Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition). Ed Sanders
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition) - Ed Sanders страница 50

Название: Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition)

Автор: Ed Sanders

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783862870998

isbn:

СКАЧАТЬ die Mülltonnen aus dem Keller auf den Bürgersteig gerollt. Dann hatte er die Handschuhe gedankenverloren in die Smokingtaschen gestopft, und als er jetzt den Champagner entkorkte, merkte er, wie die blöden Dinger aus den Taschen hervorlugten, und brachte sie schnell außer Sichtweite. »Diesmal haben wir’s gepackt! Wir sind die Größten!« schrie er.

      Claudia bahnte sich derweil einen Weg durch die Menge in ihre Garderobe, wo sie erschöpft zusammenbrach. Dann zerrte sie plötzlich ihre Aufzeichnungen aus der Schreibtischschublade und platzierte alle Merkzettel für Newsreel ’84 ganz nach oben. »Tanz, Aischylos, tanz!«, sang sie fröhlich. Da klopfte es.

      Es war der bedeutendste Theaterkritiker der westlichen Hemisphäre — ein notorischer Weiberheld, Alkoholiker, Kokser, Abschreiber und nebenbei der Autor zahlloser unter einem Pseudonym erschienener Ace-Book-Thriller. Obendrein war er manisch-depressiv. Aber eine einzige starke Zeile von ihm mit drei happigen Adjektiven drin war mehr wert als hundert Riesen!

      »Miss Pred? Mein Name ist Milton Clark. Sind wir uns nicht bei der Stanislav-Premiere schon einmal begegnet? Also, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich Ihre Vorstellung in diesem reizenden Theater bezaubert hat. Ich wollte fragen, ob Sie vielleicht ein paar Minuten erübrigen können ... für ein Interview über das Luminous Animal Theatre und die Produktion. Leider muss ich es ganz rasch abliefern. Aber ich habe meine Schreibmaschine dabei, das heißt, sie steht oben im Plaza. Außerdem ist bei Bertolucci eine kleine Privatnische für uns reserviert, wo wir ganz ungestört reden können. Wenn Sie mir also die Freude machen und mich zu einem späten Abendessen begleiten würden ...? Dann könnte ich ...«

      »Aber selbstverständlich!« strahlte Claudia. »Ich muss nur schnell unter die Dusche. Und dafür sorgen, dass alles wieder in Ordnung kommt!«

Blume

      Paolo stand nicht weit vom Eingang mitten in einer Schar von Freunden, als sie aus der Garderobe kam. Sie mischte sich unter sie, um sie zu begrüßen. Er starrte auf ihren Mantel. »Tanzen wir heut Abend nicht?«, fragte er nach einer Weile.

      »Nein, Liebling, heute nicht.« Sie umarmte ihn. »Du hast ja die Schlüssel. Warte hier auf mich. In ein paar Stunden bin ich wieder da.«

      Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rauschte aus dem Foyer. Der Kritiker legte ihr den Arm um die Schultern. Paolo schlenderte zurück und ballerte einen ihrer goldenen Slipper gegen die Garderobentür.

      Als alle weg waren und er den staubigen Fußboden gefegt hatte, schaltete er die Bühnenbeleuchtung ein. Wütend stampfte er auf und ab und dribbelte dabei seinen Basketball vor sich her. Plötzlich schleuderte er ihn mit aller Macht in das Durcheinander von Stühlen. Er tanzte, allein, machte seine Sprünge und wirbelte über die Bühne. Schließlich schmiss er seine Turnschuhe in die nächste Ecke. Dann sein Hemd und die Jeans. Flog herum. Seine Beine schienen sehr lang und dünn — bis auf die Oberschenkel, das waren die reinsten Muskelpakete. Schwarze Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht. Er trainierte Rückstöße, sprang nach imaginären Schüssen und wälzte sich über die Bühne, bis Rücken und Arsch voller grauer Schmutzstriemen waren.

      Dann ging er in Claudias Garderobe und wartete.

       EINE REDAKTIONSSITZUNG

      Er mietete das Zweizimmerapartment Nr. 521 an der Elften Straße im Dezember 1961 für fünfundsechzig Dollar im Monat. Es lag im zweiten Stock. Ein Raum war eine Kombination von Küche und Wohnzimmer und der andere war offenbar als Schlafzimmer gedacht. Eingebaute Schränke gab es nicht, stattdessen hatte jemand einen fünfzackigen Kleiderhaken in die Schlafzimmerwand genagelt. Die beiden winzigen Zimmer waren an der Decke mit massiven, circa fünfzehn Zentimeter großen Metallstücken verkleidet, auf deren Oberfläche blätterähnliche Muster eingestanzt waren.

      Die beiden Wohnzimmerfenster gaben den Blick auf eine rostige Feuerleiter frei. Sie endete in einem Hinterhof mit kreuz und quer gespannten Wäscheleinen und nassen Kleidern, die völlig versaut waren vom Auswurf des Satans, den Schornsteinen der Consolidated Edison, die nur ein paar Blocks weiter in den Himmel rotzten. An manchen Tagen wachte er auf und zog sich eine schwarze Kruste aus der Nase.

      Tagsüber, nachts, am frühen Morgen schwebte vom Hinterhof spanische Musik in sein Fenster. Irgendwer in der Nähe musste einen Pfau halten, ab und zu hörte er dessen schwaches baaa. Auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses stand ein fünfreihiger Taubenschlag, der angeblich eine Familie aus dem Haus mit Nahrung versorgte. Der Hausmeister schwor jedoch hoch und heilig, die Vögel würden in ein Restaurant unten in Chinatown geschafft und dort zu Hühnerfrikassee verarbeitet.

      Das Hinter- oder Schlafzimmer hatte nur ein Fenster, das allerdings versiegelt und mit unzähligen Schichten von Lichtschutzfarbe verkleistert war. Als er das Fenster aufgestemmt hatte, wusste er auch, warum. Sein Blick fiel auf eine massive, grauverputzte Mauer aus Backsteinen in etwa anderthalb Metern Entfernung, die sich über einem wilden Durcheinander von Schotter, Abfall und allem möglichen Mist erhob. In der East Side war es üblich, die vollen Müllsäcke einfach aus dem Fenster zu kippen.

      Wie viele dieser Absteigen in New York hatte auch diese hier eine Durchreiche zwischen Küche und sogenanntem Schlafzimmer. Nach jahrelanger Überpinselung war die Scheibe total zugekleistert. Im Moment schimmerte sie in einem satten Avocadogrün. Der Kühlschrank stammte definitiv aus frühester amerikanischer Produktion und kriegte jedes Mal einen Schüttelanfall, wenn der Motor den Kühlmechanismus ankurbeln sollte. Die Tür fühlte sich fast genauso kalt an wie das Tiefkühlfach; außerdem hing ein Stück Gummiisolation vom Rand herunter und war schuld daran, dass sie nicht richtig schloss. Neben dem Kühlschrank war ein niedriger Spülstein installiert, dessen Größe die Annahme nahelegte, dass man ihn vor Urzeiten mal als Waschzuber benutzt haben musste. Direkt daneben stand die Badewanne mit einer abnehmbaren, porzellanüberzogenen Metallverkleidung. Oben an der Wand hingen die Küchenschränke. Ihre verzogenen Türen kriegte er nie richtig zu, und innen drin stank es nach einer grässlichen Mischung aus vergammelten Wachstüchern, massenhaft Kakerlakeneiern, Reiskörnern, die die Viecher angefressen hatten, Resten von gemahlenem Kaffee und einer schmierigen Rußschicht.

      Das Klosett war in einer kleinen Rumpelkammer auf dem Flur untergebracht. Irgendwas stimmte nicht mit dem Licht, deshalb steckte er eine Kerze auf das Sims. Der Benutzer hatte nun die Wahl: entweder ließ er die Tür zum Flur auf, machte sich die Kerze an oder entleerte sich im Dunkeln. Der Wassertank gurgelte und spuckte vierundzwanzig Stunden am Tag. Kakerlaken fühlten sich magisch angezogen von dem Ort, es wimmelte nur so von ihnen. Die anfänglichen Versuche, das Klo von ihnen zu befreien, gab er schnell auf, sodass sich fortan all seine Freunde, sogar die hartgesottensten, davor ekelten, die Klobrille auch nur mit dem kleinsten Fetzen nackter Haut zu berühren.

      Etwa eine dreiviertel Stunde nachdem Miete und Kaution bezahlt waren, zog Sam ein. Seine Besitztümer hielten sich in Grenzen: eine kleine silberne Wasserpfeife — äußerst hip im Jahre 1961 — sechzehn Kartons mit Büchern, eine Schreibmaschine, ein Koffer voller Klamotten, ein kleiner Speed-O-Print-Matrizendrucker mit offener Walze, eine alte Milchkanne mit Druckerfarbe, Zeichenmaterial und ein Stapel von seinem Gedichtmagazin The Shriek of Revolution.

      Auf dem Fußboden lagen acht Schichten Linoleum übereinander. Er hackte sie los und karrte sie bündelweise weg. Der blanke Fußboden sah nicht so aus, als wäre er je gestrichen oder lackiert worden und bestand aus purem Holz. Er überlegte eine Weile, ob er ihn einfach so lassen sollte, wie er jetzt war. Da ihm aber beim Streichen von Decke und Wänden ziemlich viel Farbe auf die Erde gekleckert war, hielt er es am Ende doch für das Beste, ihn gleich mitzustreichen.

      Er renovierte also das ganze Apartment: Fußboden, Decke, Wände und Türen wurden schwarz, bis auf eine Wand. СКАЧАТЬ