Название: Human Punk For Real
Автор: Marco Thiede
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 9783862871384
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Substral [Foto: W. Wiggers]
In der Buchtstraße sowie in der Kulturfabrik Hemelingen und natürlich im Schlachthof gab’s die ersten auswärtigen Bands zu bewundern: The Buttocks aus Hamburg, ZK (später die berühmten Toten Hosen) immer wieder gern gesehen mit Out of Order, ‘ner englischen Band, die bei Bielefeld lebte, Wutstock (später Blut und Eisen), Aristocats (später Boskops), Blitzkrieg und Kondensators (beide aus Hannover), Daily Terror u.s.w.
Es gab da auch so ‘nen mysteriösen Typen, den ich nur auf zwei Punkshows in der Marienwerder Straße (Gröpelingen) gesehen hatte. Er war komplett wie Spiderman gekleidet und hielt sich immer im Hintergrund. Ab und an hatte er dann seinen kurzen Pogoabdreher und sämtliches Mobiliar neben ihm wurde in akribischer Weise zu Kleinholz geraspelt. Echt beeindruckend. Keiner weiß, wer er war, oder woher er kam.
Vielleicht war er ja der echte Spiderman…
In den Medien ging‘s dann immer mehr ab. Die Cops standen überhaupt nicht auf Punks und es gab ständig Reibereien und Festnahmen. In Hamburg machten die Teds den Punks schwer zu schaffen, und es wurde ständig in Zeitungen über diesen Bandenkrieg gehetzt.
Wir hatten auch Teds in Bremen. Einige davon kannten wir sogar persönlich. Wir fanden es zu dusselig auf einmal irgendwelche Teds zu attackieren, nur weil die Presse es forderte. Es gab nur einen von den Teds in Vegesack, der eher das Hamburger Modell bevorzugte. Als ich ihn mir dann eines Tages vorknüpfen wollte, floh er hastig in einen Schuhladen. Das war dann unser Bandenkrieg in Bremen. Der sogenannte Popperkrieg sollte folgen, war aber eigentlich ebenso schwachsinnig und nicht besonders erwähnenswert – im Gegensatz dazu, was uns später mit den rechten Skinheads erwarten sollte!
Im Oktober 1979 sorgte Sid Vicious mit dem angeblichen Mord an Nancy Spungen weltweit für Aufsehen. Mein Vater stellte mich zur Rede, während er mir die Vorderseite der Bild-Zeitung mit Sid Vicious vor die Nase hielt. Was sollte ich dazu sagen?
In England und anderswo gab es derweil unzählige geniale Bands: The Ruts, Siouxsie and the Banshees, Buzzcocks, Rezillos, ...
Aus den Staaten die genialen Dead Boys, Ramones, Blondie, … Die Liste war und ist endlos.
Bei John Peels Music auf BFBS konnte man es kaum erwarten, die neuesten Sachen aus England zu hören und auf Tape aufzunehmen.
Natürlich bekamen die großen Konzerne Wind vom schnellen Geld und heimsten ein, was sie kriegen konnten. The Clash, einstige politische Rebellen-Vorzeigeband, kippte als erstes und unterzeichneten bei ‘nem großen Major Label. Der große Sell Out begann, so waren The Clash in Hamburg auch nicht lange auf der Bühne, weil das enttäuschte Publikum rebellierte. Schließlich hatte man neben der Musik auch eine Vision.
ZK im Bremer Schlachthof.
Dann kam es im Punk Rock zu einer Art Stagnation, und immer mehr Bands gingen gen Mainstream. Von New Wave, anstelle von Punk Rock, war nun die Rede. Das war so um 1980.
Von wegen - aber nicht mit uns, dachten zum Glück sehr viele.
Und auf einmal schossen neue, härtere, auch politische Bands, wie Discharge, Varukers, Crass, Chaos UK, Conflict und unzählige andere aus dem Boden. Harter, kompromissloser, energiegeladener und politischer Punk Rock vom Allerfeinsten.
Der Nietenkult war geboren. Uns Bremer zog es immer öfter nach Hamburg Bergedorf, zu ‘nem Eisenwarenhandel namens Gebrüder Glunsch. Dort kauften wir massenhaft Nieten für unsere Jacken und waren jedes Mal ein nerviges Highlight für die Lehrlinge beim Nieten abzählen.
Vielen Punks wurden Szene und Musik zu hart und einige verließen sie. Wir Norder zogen dann immer mehr mit den Oslebs rum, wobei sich speziell ein Punk griechischer Abstammung, nennen wir ihn mal GG, in Sachen Hauereien hervortat. GG und ich sind beide im Hartmannstift, Bremen-Vegesack, geboren. Im Abstand von 12 Tagen. Ich bin mir sicher, dass wir uns damals auf ‘m Krankenhausflur zugebäuert haben: Punk Rock, unser Ding, in 12 Jahren! Damals mussten schwangere Frauen noch bis zu drei Wochen nach der Geburt im Krankenhaus verweilen.
GG war dann auch so was wie ’ne hervorragende Geheimwaffe wenn es um Schlägereien mit Skinheads ging. Dazu aber später mehr.
Zig Leute hatten nun die teils wirrsten Spitznamen: Fickfrosch, Kröte, Katja Ohne Zahn, Krankenhaus Anke (RIP), Blöd, Eierpfeile, Tommy Rinnstein, Doris Killcat, Staffi, Bloody, Burp, Banane, Dröhnung (RIP), Gockel, Schaschlik, Koma, ... die Liste ist endlos! Das ging dann weiter bis Ines Bohrteufel, Sonja Säufertochter, Smeagol, Nikki Bum Bum, Hüftschaden Ute, etc.
Nun gab es immer mehr Konzerte, und der Schlachthof in Bremen wurde immer mehr unser Domizil. In anderen Städten gab’s auch schon viele Läden. So fuhr man mal nach Hannover in die Korn, Glocksee oder öfter nach Hamburg in die Markthalle oder andere Standorte.
Das Krawall 2000 hatte in Hamburg nicht lange überlebt und aus den Reibereien mit Teds entwickelten sich nun Schlägereien mit Skinheads.
Richtig linke Skinheads gab’s zu Anfangszeiten weniger. Umso verdutzter war man, wenn man hörte, dass die Hamburger einen schwarzen „Naziführer“ namens Heiner G. in ihren Reihen hatten.
Wie hohl ist das denn bitte?
Man hörte immer mehr über Stresssituationen mit Glatzen in anderen Städten. In Bremen sagten wir uns von Anfang an: No Skinheads auf unseren Konzerten!
1981 war dann die Tournee zum Untergang im Freizi Marienwerderstraße in Bremen-Gröpelingen.
Es spielten Slime, Betoncombo, Middle Class Fantasies und Aheads aus Herford.
Zu unserer großen Überraschung tauchten auf einmal jede Menge Skinheads aus Hamburg auf. Selbst dieser Schwachkopf namens Michael David, von dem der NDR ‘ne Sendung produzierte, „Vom Nazi zum Punk“, war anwesend.
Michael David war eigentlich eher ein Jeansjacken-Proll mit einem stupiden, unverkennbaren Sprachfehler. Vom Nazi zum Punk? Und jetzt tauchte dieser Asi mit ‘ner Horde Fascho-Glatzen auf?
Es dauerte nicht lange, und es gab in jeder Ecke Raufereien. Der Höhepunkt war dann, als die komplette Betoncombo die Instrumente beiseitelegte und von der Bühne in den Prügelmob sprang!
Das Ganze verlagerte sich dann nach draußen, wo es weiter zur Sache ging.
Das war’s. Ab jetzt war Krieg in Bremen. Alles was ‘ne Bomberjacke und keine Haare hatte, wurde angegriffen! Nun ging es wirklich zur Sache, zumal die Skinheadszene in Bremen bedenklich anschwoll.
Die Bremer Skins reagierten und versuchten einzelne Punks auf dem Weg zum Schlachthof, im Bahnhof oder Findorff-Tunnel abzufangen. Somit wurde der Schlachthof, speziell in den 80ern, bei Punk-Konzerten regelmäßig attackiert. Des Öfteren spielten Bands, wie zum Beispiel GBH, vor leerem Saal, da alle Leute draußen waren, СКАЧАТЬ