Название: Hannah von Bredow
Автор: Reiner Möckelmann
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806237443
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Der Dank des Verfassers gilt Leopold Bill von Bredow für den umfassenden Einblick in dem Nachlass seiner Mutter und die wertvollen Erläuterungen, Michael K. Bahr und Dr. Romedio Graf von Thun-Hohenstein für hilfreiche Auskünfte, Dokumente und Fotos, sowie Dr. Gabriele von Halem, Cornelia Jobst, Dr. Wolf Preuss und Erich Riedler für die kritische Durchsicht des Manuskripts.
Reiner Möckelmann
Berlin, Dezember 2017
Herbert Fürst von Bismarck und Ehefrau Marguerite Gräfin Hoyos Freiin von Stichsenstein 1892
Hannah von Bredow zur Weihnachtsfeier 1915 in Friedrichsruh
Hochzeit von Hannah Leopoldine Alice Gräfin von Bismarck-Schönhausen mit Rittmeister Leopold Waldemar von Bredow am 15. März 1915 in Friedrichsruh
Kindheit und Jugend im goldenen Zeitalter
„Sie loben freundlicherweise mein Wissen, das nicht mein Verdienst ist; ich verdanke es der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin, den Gesprächen, die ich angehört habe, den Menschen, die in Schönhausen und Friedrichsruh aus- und eingingen.“
(Hannah von Bredow an Sydney Jessen, Nr. 193, Potsdam, den 29. Dezember 1932)
Hannah von Bredow kam als erstes Kind ihrer Eltern Herbert Fürst von Bismarck und seiner Frau Marguerite, geb. Gräfin Hoyos, am 22. November 1893 in Schönhausen im Elbe-Havel-Land zur Welt. Zur Enttäuschung der Eltern war sie als erstes Kind nicht der sehnlichst erwünschte männliche Stammhalter, wie Mutter Marguerite später gestand: „Bevor Du geboren wurdest, hatte ich die felsenfeste Überzeugung, dass Du nur ein Sohn sein könntest, und von der ersten Stunde der Gewissheit über meinen Zustand an bis zum Moment Deiner Geburt habe ich nichts weiter getan, als Dich mit Papa zu identifizieren. Ich las nur Bismarckiana und Carlyle.1 Ich zwang mich dazu, alle Zeitungen zu verfolgen, ich sah Dich als Held, Führer, als Staatsmann vom Format Deines Großvaters, und ich aß Unmengen von Kartoffeln, weil ich das ein männliches Gemüse fand. Wir nannten Dich nur Otto, wenn wir von Dir sprachen und dann kam der unvergessliche Bußtag, an dem Du alle unsere Berechnungen über den Haufen warfst.“
Der ebenfalls im Schloss Schönhausen geborene und mittlerweile auf dem Alterssitz in Friedrichsruh lebende Großvater Otto Fürst von Bismarck zeigte sich im Jahre 1893 nachsichtiger – sein Sohn Herbert, Hannahs Vater, war ebenfalls nicht der Erstgeborene seiner drei Kinder.
Herbert von Bismarck hatte die 22 Jahre jüngere Marguerite Gräfin Hoyos, die aus dem seinerzeit habsburgischen Fiume stammte, im Juni 1892 geheiratet. Er war bei der Eheschließung bereits 43 Jahre alt. Elf Jahre hatte er benötigt, um über die im Jahre 1881 beendete zweijährige Liaison mit der Fürstin Elisabeth Carolath, geb. Gräfin Hatzfeld-Trachenberg, hinwegzukommen. Vater Otto hatte seinen Sohn, der als Botschaftsrat in London wirkte, mit ultimativen Forderungen von seinen Heiratsplänen mit der zehn Jahre älteren, geschiedenen und zudem katholischen Fürstin abbringen müssen. Die „Affäre Elisabeth“ belastete Herbert von Bismarcks Ehefrau Marguerite lebenslang.
Kennengelernt hatten sich Hannahs Eltern Ende 1887 anlässlich einer Verlobung in Berlin. Marguerite lebte, 16-jährig, noch in Fiume, wo ihr Vater, zusammen mit seinem Schwiegervater Robert Whitehead, dem englischen Erfinder des Torpedos, Teilhaber der Firma Fiume Whitehead & Co war. Sie war sofort von Herbert von Bismarck eingenommen und schilderte ihrer Tochter die erste Begegnung: „Er hatte etwas sehr Warmes und Herzliches in seiner Art, seine Stimme war mächtig, sein Lachen von einer Herzlichkeit, die einen wärmte. Er erschien mir als eine überwältigende Persönlichkeit, absolut der Mittelpunkt jeder Gesellschaft.“ Die Ehe war harmonisch und glücklich, währte aber nur bis zum 18. September 1904, dem Todestag von Herbert von Bismarck.
Hannah von Bredow liebte und bewunderte ihren Vater, auch wenn er später in Friedrichsruh gegen Depressionen und den Alkohol zu kämpfen hatte, aufbrausend und jähzornig sein konnte und die Kinder bisweilen schlug. Sie wusste sich ihm eng verbunden: „Da die Gedankengänge, die Einstellung zu den Menschen, die Auffassung über all die ganz wichtigen Sachen im Leben sich vollkommen deckten, so deckten, dass ich schon als ganz kleines Kind genau wusste, wie er auf gewisse Sachen reagieren würde, ist es unmöglich zu verheimlichen, dass diese Erfassung aller Schattierungen aus Ähnlichkeiten stammt.“ Nur bis zu ihrem elften Lebensjahr erlebte Hannah ihren Vater. Sein unerwarteter Tod mit nur 55 Jahren war ihr unbegreiflich: „Er war weg, ausgelöscht, sein herzlich warmes Lachen, seine Witze, sein ganzes sonniges Wesen blieben unersetzlich.“
Im August 1904 hatte ihr Vater Hannah als einzigem Familienmitglied offenbart, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hatte. Ihrem Tagebuch vertraute die elfjährige Hannah am 6. August 1904 an: „Heute bin ich geritten. Heute hat Papa mich nach dem Essen gerufen: Ich werde es Dir sagen. In ein paar Wochen gehe ich von Euch. Ich kann nicht das erleben: Schande, Unehre für Deutschland. […] Oh Gott, Gott, bitte, bitte, bitte nicht.“
Herbert von Bismarck, ein unermüdlicher Verfechter enger deutsch-britischer Beziehungen, musste Anfang April 1904 erleben, dass die Bemühungen Großbritanniens um einen Bündnisvertrag mit dem Deutschen Reich gescheitert waren. England und Frankreich beendeten daraufhin ihre Spannungen mit der „Entente cordiale“, welche später um die Tripelentente mit Russland erweitert wurde. Mit Sorge verfolgte Herbert von Bismarck die deutsche Außenpolitik nach dem Rücktritt seines Vaters im März 1890. In den 1870er-Jahren hatte Herbert als Privatsekretär seines Vaters gewirkt und war 1885 zum Unterstaatssekretär sowie im folgenden Jahr zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts ernannt worden.
Verbittert stellte Herbert von Bismarck im Deutschen Reich politische Leichtfertigkeiten und Versäumnisse fest: Den russischen Antrag auf Verlängerung des Rückversicherungsvertrags wies die Reichsführung wenige Monate nach Otto von Bismarcks erzwungenem Rücktritt im Sommer 1890 zurück. Eine massive antibritische Propaganda des Deutschen Flottenvereins und des Alldeutschen Verbands setzte ein, und die neue Flottenpolitik Wilhelms II. stand ganz im Zeichen des Strebens nach Weltmacht. Bezeichnend war die Äußerung von Reichskanzler Bülow, der 1897 als Außenminister erklärte: „Wir wollen niemanden in den Schatten stellen, aber wir wollen auch einen Platz an der Sonne.“
Die politische Einschätzung ihres Vaters übernahm die 17-jährige Hannah, als sie im Jahre 1911 ihrer Tante Lily von Reventlow-Criminil, geb. Hoyos, in Wien den Inhalt eines Gesprächs mit einem älteren, gräflichen Verehrer bildhaft darstellte: „Wir haben auf den Kaiser und seine Katastrophenpolitik geschimpft, und ich habe dem Grafen gesagt, dass wir in 10 Jahren hier eine ganz nette, ordentliche Revolution mit allem Zubehör haben werden, wenn nicht jemand Bethmann rechtzeitig entlässt, Tirpitz zum Teufel jagt und den edlen Willy nach der Osterinsel zum Studium der Götzenbilder verschickt.“
Hannahs Hoffnungen erfüllten sich nicht: Admiral Alfred von Tirpitz trat erst im März 1916 in den Ruhestand, und Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg wurde nicht eher als im Sommer 1917 zum Rücktritt gezwungen. Die Revolution dagegen kam drei Jahre früher, als Hannah gedacht hatte, und erst dann wurde Wilhelm II. ins holländische Doorn verbannt. Die ehrenvolle und hoch geschätzte Einladung СКАЧАТЬ