Roland Emmerich. Jo Müller
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Название: Roland Emmerich

Автор: Jo Müller

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия: Film-Literatur

isbn: 9783854454786

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СКАЧАТЬ Scheinwerfer neu einstellen. Abends erwartete die Mitglieder kein gemütliches Hotelzimmer, sondern ein Matratzenlager im Gebäude der Ortskrankenkasse. Statt einer Gage gab es Gulasch in der Kantine von Vater Emmerich, eine Auslagen-Erstattung sowie ein kleines Taschengeld. In den Genuss einer Entlohnung im üblichen Rahmen kamen nur die Schauspieler: der aus Österreich stammende Franz Buchrieser, der den kritischen Wissenschaftler Marek spielte und mit seinen 41 Jahren der Älteste des Teams war, sowie Richy Müller, der für die Rolle des Billy Hayes engagiert worden war.

      Weil die Halle, in der Emmerich drehte, genau zwischen einer Hauptstraße und einer Bahnlinie lag, konnte nicht mit Originalton gedreht werden. Der Regisseur musste deshalb später alles im Tonstudio nachsynchronisieren lassen. Und auch die Arbeit mit dem Techniscope-Breitwandverfahren, in dem der Film gedreht wurde, stellte das Team vor eine große Herausforderung. Die Kamera-Crew hatte oft mit Schärfeproblemen zu kämpfen, weshalb viele Aufnahmen in den Müll wanderten. Als zusätzliches Problem erwies sich, dass kein einziges Kopierwerk in Deutschland in der Lage war, das Material zu entwickeln, weil dieses Verfahren eigentlich nur noch für Kung-Fu-Produktionen aus Hongkong zum Einsatz kam. Daher mussten die Filmrollen täglich zur Entwicklung nach Rom geschickt werden.

      Die vielen Unzulänglichkeiten der Produktion und die ständig auftretenden technischen Probleme erforderten viel Nervenkraft und einen ausgeprägten Teamgeist. Die Begeisterungsfähigkeit der Mitarbeiter und die Gewissheit, an einem einzigartigen Pionierprojekt mitzuwirken, halfen der Crew schließlich aber über alle schwierigen Situationen hinweg. Am Set herrschte kreatives Chaos, das sich jedoch in ausschlaggebenden Momenten stets zu ordnen vermochte und so erstaunliche filmische Ergebnisse ermöglichte: Die vorgeführten Muster jedenfalls kamen sehr gut an.

      Dennoch drohte dem Film das vorzeitige Aus. Die jungen Kinoenthusiasten hatten nicht damit gerechnet, dass die Produktion schon zu einem so frühen Zeitpunkt den Kostenrahmen sprengen würde, zumal in allen Bereichen gekonnt gespart worden war. Als sich mitten im Dreh dann herausstellte, dass das Budget aufgebraucht war, musste das Projekt gestoppt werden. Komplizierte Verhandlungen über neue Geldgeber waren die unerquickliche Folge, schließlich konnten die Filmemacher jedoch den Süddeutschen Rundfunk dazu bewegen, sich am Arche Noah Prinzip zu beteiligen.

      Am Ende verschlang der Film 1,2 Millionen Mark. Doch der Aufwand hatte sich gelohnt. Emmerich, der drei Jahre lang diesen aufwendigen Film entwickelt und gedreht hatte, konnte sein Debüt auf den Internationalen Filmfestspielen von Berlin vorführen und erhielt viel Anerkennung. Zwar kritisierten zahlreiche Feuilletonisten inhaltiche Schwächen, wie u.a. die ihrer Meinung nach umständliche Rückblenden-Konstruktion; sie würdigten gleichzeitig aber auch die erstaunliche handwerkliche Perfektion, mit der der Film in Szene gesetzt worden war.

      Emmerich indes, der von Interview zu Interview reiste, um seinen Erstling zu promoten, ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern steckte bereits mitten in den Vorbereitungen zu einem neuen Projekt. Wieder ging es um einen phantastischen Film – diesmal mit noch mehr Visual Effects …

      Interview mit Roland Emmerich:

      Von überraschenden Wendungen und dramaturgischen Kniffen

      Wie entwickeln Sie die Idee zu einem neuen Film?

      RE: Zuerst erarbeite ich ein grobes Schema des Films und versuche, die Grundidee klar zu formulieren. Das ist die erste Phase. Danach setze ich mich mit verschiedenen Leuten zusammen und versuche, ihnen zu erklären, welche Art von Film ich machen will. Daraufhin schreibe ich ein Treatment, eine dreißigseitige Abhandlung des Films, in der jede Szene beschrieben wird, jedoch ohne Dialoge. Der Film muss hier in seinem Ablauf so spürbar sein, wie er später auf die Leinwand kommen soll. Diese grobe Struktur ermöglicht dem Regisseur verschiedene Figuren und Handlungen umzubauen oder zu entfernen, ohne jedes Mal die Dialoge neu formulieren zu müssen. Es kann Monate dauern, bis man ein Treatment hat, aus dem man eine Drehbuchfassung entwickeln kann.

      Wie wichtig ist das Drehbuch für Sie bei der Filmarbeit?

      RE: Als ich noch auf der Filmhochschule war, habe ich nicht besonders auf das Drehbuch geachtet. Je erfahrener ich werde, desto deutlicher spüre ich jedoch, dass das Drehbuch 80 Prozent eines Films ausmacht. Wenn das Drehbuch nicht stimmt, funktioniert auch der Film nicht. Ein Script ist etwas wie der Koffer für die Reise. Ohne Koffer kann man nicht verreisen und ohne Drehbuch kann man keinen Film machen. Es gibt zwei wichtige Dinge für mich: erstens die Besetzung und zweitens das Drehbuch.

      Wie strukturieren Sie Ihre Geschichten?

      RE: Ich habe ein einfaches Rezept. Zuallererst muss ich wissen, welches Ziel ich mit meiner Geschichte verfolge und worauf ich eigentlich hinauswill. Gleichzeitig überlege ich mir, was der Ausgangspunkt und wie der Weg ist, um zum angestrebten Ende zu kommen. Ein Film zerfällt meistens in drei Akte. Im ersten Akt muss alles etabliert werden, die Geschichte, die Charaktere und der Konfliktstoff, alles muss eingeführt und entwickelt werden. Dafür stehen einem in der Regel 30 Filmminuten zur Verfügung. Der zweite Akt ist praktisch der Weg zum Ende. Die Menschen beginnen eine Reise von A nach B. Bei John Fords Westernklassiker Ringo – Höllenfahrt nach Santa Fé kommen die Charaktere im ersten Akt zusammen. Im zweiten begeben sie sich mit einer Postkutsche auf die Reise. Hier wird gleichzeitig in den dritten Akt übergeleitet. In ihm ist das Ziel beinahe erreicht, aber die Protagonisten müssen noch um das Ergebnis kämpfen.

      Können Sie den vorher erwähnten Übergang vom ersten in den zweiten Akt erklären?

      RE: In einem Film sollte es wenigstens zwei überraschende Wendungen geben. Im ersten Akt ist es der Moment, der die Geschichte überhaupt ins Rollen bringt, im zweiten muss sie den Schluss einleiten. Hier sollte der Zuschauer erkennen, dass es zur Haupt-Konfrontation des Films kommt. Nur durch einen Überraschungseffekt kann man zu etwas Neuem überleiten, sonst langweilt sich das Publikum. Einfaches Beispiel: Der Moment in E.T., in dem der Außerirdische todkrank wird. Das ist der Wendepunkt der Geschichte und die Überleitung zum Schluss. Jetzt kann der Kampf um sein Überleben beginnen. Die Frage, um die sich alles dreht: Schafft es E.T. wieder nach Hause oder stirbt er. Darum geht es im Schlussakt.

      Welcher strukturelle Unterschied besteht zwischen Tragödie und Komödie?

      RE: Keiner! Nehmen Sie Billy Wilders Komödie Manche mögen’s heiß. Auch sie passt ins Raster. Im ersten Akt geht es darum, dass zwei Männer gezwungen werden, sich als Frauen zu verkleiden. Im zweiten Akt reisen sie in ein Hotel, im dritten kommt es schließlich zum Höhepunkt, denn da treffen sich alle Figuren aus dem ersten Akt. Jeder bekommt den Mann oder die Frau, um die es geht. Erster und letzter Akt sind immer etwas kürzer, schneller und geballter als der Mittelteil, denn der Mittelakt trägt die Handlung und die Konfrontation zwischen den einzelnen Figuren.

      Welche Tipps können Sie jemandem geben, der sein erstes Drehbuch schreibt?

      RE: Wer sein erstes Drehbuch schreibt, sollte darauf achten, dass dessen Verfilmung keine 20 Millionen Dollar oder mehr kostet. Die Produzenten trauen einem das einfach nicht zu. Kleine, überschaubare Geschichten sind ein guter Anfang. Ein Kammerspiel wäre eine fruchtbare Übung, denn da lernt man sehr gut, mit Figuren umzugehen. Das kann ein Krimi, ein Horrorfilm oder eine Komödie sein. Wichtig ist immer: Man sollte sich gut auskennen in dem Sujet, über das man schreibt.

      Ein berühmter Drehbuch-Autor und -Theoretiker, William Goldman, behauptet: Kinogeschichten sollten langsam beginnen.

      RE: Darüber lässt sich streiten. Goldman ist ein Verfechter des alten – klassischen – Hollywood-Erzähl-Kinos. Er ist von den 1940er und 1950er Jahren geprägt. Wäre er nicht ein so erstklassiger Drehbuchautor, könnte er für den modernen Film gar keine Scripts mehr schreiben. Heutige Unterhaltungsfilme funktionieren meiner Meinung nach völlig anders als die der 1940er und 1950er Jahre. Der Anfang muss stark, sehr stark СКАЧАТЬ