Roland Emmerich. Jo Müller
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Roland Emmerich - Jo Müller страница 11

Название: Roland Emmerich

Автор: Jo Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия: Film-Literatur

isbn: 9783854454786

isbn:

СКАЧАТЬ in den Müll. Er weiß, dass das Publikum sich langweilt, wenn in den ersten zehn Filmminuten, das entspricht zehn Drehbuchseiten, nichts Spannendes passiert. Man sollte also darauf achten, dass man nach diesen ersten zehn Minuten weiß, wer die Hauptfigur ist. Es können natürlich auch mehrere Hauptfiguren sein, was jedoch sehr schwierig ist. Aus diesem Grund arbeitet nahezu jeder moderne amerikanische Unterhaltungsfilm mit nur einer Hauptfigur. Man will den Zuschauer nicht überfordern. Ein vollkommener Blödsinn, wie ich finde, weil Filme mit mehreren Hauptfiguren oft die besseren und spannenderen sind. Ein großer Künstler in dieser Hinsicht war Alfred Hitchcock. Er präsentierte meist drei oder vier Hauptfiguren und führte sie gleichzeitig ein. Manchmal stellte er sie auch, wie in Psycho, nacheinander vor. Wobei er gerade in diesem Film extrem experimentierte, denn die eigentliche Hauptfigur dieses Thrillers ist die Mutter von Norman Bates, die jedoch erst am Ende auftaucht.

      Manche Kritiker bemängeln an Psycho die Schlusssequenz, in der eine ausführliche Erklärung für Norman Bates’ psychotischen Zustand gegeben wird, als viel zu lang. Sind Sie auch dieser Meinung?

      RE: Ich habe den Film zum ersten Mal mit 15 oder 16 Jahren im Fernsehen gesehen und den Schluss nicht als schlecht empfunden. Im Gegenteil: Mir gefiel es, dass man Norman Bates noch einmal in der Zelle sitzen sieht, wie er mit sich selbst redet. Im Grunde geht es beim Filmemachen immer darum, Bilder und Szenen zu erfinden, die für den Zuschauer unvergesslich bleiben. Dramaturgische Fehler können einem Film natürlich schaden. Bei Psycho jedoch sind sie bedeutungslos, weil die Bilder unbeschreiblich stark sind. Allein die Blicke verbreiten hier blanken Horror. Dramaturgisch gesehen ist Psycho ein klassisches Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Zu Beginn wird eine Hauptfigur eingeführt, kurze Zeit später wird sie umgebracht und verschwindet aus dem Film. Weitere Hauptpersonen suchen sie und folgen ihr auf die gleiche Weise. Das ist eigentlich eine ganz untypische Dramaturgie. Erst nach und nach wird dem Zuschauer klar, wer die eigentlichen Hauptpersonen sind. Nämlich Norman Bates, der Hotelbesitzer, und vor allem seine Mutter …

      Wenn heute ein Produzent diese Story auf den Tisch bekäme, würde er sagen: „Diese Geschichte funktioniert nicht.“ Einem Erstlings-Regisseur würde er so etwas niemals zutrauen. Er würde ihn dazu bringen, einen Hauptcharakter einzuführen, der nicht umgebracht wird, sondern erlebt, wie um ihn herum Menschen von einem mysteriösen Killer getötet werden.

      Wie ausgefeilt sind Ihre Drehbücher?

      RE: Ich bin zuallererst Regisseur, deshalb sind meine Drehbücher keine Musterbeispiele. Mir ist die Diskussion um einen Stoff sehr wichtig, weshalb ich meine Scripts gerne anderen Leuten zu lesen gebe. Man sollte ein Drehbuch niemals verfilmen, ohne vorher mit anderen darüber gesprochen zu haben. Da es in Deutschland keine Drehbuch-Kultur wie in Amerika gibt, bin ich einfach dazu verdammt, mich selbst darum zu kümmern. Für mich als Unterhaltungs-Regisseur wäre es besser, mit guten Drehbuchautoren zusammenzuarbeiten. Ich bin eigentlich ein Mann des Bildes, der Umsetzung, der Organisation. Mein Problem ist aber, dass ich einen Film visuell von vornherein im Kopf habe, und das einem Drehbuchschreiber zu vermitteln, ist fast unmöglich. Ich kann schließlich nicht verlangen, dass er das schreibt, was ich im Kopf habe. Bei mir gibt es entweder eine Grundidee oder ein Gefühl, das mich dazu bringt, einen Film zu realisieren. Sollte sich daraus plötzlich etwas anderes entwickeln, weil ein Drehbuchautor das Ganze ändert, gäbe es keinen Grund mehr, diesen Film zu machen.

      Besteht die Gefahr, dass ein Filmemacher vor lauter Regeln, die er beachten muss, keine Ideen mehr hat?

      RE: Nein. Wer viel über Mathematik weiß, ist nicht unbedingt ein schlechter Mathematiker. Man kann am besten aus seinen eigenen Fehlern lernen. Was mich in diesem Kontext ärgert: Viele Kritiker wollen nicht respektieren, wie schwierig die Herstellung eines Films ist. Es ist erstaunlich, wie gern das übersehen wird. Der Schwierigkeitsgrad wird beim Filmemachen völlig ignoriert. Ich wundere mich manchmal über Fernsehsendungen, in denen Filme besprochen und kritisiert werden. Der Witz ist, dass diese Sendungen die gleichen Fehler begehen, wie die Filme, die sie kritisieren. Nicht selten können Sie eine Filmkritik von sechs Minuten Dauer angucken, ohne am Ende zu wissen, was eigentlich in dieser Zeit besprochen wurde. Ein Film muss in sechs Minuten wahnsinnig viel erzählen, sonst ist er nicht gut. Mir sind spontane Kritiken am liebsten. Wenn jemand nach der Vorstellung aus dem Kino kommt und meint: „Dieses hat mir gefallen, jenes nicht.“ In so einem Falle können Sie als Regisseur fragen: „Warum hat Ihnen das nicht gefallen?“ Und der Zuschauer antwortet: „Weil ich es unglaubwürdig fand.“ Dann können Sie weiter nachforschen, was er unglaubwürdig fand, und die Ursachen ermitteln. Oft sind es übrigens nur Kleinigkeiten, die einen Film in Misskredit bringen.

      Das Centropolis-Projekt:

      Familienbande

      Während der Dreharbeiten zu Das Arche Noah Prinzip geht das Geld aus. Das Projekt wird gestoppt. Es folgt eine Krisensitzung. Roland Emmerich, der seit Monaten an dem Film arbeitet, berät sich mit seinem Vater Hans (16.2.1923 – 1.1.2005), der schon von Anfang an sein finanzieller Berater ist.

      Als Hans Emmerich, der im Nachkriegs-Deutschland zusammen mit seinem Bruder Heinz höchst erfolgreich die Kleinmotoren-Gesellschaft SOLO gründete, Anfang der 1980er Jahre durch seinen Sohn mit der Filmwelt in Berührung kommt, betrachtet er dieses Metier aus der Sicht des versierten Geschäftsmannes. Sofort macht er sich mit den Mechanismen des Marktes sowie den Zahlen und Fakten vertraut. Selbstverständlich studiert er auch alles zum Thema Filmförderungs- und Finanzierungs-Möglichkeiten. Es ärgert ihn natürlich maßlos, dass die Finanziers seinen Sohn mitten in den Dreharbeiten im Stich zu lassen gedenken, weshalb er vorschlägt, eine eigene Filmproduktions-Gesellschaft zu gründen, an der auch Roland und seine Schwester Ute beteiligt sein sollen.

      Am 26. Januar 1982 wird die „Filmgemeinschaft Arche Noah Prinzip“ gegründet, die man einige Jahre später in „Centropolis“ umtauft. Der Name ist eine Anspielung des Regisseurs auf einen seiner Lieblingsfilme, den Science-Fiction-Klassiker Metropolis von Fritz Lang. Mit dieser eigenen Produktionsgesellschaft ist es ihm nun möglich, die Herstellung seiner Filme maßgeblich selbst zu kontrollieren sowie die Einflussnahme von Co-Produzenten auf ein Minimum zu reduzieren.

      Interview mit Hans Emmerich:

      „Chaotische Verhältnisse“

      Wie haben Sie als schwäbischer Geschäftsmann, der sein Geld bevorzugt mit Rasenmähern und Spritzpumpen verdient, den Einstieg Ihres Sohnes ins Filmgeschäft erlebt?

      HE: Ich war etwas irritiert wegen der chaotischen Verhältnisse, die bei Rolands erster Produktion in finanzieller Hinsicht herrschten. Es war zum Teil recht abenteuerlich, wie dort Kostenkalkulationen erstellt wurden. Aber die Finanzierung wurde natürlich von Film zu Film geordneter und damit besser und professioneller. Weil uns nicht so viel Geld zur Verfügung stand, mussten wir natürlich bei den Produktionen sparen, wo immer es möglich war. Ich bemerkte im Laufe der Zeit, dass es ein großer Fehler war, sich mit anderen Produzenten die Herstellungsrechte zu teilen. Wenn Sie einmal Rechte abgeben, können Sie an diesem Zustand nichts mehr ändern und es kann Ihnen später sehr viel Ärger einbringen. Bei den ersten Produktionen waren wir nur zu 50 Prozent beteiligt, dann mit 60 und bei Moon 44 schließlich mit 100 Prozent. Wir hatten einfach zu viele schlechte Erfahrungen gemacht mit zusätzlichen Rechte-Inhabern:

      Beraten Sie Ihren Sohn auch heute noch in finanziellen und produktionstechnischen Fragen?

      HE: Nein! Das letzte Mal, dass er mich zu Rate zog, war, als er das Angebot bekam, nach Hollywood zu gehen. Da prüften wir gemeinsam die Verträge. Von hier aus in Amerika mitzumischen, ist völlig unmöglich. Wir hatten damals die Idee, den Film in Deutschland zu drehen, aber das zerschlug sich im Laufe der Zeit. Ich bin aber auch ganz froh darüber, dass ich damit nicht mehr so viel zu tun habe. Es war für mich eine Zusatzbelastung, vor allem wegen der zahlreichen unerquicklichen Rechtsstreitigkeiten.

СКАЧАТЬ