Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 Cent
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СКАЧАТЬ genau, wer da sein Maul nicht gehalten hatte, aber er war sich ziemlich sicher, dass es Gary gewesen war. Gary war ein Junge aus dem Viertel, der die Angewohnheit hatte, bei den falschen Leuten mehr zu sagen, als für ihn gut war. Sincere hatte am Tag, bevor alles ­geschah, mit Gary abgehangen – und dieser Mel war der Vater des Babys von Garys Schwester. „Ich glaube nicht an Zufälle“, sagte er. Er glaubte nur an das, was er sehen konnte. Und er sah Mel und Jack, obwohl sie Masken getragen hatten. Die Räuber kidnappten seinen Großvater und schossen den alten Mann an, um Sincere mitzuteilen, dass sie es ernst meinten. Sie wollten Geld, und sie waren bereit, Leute zu durchlöchern, um es zu beweisen.

      Die Geschichte öffnete mir die Augen für das, was wirklich abging. Bis zu diesem Punkt hatte ich an eine gewisse Ganovenehre geglaubt. Aber an diesem Abend schlug ich mir diese Illusion aus dem Kopf. Es ging nur ums Geld, und jeder schaute nur auf sich selbst.

      „Ich begreife diese ganze Scheiße nicht, Boo-Boo, Mann“, sagte Sincere. Seine Augen wanderten umher, als erwarte er Mel und Jack jede Minute zurück. „Man kann heute offensichtlich nicht einmal mehr ein kleines Geschäft betreiben“, sagte er. „Nimm dich vor Gary in Acht.“

      Sincere sagte, dass Brian genau dasselbe passiert war, nachdem er eine Weile lang mit Gary um die Häuser gezogen war. Es war nicht so, dass Gary irgendwelche Schwierigkeiten machen wollte. Er war ganz einfach erregt, wenn er sah, wie gut es den Leuten um ihn herum ging. Vielleicht dachte er, dass es ihn selbst wichtiger erscheinen lassen würde, wenn er herumerzählte, dass er mit wichtigen Leuten verkehrte. Aber Typen wie Mel und Jack hatten schon immer ihre eigenen Pläne. Sie kamen bei Brian vorbei, um ihn auszurauben. Als sich Brians Mutter weigerte, die Tür zu öffnen, versuchten sie, sich mit Gewalt Zugang zu verschaffen, und schossen Brians Mama schließlich in den Kopf. Ich wusste, dass Brians Mama erschossen worden war, aber bis zu jenem Abend kannte ich die Details noch nicht. Sincere sagte, dass es besser sei, ­solange Typen wie Mel und Jack frei herumliefen, darüber Stillschweigen zu bewahren, was man hat, und wie viel davon man bei sich zuhause aufbewahren sollte. Ich stimmte zu.

      Ich hatte das Gefühl, dass mich Sincere auf etwas vorbereitete, aber ich war nicht ganz sicher, was es war.

      „Hör zu, Mann, ich kaufe dir ein Paar Turnschuhe, die werden dann bald wieder schmutzig, und ich muss dir wieder ein neues Paar kaufen“, sagte Sincere. Dann zog er ein kleines zusammengewickeltes Päckchen ­Kokain hervor und sagte mir, dass es ein bisschen mehr als ein Gramm des Pulvers enthielt. Er teilte das Tütchen in fünf gleich große Portionen auf und wickelte sie in Folie. „Das sind fünf Alberts, Mann“, sagte er. „Verkauf sie an deine Onkel und Tanten, und gib mir dafür hundert Dollar wieder.“

      Ich hielt die kleinen Bällchen in meiner Hand und blickte auf etwas, das meine erste profitable Transaktion mit Drogen werden sollte. Sincere erzählte mir, dass Kokain in Pulverform mehr und mehr aus der Mode kam. Alle verkauften und rauchten nun kleine gekochte Klumpen; die Stückchen hatten den schnellen Rauscheffekt von reinem Kokain. Bis zu diesem Zeitpunkt war reines Kokain hauptsächlich von Weißen konsumiert worden. Nun bereiteten sie das Koks in Löffeln oder auf einem Fetzen Alufolie auf. Sie kochten es mit Bleichmitteln, Ammoniak oder sonst einem stinkenden Scheißzeug, das man zum Putzen verwendet. Das konnte jedoch böse ins Auge gehen, denn die Chemikalien sind hochentzündlich. Genau so hat sich der Komiker Richard Pryor fast verbrannt, Mann. Bei den neuen gekochten Klumpen, von denen Sincere sprach, musste man nicht mehr mit brennbaren Haushaltsmitteln oder etwas in der Art herumhantieren. Er sagte, dass die Gewinnspanne zwar nicht so hoch war, als wenn man reines Pulver verkaufte, und dass man das auch nicht dadurch ausgleichen könnte, dass man das Koks mit Laktose oder Ajax verschnitt, um es zu strecken. Aber die reine Verkaufsmenge würde es schon rausreißen, denn die Wichser liebten das Zeug. Die Süchtigen kämen nach fünfzehn Minuten wieder, als hätten sie gar nichts geraucht. Sincere sagte, er verkaufe es hauptsächlich an weiße Leute, die von Long Island herüberkämen, aber dass mittlerweile auch die schwarze Gemeinde auf den Geschmack gekommen sei. Die Schwarzen vermischten es mit ihrem Grass und rauchten es, und sie liebten diesen Wumms. Er sagte, das Zeug sei ursprünglich von den Bahamas gekommen, dann verbreitete es sich nach Miami, und inzwischen kam es aus L. A., Mann. Es war überall: Chicago, Detroit, San Diego, Minnesota, Boston, San Francisco. „Ich könnte noch weitermachen, aber ich würde dir ja doch nur die Karte der USA vorlesen“, lachte Sincere. „Ich glaube, diese Wichser hier sind noch etwas hinterher, Mann.“ Er erschien fast wie ein Gelehrter, als er erklärte, wie sie auf den Bahamas derart viel Kokain gehabt hätten, dass sie begannen, daraus reinen Stoff zu kochen, um es schneller loszuwerden. Sie lösten es in Kerosin oder Säure auf und banden es dann mit Kalk. „Aber die Nigger haben keine Zeit für diese ganze Scheiße“, sagte er. „Die Nigger verschneiden es mit Backpulver, dann ­kochen sie die Scheiße. Glaubst du so eine Scheiße? Backpulver? Derselbe Scheiß, mit dem sie das Haus putzen und den Kühlschrank frisch halten. Hundsordinäres Backpulver!“

      Er malte mir die Zukunft aus und verlor sich dabei in sämtlichen großen und kleinen Details. Er reiste von den Bahamas nach L. A., zu all diesen Punkten auf der Karte, sprach von dem Backpulver für den Kühlschrank und dem Geld, das er verdienen würde, vom Kokainkochen und den Kapseln, in denen sie es verkaufen würden, den Pfeifen, Flaschen und Glühbirnen, in denen es geraucht wurde. „Die Scheiße sieht aus wie kleine Stückchen Seife“, sagte er. „Die Nigger rauchen es in Glasröhrchen mit Haushaltsschwämmen als Filter.“ Ich hörte zu, aber ich konnte mir nicht vorstellen, wovon er sprach. Ich merkte, dass er aufgeregt war, aber diese ganze abgehobene Kacke war nicht mein Ding. Ich konzentrierte mich lieber auf die Päckchen in meiner Hand. Ich wusste, dass ich ein Stück vom Kuchen abhaben wollte, aber ich sah keine Möglichkeit, wie ich für ihn arbei­ten könnte. Ich war zu jung. Ich ging noch zur Schule. Ich kannte die Spielregeln nicht. Sincere warf seinen Kopf in den Nacken und lachte: „Nur mit sechs kannst du nicht dealen.“

      Als er mir das gesagt hatte, warf ich all meine Zweifel über Bord. Sincere klang, als ob er aus Erfahrung sprechen würde – wenn er nicht selbst mit sechs gedealt hatte, dann musste er genug sechsjährigen Drogendealern begegnet sein, um zu wissen, wovon er sprach. Abgesehen davon musste man mich nicht erst überzeugen. Ich wollte mir meine Scheibe vom großen Kuchen abschneiden und hielt meine Zukunft buchstäblich in den Händen.

      Ich verstaute die dicken Alberts in meinem Zimmer. Wann immer mich meine Onkel nach Kokain schickten, nahm ich einfach etwas aus meinem Depot, drehte eine Runde um den Block, um ein wenig Zeit totzuschlagen, und kehrte dann zurück. Wenn mein Vorrat alle war, ging ich wieder zu Sincere und füllte ihn neu auf. Ich war gerade mal elf. Ich ging immer noch zur Schule, also konnte ich nur nachmittags nach dem Unterricht dealen, wenn meine Großeltern dachten, dass ich draußen auf der Straße wäre und spielte. Ich arbeitete mich schnell ein, denn alles, was man zum Dealen wissen muss, kann man in weniger als einem Jahr lernen. Die meisten Dinge, auf die man achten muss, begreift man sehr früh, da sich alles ständig wiederholt. Es ist immer wieder derselbe Kreislauf. Es ist nichts Neues. Man weiß, dass man nicht darüber sprechen darf, was man tut, und man weiß, dass es nicht cool ist, andere Dealer zu verpetzen. Alles andere eignet man sich während der Arbeit an.

      Je länger ich dealte, umso einfacher wurde es. Und je einfacher es wurde, umso mehr hatte ich davon. Anfangs konnte ich mir Kleinigkeiten leisten, Snacks und Fastfood. Dann konnte ich mir schon Turnschuhe und Kleider kaufen. Schließlich fing ich mit kleinen tragbaren Videospielen an, aber das war vollkommen unsinnig: Ich hatte gar keine Zeit für Videospiele; ich musste Koks verkaufen.

      ***

      Crack hatte auf der Straße viel härtere Auswirkungen, als sich Sincere ­damals vorstellen konnte. Ich war immer noch dabei, überhaupt Fuß zu fassen, als sich die Spielregeln änderten. Am 26. Februar 1988 wurde in meinem Viertel ein Bullengrünschnabel erschossen, der in seinem Streifen­wagen saß. Er gab einem Zeugen Polizeischutz, der sich bereit erklärt hatte, in einem Prozess gegen ein paar Dealer auszusagen, die auf der anderen Straßenseite, gegenüber von seinem Haus, Crack verkauften. Der Bulle wurde fünfmal in den Kopf geschossen. Die Polizei sagte, dass ein in Haft sitzender СКАЧАТЬ