszeichnet. Und ein anderer kann sein Leben lang ein Freidenker sein, ein Agnostiker oder sogar ein Atheist und trotzdem die СКАЧАТЬ