Название: Der Kessel der Götter
Автор: Jan Fries
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783944180328
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Fibeln: Nur teure Broschen oder Talismane?
Oben: Eberfibel, Hallein-Dürrnberg, Österreich, 4.–3. Jh. vor unserer Zeit.
Mitte: Fibel in Gestalt eines schwarzen Hahns mit Ornamenten in roter Koralle, Grab der „Fürstin von Reinheim“, Deutschland, 370–320 vor unserer Zeit.
Unten: Fibel, die das Abbild eines Schuhs (eine populäre Talismanform) mit einem Raubvogel kombiniert. Dürrnberg, Österreich, 380–350 vor unserer Zeit
Gefährliche Tote & ungewöhnliche Begräbnisse
Die meisten Kulturen auf diesem Planeten kennen Leute, die gefürchtet und gemieden werden, sei es lebend oder tot. Gefährliche Irre zählen zu dieser Kategorie, ebenso Unfallopfer, Selbstmörder, Schamanen, Hexen, Menschen, die zur Unzeit gestorben sind und vor allem Frauen, die im Kindbett gestorben sind. Man erkennt die gefährlichen Toten an der seltsamen Art, wie sie begraben wurden. An Orten, wo die Mehrzahl der Leichen auf dem Rücken liegend bestattet wurde, findet man die Gefährlichen auf der Seite liegend, möglicherweise gefesselt, kauernd, auf dem Bauch liegend, mit überkreuzten Beinen oder ausgestreckten Armen und, in besonders ernsten Fällen, mit abgetrennten Gliedern. All das und mehr findet man in der frühen La Tène-Zeit. Viele Talismane entstammen solchen Begräbnissen. Fehlende Glieder treten in mehreren Gräbern auf, vor allem auf dem Friedhof von Manre (Monte-Trote), wo 32 von 89 Skeletten kopflos waren. Einige Archäologen hielten das für einen Beweis für Menschenopfer. Die Anordnung der Knochen zeigt allerdings, dass die Toten auf einer Art Plattform gelegen haben müssen, wo sie verwesten, bis sie stückchenweise zu Boden fielen.
Es handelt sich hier um ein Zwei-Phasen-Begräbnis. Auf Zwei-Phasen-Begräbnisse kann man auch von einer Leiche mit abgetrennten Gliedern schließen. Die männliche Leiche von Ilvesheim wurde so lange der Verwesung überlassen, bis man ihre Glieder ganz einfach rearrangieren konnte. Die Unterschenkelknochen wurden dann zwischen die Oberschenkel gelegt; die Füsse blieben, wo sie waren. Die Hände blieben ebenfalls am Platz, aber die Arme wurden vom Rumpf getrennt und in sicherer Entfernung zur Seite abgelegt. Zahlreiche Eisengegenstände sollten dafür sorgen, dass der Tote sich niemals erheben und unter den Lebenden herumspuken würde. Derartige Manipulationen sind leichter, wenn die Leiche bereits gründlich verwest ist. Das geschah häufig und ist leicht nachzuweisen. Fünf Begräbnisse sind bekannt, bei denen die Leiche komplett auseinander genommen wurde.
Es mag aber ein Fehler sein, zu glauben, nur unbeliebte Verstorbene hätten ein Zwei-Phasen-Begräbnis bekommen. Die Funde aus dem Manching-Oppidum könnten auch darauf hinweisen, dass die übliche Form des Begräbnisses es einschloss, die Leiche erst eine Weile lang verwesen zu lassen. Ein Hallstattgrab aus Kappel enthielt einen Gürtel, in dem sich Eier von Aasfliegen fanden (ein Hinweis darauf, dass die Leiche vor dem Begräbnis einige Zeit der Verwesung ausgesetzt war), und in der Tat werfen Doppelbegräbnisse aus den Hügeln der Hallstattzeit die Frage auf, ob vielleicht gelegentlich eine Leiche aufbewahrt wurde, bis man sie gemeinsam mit einer anderen begraben konnte, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht hat es keltische Gräberfelder voll von verwesenden Leichen gegeben, die auf ein anständiges Begräbnis warteten.
Die einfachste Möglichkeit, die Toten am Zurückkehren zu hindern, war natürlich, die Beine oder Füsse umzudrehen, abzuhacken oder festzubinden, und es gibt Hinweise auf jede dieser Methoden. Die Entfernung des Kopfes war eine weitere Lösung. Bei einem Krieger aus Chouilly lag der Boden eines Köchers anstelle des Kopfes. In Marson fand sich eine Frau, bei der anstelle des Kopfes eine dunkle Schüssel lag (das erinnert vielleicht an den viel späteren irischen Glauben, dass der Kopf der Kessel der Inspiration und des Wissens ist). Die Patina im Grab eines Mädchens aus Villeneuve-Renneville enthüllt, dass ihr Kopf und ihr Halsring einige Zeit, nachdem sie gestorben war, entfernt wurde. Der Dürrnberg erbrachte ein Skelett, dessen Kopf 50 cm rechts von der Leiche lag, in Kamenin fand sich ein Schädel, der im Beckenbereich lag, und am seltsamsten der Fund von Wohlen: Die Leiche eines alten Mannes, dessen deformierter Kopf 50 cm zur Seite verschoben war. An dessen Stelle befand sich eine Schüssel, die die Schädel mehrerer Spitzmäuse enthielt. Was für eine Erklärung mag es dafür geben? Es könnte unterhaltsam sein, darüber nachzudenken. Aber weiter im Text: Es gab ein Dürrnberggrab, das eine Person enthielt, die verbrannt worden war, bis auf ihren Unterkiefer. Und in Vevey einen jungen Mann, der sich bestimmt nicht wieder aus dem Grab erheben würde, weil seine Füsse an der Stelle, wo er lag, verbrannt worden waren. Es gibt Berichte über wenigstens ein Dutzend Fälle von teilweisen Verbrennungen. Und während man viele Skelette ohne Kopf gefunden hat, gibt es auch mehrere Begräbnisse von Schädeln ohne Körper, ganz zu schweigen von den Fällen, wo eine einzige Leiche gemeinsam mit mehreren Schädeln ins Grab wanderte.
Dass manche Geisteskranken auf diese Art und Weise bestattet wurden, wird aus Gräbern ersichtlich, die schwer deformierte Schädel enthielten, oder Krieger, die einmal zu oft am Kopf getroffen worden waren, oder aus einigen Fällen, in denen jemand durch Trepanation (chirurgische Schädelöffnung) nicht glücklicher geworden war. Wir können auch davon ausgehen, dass magiekundige Personen, also Hexen und Zauberer, von ihren Gemeinschaften gefürchtet wurden. Ich denke mir, dass die Frau von Dannstatt, in ihrem mit Geweihen bedeckten Sarg, so ein Fall gewesen sein mag. Dann gibt es da die Selbstmorde. Nun ja, jeder Freitod kann als ein unerfreuliches Statement über den Wert des Lebens in einer bestimmten Gemeinschaft gewertet werden. Aber was ist so gefährlich an Frauen, die im Kindbett verstorben sind? Ich persönlich kann das überhaupt nicht verstehen. Vielleicht galten sie als СКАЧАТЬ