Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens. Группа авторов
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СКАЧАТЬ Auswahl charakteristischer einheimischer chinesischer Weinsorten, die auf Grund ihres Namens teilweise auch auf ihr Verbreitungsgebiet hinweisen:

Vitis bashanica Vitis ruyuanensis
Vitis chunganensis Vitis shenxiensis
Vitis fengqinensis Vitis wenchouensis
Vitis hui Vitis wuhanensis
Vitis jinggangensis Vitis xunyangensis
Vitis longquanensis Vitis yenshannensis
Vitis luochengensis Vitis yunnanensis
Vitis menghaiensis Vitis zhejiang-adstricta
Vitis mengziensis Vitis amurensis

      Der Wissenstransfer entlang der Seidenstraße

      Im Westen des eurasischen Kontinents wurden die ältesten, etwa 6.000 – 8.000 Jahre alten Spuren der Herstellung von Traubenwein in Nordwest-Iran und im Kaukasus, im heutigen Georgien und Armenien, nachgewiesen. Diese und weitere erst in jüngerer Zeit erschlossene Fundorte reichen vom Vorderen Orient über Zentralasien bis ins ferne China und zeigen erstaunliche Parallelen in der Produktion und Verwendung alkoholischer Getränke. Neuere archäologische Forschungsergebnisse und auch genetische Analysen deuten darauf hin, dass bereits in der Steinzeit Menschen auf dem gesamten eurasischen Kontinent weite Entfernungen zurücklegten. In den prähistorischen und bronzezeitlichen Jahrtausenden bildete sich ein weitgespanntes west-östliches Netzwerk heraus, das seit dem 19. Jh. als Seidenstraße apostrophiert wird, und welches dem geistigen und materiellen Austausch zwischen einer beispiellosen Vielfalt von Völkern und Kulturen, Religionen und Weltanschauungen, Sprachen und Schriften über enorme geographische und zeitliche Dimensionen hinweg diente. Für die Verbreitung zivilisatorischer Errungenschaften über ganz Eurasien finden sich viele Beispiele, wie etwa die Kultivierung von Getreide und anderen Nutzpflanzen, Keramik- und Bronzekunst, Domestizierung von Tieren, Nutzung von Rad und Wagen, Kriegsführung und Waffentechnik, Fertigung von Textilien und Schmuck usw.

      Obgleich es hierzu noch relativ wenige Forschungsresultate gibt, deuten immer mehr Fakten darauf hin, dass die Entdeckung und Nutzung der Fermentation und die Produktion alkoholischer Getränke bei diesem Wissensaustausch keine Ausnahme bilden. Die sog. Eurasische Hypothese geht von der Prämisse eines kulturwissenschaftlichen Diffusionismus auf der Grundlage von Kulturkontakten und -austausch aus. Im engeren Kontext unserer Fragestellung konzentriert sie sich auf die synchrone Entwicklung von Fermentationstechniken und -knowhow sowie überhaupt auf das damit zusammenhängende Entstehen einer »geistigen« Wein- und Alkoholkultur. Diese Hypothese ist eine Herausforderung für das seit jeher tradierte, allseits präsente Stereotyp der Entstehung der Weinkultur in Nahost und ihrer Verbreitung von dort aus über den Mittelmeerraum und Europa.

      Entsprechende Entdeckungen besonders im Kaukasus und im Nahen Osten offenbaren schon seit längerem, dass die Herstellung von Traubenwein eng verstrickt ist mit dem Entstehen der frühesten Kulturen.

      Die Ausgrabungen von Jiahu

      Die Einzigartigkeit der noch längst nicht abgeschlossenen Ausgrabungen von Jiahu im Osten des eurasischen Kontinents besteht darin, dass sie schon jetzt in prototypischer Weise einen relativ umfassenden Einblick in die Uranfänge menschlicher Zivilisation und ihre vielfältigen Wirkfaktoren und Zusammenhänge erlauben. Außer der eingangs erwähnten Feststellung des ältesten fermentierten Getränks traten weitere Superlative zu Tage. Beeindruckend sind die außerordentlich frühen Töpfereien und die große Fülle an bereits erstaunlich kunstvoll gestalteten Keramikgefäßen. Diese dienten nicht nur zur Aufbewahrung von Lebensmitteln und zum Kochen (Dreifußkessel), sondern v.a. auch der Produktion, Lagerung und dem Konsum alkoholischer Getränke. Hierzu gehören amphorenartige, bauchige Krüge und karaffenförmige Gefäße mit engem Hals und teils auch mit Keramikstöpseln, die in späteren Epochen in nahezu identischer Gestalt erwiesenermaßen für den Alkoholkonsum genutzt wurden (Abb. 2). Sie wurden auch als Beigaben in den zahlreichen Gräbern gefunden und ähneln den Beisetzungsritualen Jahrtausende später, die den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod in der Ahnen- und Götterwelt widerspiegeln. Dass dabei magische Kulte im Mittelpunkt standen, zeigen die Funde von bisher über 30, aus Flügelknochen des rotgekrönten Mandschurenkranichs geschnitzten Flöten, den ältesten Musikinstrumenten Chinas (Abb. 3), sowie von zahlreichen Schildkrötenpanzern, die mit Kieselsteinen gefüllt und als rituelle Rasseln verwendet wurden. Der rotgekrönte Mandschurenkranich (Grus japonensis, chinesisch: dandinghe) spielt seit jeher in Kunst und Mythos Chinas und Japans eine zentrale symbolische Rolle. Diese Kranichart ist auch für den eigenartigsten und komplexesten Balztanz bekannt. Somit liegt die Vermutung nahe, dass Kraniche bereits bei den Jiahu-Siedlern als heiliges Tier verehrt wurden. Der Balztanz sowie die Musik auf den Knochenflöten dürften damit in enger Beziehung zu den Zeremonien von Schamanen gestanden haben, in deren Gräbern die Flöten gefunden wurden. Es ist anzunehmen, dass diese Instrumente von den Schamanen in Verbindung mit dem Konsum bewusstseinserweiternder Getränke und beschwörenden Tänzen eingesetzt wurden, um die Verbindung zum Jenseits herzustellen.

      Abb. 2: In Jiahu gefundene Keramikgefäße (Archäologisches Institut, Henan, Zhengzhou).

      Abb. 3: Die ältesten Musikinstrumente Chinas: Knochenflöten von Jiahu (Archäologisches Institut, Henan, Zhengzhou).

      Zu den länger kaum beachteten Errungenschaften der Jiahu-Kultur gehören auf Schildkrötenpanzer und Knochen eingravierte Symbole, die nach heutigem weitgehendem Konsens eine Urform der chinesischen Schriftzeichen erkennen lassen. Schildkrötenpanzer und Knochen wurden 5.000 Jahre später während der Shang-Periode (16. – 11. Jh. v. Chr.) – nur wenig nördlich von Jiahu – in beträchtlichen Mengen für die Orakelbefragung und für die Aufzeichnung der ältesten chinesischen Texte verwendet. Nicht zufällig entfaltete sich ab der Shang-Zeit die komplexeste Alkoholkultur der Menschheit in Verbindung mit beispiellos aufwändigen Gemeinschafts-, Götter-, Ahnen- und Begräbniskulten. Des Weiteren verraten die Ausgrabungen von Jiahu, dass hier die Domestizierung von Hunden und Schweinen begann, wobei es bezüglich letzterer wohl der älteste Fundort der Welt ist. Überdies sind hier die ersten Ansätze der Kultivierung von Reis (Oryza sativa) nachweisbar, der allerdings eine nur sehr untergeordnete Rolle bei der Ernährung spielte und zunächst wohl in erster Linie als Stärkelieferant für die Herstellung des »Jiahu-Cocktails« diente. Schließlich belegen Reste von Behausungen und zahlreiche Funde von Stein- und Knochenwerkzeugen die ersten Anfänge von Ansiedlung und landwirtschaftlicher Arbeit, neben den nach wie vor den Alltag bestimmenden Tätigkeiten des Sammelns, der Fischerei und der Jagd. Nicht zuletzt beweist die Entdeckung karbonisierter Traubenkerne – in der Provinz Henan kommen heute noch mindestens 17 einheimische Wildreben vor –, dass Weintrauben im sozialen, rituellen und kreativen Leben СКАЧАТЬ