Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC. Mark Evans
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СКАЧАТЬ die Stadt an sich war natürlich etwas ganz anderes. Paris im Frühling ist einfach phantastisch. Es gibt bestimmt schon einen Song, der „Paris In The Springtime“ heißt, und wenn nicht, dann sollte man ihn schleunigst schreiben. Für ein paar junge Typen, die in einer Rockband spielten, war es jedenfalls höchst aufregend. Und wenn ich „jung“ sage, dann meinte ich damit die Instrumentalisten von AC/DC und nicht unseren geliebten und furchtlosen Anführer und Sänger, Bon Scott. Wir nannten ihn allgemein „old man“, und es war ein bisschen so, nein, es war sogar ziemlich genau so, als sei man mit einem leicht durchgeknallten Onkel auf Tournee. Ihr wisst schon, diese lustigen Typen, die sich bei Hochzeiten im großen Stil besaufen und versuchen, alle jungen Mädels abzuschleppen. Bon war damals erst knapp über 30, aber für mich gehörte er trotzdem schon zu einer anderen Generation.

      Da Paris eben Paris war, und AC/DC eben AC/DC, ließen wir es während unseres Aufenthalts ordentlich krachen, abgesehen von Angus Young, unserem abstinenten Gitarristen in Schuluniform, der sich nur selten mal einen Schluck genehmigte. Unser Old Man hingegen gönnte sich gerne einen Tropfen Rotwein, und manchmal auch wesentlich mehr. Und in Paris konnte man sich wirklich ganz ausgezeichnet mit Rotwein die Kante geben. Bon und ich hatten in der Stadt zwei sehr attraktive Französinnen kennen gelernt und waren dabei, unsere Bekanntschaft besonders in bestimmten Körperregionen zu vertiefen. Wir hatten bereits ein paar ziemlich wilde Tage und Nächte in der Gesellschaft der beiden Mademoiselles verbracht und beschlossen nach dem Gig im Pavillion, uns mit ihnen in unser Hotel am Boulevard Saint-Germain zurückzuziehen.

      Hotelzimmer in Paris sind, das muss man sagen, meistens ziemlich klein und eng. Oft haben sie diese winzigen Balkone, auf die gerade mal zwei Leute passen – zwei kleine Leute, wohlgemerkt. Bon und ich waren schon ziemlich angesäuselt, aber wir teilten uns trotzdem noch ein schönes Fläschchen von einem ordentlichen Roten auf dem Balkon und warteten darauf, dass die Sonne über der Stadt des Lichts aufging. Paris im Morgengrauen ist ein absolut großartiger Anblick, wahrscheinlich ganz ähnlich wie auch schon vor hundert oder noch mehr Jahren. Jedenfalls konnte ich gut verstehen, wieso diese Stadt so viele Schriftsteller, Maler, Musiker und sonstige Künstler inspiriert hatte. Es war, als hätte man die Zeit angehalten.

      Und so standen Bon und ich auf unserem Balkönchen, schlürften unseren Wein und waren mit uns und der Welt und unseren deux filles Parisiennes très attirantes recht zufrieden. Ein wunderschöner Sonnenaufgang erhob sich über Paris und erleuchtete unsere Gesichter. Das Leben war schön. Ich war einen weiten Weg gekommen, vom Vorortskaff Prahran bis hierher, und das in ziemlich kurzer Zeit.

      Gerade wollte ich Bon, der nach zwei Tagen Dauerparty schon ziemlich von der Rolle war, diesen Umstand noch einmal genauestens verklickern, da sah er mit seltsam konzentriertem Gesichtsausdruck zum Eiffelturm herüber.

      „Was ist denn los, Alter?“, fragte ich.

      Bon drehte sich langsam zu mir. „Weißte was“, erklärte er mit leicht schwerer Zunge, „so einen Turm wie den da gibt’s auch in Paris.“

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      Meine Kindheit war geprägt von dem, was man heute wohl eine „Patchwork-Familie“ nennt, wobei mich das damals weder interessierte noch irgendwie beeinträchtigte. Ich war das jüngste von vier Kindern. Meine älteste Schwester Laura und mein Bruder John entstammten der ersten Ehe meines Vaters mit einer wunderschönen Frau namens Susan, die an einer Gehirnblutung gestorben war, als sie noch sehr klein waren. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft an ein Porträtfoto von Susan, das in unserem Haus in Murrumbeena, einem Vorort von Melbourne, hing und auf dem sie wie ein Filmstar aussah. Mein Bruder hat dieses Foto noch, und wenn ich es ansehe, dann muss ich sofort wieder an unser altes Haus und die Zeit damals denken. Es ist ein warmes, schönes Gefühl und erinnert mich an eine Zeit, in die ich mich oft zurücksehne.

      Meine andere Schwester Judy ist fünf Jahre älter als ich und damit altersmäßig mir am nächsten. Sie stammt aus der ersten Ehe meiner Mutter Norma. Als Jüngster wurde ich sehr verwöhnt, und wahrscheinlich machte ich Judy das Leben zur Hölle, wofür ich mich heute in aller Form entschuldigen möchte. Der erste Mann meiner Mutter, Bud Mintovich, kam in Australien als Sohn einer russisch-jüdischen Familie zur Welt. Als sie heirateten, diente er in der Royal Australian Navy und war, wie auch meine Mutter, erst 19. Sie waren gerade mal zwei Monate verheiratet und meine Mum war mit Judy schwanger, als Bud an Bord der HMAS Bataan Richtung Okinawa ablegte. Die Bataan lag dort im Hafen, als am 25. Juni 1950 der Koreakrieg ausbrach, und das Schiff wurde der amerikanischen Marine überstellt. Bud kam die nächsten 15 Monate nicht nach Hause. In dieser Zeit erlebte er die Landung der UN-Truppen bei Pohang-Dong mit, patrouillierte in der Straße von Korea, war an zahlreichen Blockaden und Feuergefechten beteiligt und kam tagtäglich unter Beschuss.

      Als Bud zurückkam, hatte er sich sehr verändert. Der Krieg hatte ihn gezeichnet. Er war angespannt und in sich zurückgezogen, hatte mit knapp 21 schon eine zehn Monate alte Tochter und wohnte bei seinen Schwiegereltern. Als Bud nach Darwin versetzt wurde, weigerte sich mein Großvater, meine Mutter und meine Schwester mit ihm gehen zu lassen, und die Ehe zerbrach. Dass in dieser Zeit trotzdem immer wieder gute Laune im Haus herrschte, war einigen Kindern aus der Parallelstraße zu verdanken; ein neunjähriger Junge und seine 13-jährige Schwester kamen jeden Tag vorbei, um „Mr. und Mrs. Whit“ und das Baby zu besuchen. Dabei hatten die Kinder selbst eine Aufheiterung bitter nötig, denn erst kurz zuvor hatten sie ihre Mutter Susan verloren. Und so wuchsen unsere Familien zusammen. Dass es sich bei meinen Geschwistern genau genommen um Stiefbruder, Stiefschwester und Halbbruder handelt, hat mich nie interessiert, für mich waren sie einfach nur mein Bruder und meine Schwestern. Sie sind meine Familie, ganz einfach.

      Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass ich nicht gerade in besten Verhältnissen aufwuchs. Während meiner Jugend wohnte meine Familie lange Zeit im Apartment 56 einer Siedlung in South Yarra, dem so genannten Horace Petty Estate. Hinter diesem ziemlich hochtrabenden Namen verbarg sich ein Haufen echter Bruchbuden. Ich selbst nannte unseren Block das Prahran Hilton, und bei meinen Freunden war unsere Wohnung als Club 56 bekannt. Die Siedlung bestand aus drei zwölfstöckigen Hochhäusern und etwa 30 vierstöckigen Wohnblöcken. Es handelte sich um Fertigbauten aus Beton, die man wie Kartenhäuser zusammengekloppt hatte. Im Sommer war es stinkend heiß, und im Winter fühlte man sich wie in einer gigantischen Kühlbox. An einem stickigen Dezembertag hatte man vielleicht Glück, und eine kühle Brise pfiff durch die Ritzen, aber sobald sich die Betonplatten abkühlten, zogen sie sich leicht zusammen und verkanteten sich. Dann gab es stets ein knackendes Geräusch, und gelegentlich traten Risse auf. Es war kein besonders beruhigendes Gefühl, wenn man oberhalb des Erdgeschosses wohnte.

      In der Zeitung las ich einmal einen Artikel über die Projekte der Wohnungsbaugesellschaft, die für diese Siedlung verantwortlich war, illustriert mit einer Luftaufnahme des Hilton. Die Schlagzeile lautete: „Horace Petty Estate – ein Beispiel für verfehlte Sozialplanung“. Na großartig!

      Für unsere Familie war der Umzug von Murrumbeena nach Prahran trotzdem ein großer Schritt. Das Haus in Murrumbeena war zwar nicht völlig verwahrlost, aber doch ziemlich renovierungsbedürftig, und selbst einfachen Komfort wie warmes Wasser, Teppiche oder eine Toilette im Haus gab es nicht. Allerdings war es billig, das war wohl der einzige Vorteil. John und ich teilten uns einen ausgebauten Wintergarten im ersten Stock, der auf die Murrumbeena Road und zum Bahnhof hinausging. Nachts wurde er von einer riesigen Leuchtreklame von Sennett’s Ice Cream erhellt, die von einem Vordach aus direkt in mein Fenster schien. Sie stellte einen Eisbären dar, und das Summen und Knistern der Neonröhren wiegte mich regelmäßig in den Schlaf.

      Im Winter war es ziemlich passend, dass ein Eisbär vor meinem Zimmer lebte, denn dann war es im Haus so kalt wie am Nordpol. Ich lag eingemummelt in einem Schlafanzug, dicken Socken, Fußballhemd und Mütze unter den Decken und zitterte, während draußen der blöde Bär summte. In besonders kalten Nächten wachte ich manchmal СКАЧАТЬ