Die Schatzinsel. Robert Louis Stevenson
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Читать онлайн книгу Die Schatzinsel - Robert Louis Stevenson страница 8

Название: Die Schatzinsel

Автор: Robert Louis Stevenson

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Reclam Taschenbuch

isbn: 9783159618586

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СКАЧАТЬ wertvoll gewesen wäre, außer dem Silber und einigen der Schmuckstücke; viel anfangen konnten wir mit alldem nicht. Darunter lag ein alter Steuermannsmantel, weiß verkrustet vom Seesalz so mancher unwegsamen Hafeneinfahrt. Ungeduldig zog meine Mutter ihn beiseite. Nun lagen nur noch zwei Sachen in der Kiste vor uns: ein in Wachstuch eingeschlagenes Paket, das Papiere zu enthalten schien, und ein Segeltuchbeutel, der beim Schütteln das helle Klingeln von Goldstücken vernehmen ließ.

      »Ich werde diesen Halunken zeigen, dass ich eine ehrliche Frau bin«, sagte meine Mutter. »Ich nehme nur, was er mir schuldig ist, und nicht einen Farthing mehr. Bring mal Mrs. Crossleys Tasche her und halt sie auf.« Und sie begann, sorgfältig zählend, den entsprechenden Betrag aus dem Seesack des Käpt’ns in die Tasche umzufüllen, die ich hielt.

      Die Arbeit erwies sich aber als langwierig und mühsam; denn es handelte sich um Geldstücke aus aller Herren Ländern und von unterschiedlichster Größe: Dublonen und Louisdore und Guineen und Piaster und ich weiß nicht, was sonst noch, alles kunterbunt durcheinander. Leider waren gerade die Guineen am wenigsten vertreten, und nur in der Währung verstand meine Mutter zu rechnen.

      Wir waren kaum zur Hälfte fertig, da legte ich plötzlich die Hand auf ihren Arm, denn ich hörte in der stillen, frostklaren Luft ein Geräusch, das mir das Herz bis zum Halse pochen ließ, ein Tapp – Tapp – Tappen: der Stock des Blinden auf der hart gefrorenen Straße. Das Klopfen kam näher und näher, und wir saßen da und hielten den Atem an. Im nächsten Augenblick gab es einen lauten Schlag gegen die Wirtshaustür, und wir hörten, dass jemand den Griff drehte und am Riegel rüttelte: offenbar versuchte der Elende einzudringen. Dann herrschte eine ganze Weile Stille, drinnen wie draußen. Endlich begann das Tappen erneut, aber zu unserer unsäglichen Freude und Dankbarkeit entfernte es sich, wurde langsam schwächer und schwächer, bis es nicht mehr zu vernehmen war.

      »Mutter«, sagte ich, »nimm einfach alles, und dann nichts wie weg.« Die verriegelte Tür, so glaubte ich nämlich, hatte gewiss Argwohn erregt, und bald würde uns der ganze Hornissenschwarm um die Ohren schwirren. Trotzdem war ich froh, dass ich verriegelt hatte – wie froh, kann wohl keiner ermessen, der dem schrecklichen Blinden nie begegnet ist.

      Meine Mutter indes blieb hartnäckig, ungeachtet all ihrer Angst: sie mochte nicht einen Bruchteil mehr nehmen, als ihr zustand, sich andererseits aber auch um keinen Preis mit weniger zufrieden geben. Es sei ja keine sieben, meinte sie, noch längst nicht. Sie kenne ihre Rechte und wolle sie auch geltend machen. Und so stritt sie noch eine ganze Weile mit mir, bis vom Hügel her, in einiger Entfernung, ein leiser Pfiff ertönte. Das war genug, mehr als genug sogar, für uns alle beide.

      »Ich nehme, was ich habe«, sagte meine Mutter und sprang auf.

      »Und ich nehme das hier für den Rest«, sagte ich und griff das Wachstuchpäckchen.

      Einen Augenblick später tasteten wir beide uns die Treppe hinab – im Finstern, denn wir hatten die Kerze oben neben der leeren Kiste stehen lassen. Noch einen Augenblick später, und wir waren zur Tür hinaus und in vollem Rückzug. Den hatten wir keinen Moment zu früh angetreten. Der Nebel begann sich aufzulösen; der Mond beschien bereits mit fast ungetrübtem Licht die Höhen links und rechts. Allein ganz unten in der Talsohle und nahe der Gasthoftür hingen noch unversehrt ein paar dünne Schwaden, welche die ersten Schritte unserer Flucht zu decken vermochten. Nur ein kurzes Stück weiter, gleich hinter dem Fuß des Hügels, mussten wir ins volle Mondlicht hinaus, und da hatten wir nicht einmal die Hälfte des Weges zum Dorfe geschafft. Und das war noch nicht alles; denn schon erreichte unser Ohr das Geräusch eiliger Schritte in nicht eben geringer Zahl. Als wir uns danach umblickten, zeigte uns ein hin- und herschwankender, aber sich rasch nähernder Lichtschein, dass einer der Ankömmlinge eine Laterne trug.

      »Lieber Jim«, sagte meine Mutter plötzlich, »nimm das Geld und lauf. Ich werde ohnmächtig.«

      Das war nun eindeutig unser Ende, dachte ich. Wie verwünschte ich die Feigheit der Nachbarn, wie schalt ich im Stillen meine arme Mutter wegen ihrer Ehrlichkeit und ihrer Pfennigfuchserei, wegen ihrer vorherigen Tollkühnheit und ihrer jetzigen Schwäche! Glücklicherweise befanden wir uns gerade bei der kleinen Brücke. Mit meiner Hilfe erreichte meine Mutter, wenn auch bereits taumelnd, die Böschung. Da jedoch schwanden ihr tatsächlich die Sinne; sie tat einen Seufzer und sank auf meine Schulter. Woher ich die Kraft nahm zu dem, was nun folgte, weiß ich nicht; ich werde meine Mutter dabei wohl leider ziemlich grob angefasst haben; jedenfalls gelang es mir, sie die Böschung herabzuzerren und unter den Brückenbogen zu befördern, freilich nur ein kleines Stück. Weiter ging es nicht, denn die Brücke war so niedrig, dass ich gerade eben darunter kriechen konnte. Hier mussten wir nun verharren: meine Mutter fast völlig ungeschützt und wir beide in Hörweite des Gasthofes.

      Kapitel 5

      Das Ende des Blinden

      Meine Neugierde war irgendwie doch stärker als meine Angst. Denn es hielt mich einfach nicht in meinem Versteck; stattdessen kroch ich die Böschung wieder hoch, von wo aus ich, den Kopf hinter einem Ginsterbusch verborgen, die Straße bis zu unserer Tür überschauen konnte. Kaum hatte ich meine Stellung bezogen, da kamen auch schon meine Feinde. Sieben oder acht an der Zahl, rannten sie in hastigem und unregelmäßigem Getrappel die Straße entlang, der Laternenträger einige Schritte voraus. Drei von ihnen liefen Hand in Hand; der Mittlere des Trios musste, das meinte ich trotz des Nebels zu erkennen, der blinde Bettler sein. Im nächsten Augenblick bewies mir seine Stimme, dass ich recht hatte.

      »Schlagt die Tür ein!«, schrie er.

      »Aye, aye, Sir«, antworteten ihrer zwei oder drei und stürmten auf den Admiral Benbow zu, der Laternenträger hinterdrein. Dann aber blieben sie, wie ich sah, plötzlich stehen und sprachen miteinander, deutlich leiser als zuvor; sie waren wohl überrascht, die Tür offen zu finden. Aber die Stille währte nur kurz, denn der Blinde gab neue Befehle. Seine Stimme klang lauter und schriller, als würde er geradezu brennen vor Eifer und Wut.

      »Rein, rein, rein doch!«, brüllte er und fluchte über ihre Langsamkeit.

      Fünf oder sechs taten sofort wie geheißen; zwei blieben bei dem unheimlichen Bettler auf der Landstraße zurück. Nun hörte man einen Moment gar nichts mehr, dann einen Schrei der Überraschung, dann einen Ruf aus dem Haus:

      »Bill ist tot!«

      Aber der Blinde verfluchte sie nur einmal mehr wegen ihrer Schwerfälligkeit.

      »Los, ihr faulen Halunken, ein paar von euch durchsuchen ihn, und der Rest geht rauf und holt die Kiste!«, schrie er.

      Ich hörte, wie sie unsere alte Treppe hochpolterten; das ganze Haus muss davon gebebt haben. Kurz danach abermals Laute bestürzter Verwunderung; das Fenster im Zimmer des Käpt’ns flog auf mit einem dumpfem Schlag und dem Klirren berstender Glasscheiben; einer der Männer lehnte Kopf und Schulter ins Mondlicht heraus und verkündete dem Bettler unten auf der Straße:

      »Pew«, rief er, »die sind uns zuvorgekommen. Ham die ganze Kiste durchwühlt, von oben bis unten.«

      »Ist es da?«, brüllte Pew.

      »Das Geld? Ja.«

      Der Blinde verfluchte das Geld.

      »Das Gekritzel vom Flint, mein ich.«

      »Also, hier oben sehn wir’s nirgends«, gab der Mann zurück.

      »He, ihr da unten, ist es bei Bill?«

      Ein anderer Bursche, der offenbar unten geblieben war, um die Leiche des Käpt’ns zu durchsuchen, СКАЧАТЬ