In der Sommerfrische. Anton Tschechow
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Название: In der Sommerfrische

Автор: Anton Tschechow

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Klassiker der Weltliteratur

isbn: 9783843804660

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СКАЧАТЬ der Trog mit den Apfelsinen, die glänzenden Knöpfe – alles das drängt sich zusammen und lastet ihm auf dem Gehirn. Er wälzt sich von einer Seite auf die andere, schwatzt und kann seiner Erregung nicht Herr werden, bis er endlich zu weinen anfängt.

      »Du fieberst ja!«, sagt die Mama, ihm die flache Hand auf die Stirn legend. »Woher kann denn das kommen?«

      »Der Ofen!«, weint Grischa. »Geh weg von hier, Ofen!«

      »Er hat wohl zu viel gegessen …«, meint die Mama.

      Und Grischa, bewältigt von den Eindrücken des neuen Lebens, das er eben kennen gelernt, erhält von der Mama einen Löffel Rizinusöl.

       Zu Hause

      »Man ist von den Grigorjews dagewesen, um irgendein Buch zu holen, und ich sagte, Sie seien nicht zu Hause. Der Briefträger brachte die Zeitungen und zwei Briefe. Übrigens möchte ich Sie, Jewgenij Petrowitsch, auf Serjoscha aufmerksam machen. Heute und vorgestern sah ich ihn rauchen. Als ich ihm Vorwürfe machte, hielt er sich, wie immer, die Ohren zu und begann laut zu singen, um meine Stimme zu übertönen.«

      Jewgenij Petrowitsch Bykowskij, Staatsanwalt am Kreisgericht, der soeben aus einer Verhandlung heimgekommen war und sich in seinem Kabinett die Handschuhe auszog, blickte die Gouvernante, die ihm dieses meldete, an und lachte.

      »Serjoscha raucht …«, sagte er achselzuckend. »Wie mag wohl dieser Knirps mit einer Zigarette im Munde aussehen. Wie alt ist er denn jetzt?«

      »Sieben Jahre. Ihnen erscheint es unwichtig, doch in seinem Alter ist das Rauchen eine schlechte und schädliche Angewohnheit, schlechte Angewohnheiten soll man aber gleich am Anfang bekämpfen.«

      »Sehr richtig. Und wo nimmt er den Tabak her?«

      »Aus Ihrem Schreibtisch.«

      »So? In diesem Falle schicken Sie ihn mir einmal her.«

      Als die Gouvernante gegangen war, setzte sich Bykowskij in den Sessel vor dem Schreibtisch, schloss die Augen und versank in seine Gedanken. Er stellte sich seinen Serjoscha mit einer riesengroßen, ellenlangen Zigarette im Munde, in ganze Wolken von Tabakrauch gehüllt vor, und diese Karikatur ließ ihn lächeln; zugleich hatte aber das ernste, besorgte Gesicht der Gouvernante in ihm Erinnerungen an die längst vergangene, halb vergessene Zeit wachgerufen, wo das Rauchen in der Schule und im Kinderzimmer den Pädagogen und den Eltern ein eigentümliches, nicht ganz verständliches Grauen einflößte. Es war ein richtiges Grauen. Man züchtigte die Kinder erbarmungslos mit Ruten, relegierte sie von den Schulen und verdarb ihnen das ganze Leben, obwohl keiner der Pädagogen und Väter zu sagen wusste, warum eigentlich das Rauchen so verbrecherisch und schädlich sei. Selbst sehr kluge Menschen unterließen es nicht, gegen ein Laster anzukämpfen, das sie im Grunde gar nicht verstanden. Jewgenij Petrowitsch erinnerte sich seines Gymnasiumdirektors, eines sehr gebildeten und gutmütigen alten Herrn, der beim Anblick eines rauchenden Gymnasiasten immer so furchtbar erschrak, dass er erbleichte, sofort eine außerordentliche Sitzung des Lehrerkollegiums einberief und den Schuldigen zur Dimission verurteilte. Das ist wohl ein Gesetz der menschlichen Gemeinschaft: je unverständlicher ein Übel ist, umso hartnäckiger und roher kämpft man dagegen.

      Der Staatsanwalt erinnerte sich auch einiger relegierten Schüler und ihres ferneren Lebenslaufs und musste sich sagen, dass die Strafe oft viel mehr Böses bewirkt, als das Verbrechen selbst. Der lebendige Organismus hat die Fähigkeit, sich schnell an jede Atmosphäre anzupassen und zu gewöhnen, sonst müsste ja der Mensch jeden Augenblick fühlen, welch unvernünftige Grundlage oft die vernünftigste Tätigkeit hat und wie wenig bewusste Wahrheit und Sicherheit in so verantwortungsvollen und in ihren Resultaten schrecklichen Tätigkeiten noch steckt, wie denen eines Pädagogen, eines Richters, eines Literaten …

      Derartige verschwommene und leichte Gedanken, wie sie nur in einem ermüdeten, ausruhenden Hirne entstehen können, zogen Jewgenij Petrowitsch durch den Sinn; man weiß nicht, woher und wozu sie kommen, sie verweilen nur kurze Zeit und scheinen sich nur an der Oberfläche des Gehirns zu regen, ohne in seine Tiefe einzudringen. Für Menschen, die verpflichtet sind, ganze Stunden und sogar Tage amtlich und nur in einer bestimmten Richtung zu denken, sind solche freie häusliche Gedanken ein Komfort, eine angenehme Bequemlichkeit.

      Es war gegen neun Uhr abends. Oben im ersten Stock ging jemand unaufhörlich auf und ab, und noch höher, im zweiten Stock spielte man vierhändig Tonleitern. Das Auf- und Abgehen des Menschen, der, nach der nervösen Gangart zu schließen, qualvoll an etwas dachte oder Zahnschmerzen hatte, und die eintönigen Tonleitern verliehen der Stille des Abends etwas Einschläferndes und stimmten zu trägen Gedanken. Zwei Zimmer weiter, im Kinderzimmer sprachen die Gouvernante und Serjoscha.

      »Der Pa–pa ist gekommen!«, sang der Junge. »Der Papa ist ge–kom–men! Pa! Pa! Pa!«

      »Votre père vous appelle, allez vite!«, kreischte die Gouvernante wie ein erschrockener Vogel. »Hören Sie es nicht?«

      – Was soll ich ihm aber sagen? – fragte sich Jewgenij Petrowitsch.

      Doch ehe er sich etwas zurechtlegen konnte, trat ins Kabinett sein Sohn, der siebenjährige Serjoscha. Es war ein schmächtiges, blasses, gebrechliches Kind, dessen Geschlecht man nur an der Kleidung erkennen konnte. Er war körperlich zart wie eine im Treibhaus gezogene Gemüsepflanze, und alles an ihm schien ungewöhnlich zart und weich: die Bewegungen, das lockige Haar, der Blick, die Samtbluse.

      »Guten Abend, Papa!«, sagte er mit weicher Stimme, dem Vater auf den Schoß kletternd und seinen Hals küssend. »Hast du mich gerufen?«

      »Bitte, bitte, Sergej Jewgenjewitsch«, erwiderte der Staatsanwalt, ihn leicht zurückstoßend. »Bevor wir uns küssen, müssen wir einmal ernst sprechen … Ich bin dir böse und liebe dich nicht mehr. Merk es dir: ich liebe dich nicht, und du bist mir kein Sohn mehr … Jawohl.«

      Serjoscha sah den Vater aufmerksam an, lenkte dann den Blick auf den Tisch und zuckte die Achseln.

      »Was hab’ ich dir denn getan?«, fragte er verständnislos, mit den Augen zwinkernd. »Ich war heute kein einziges Mal in deinem Zimmer und habe nichts angerührt.«

      »Natalja Semjonowna hat sich soeben beschwert, dass du rauchst … Ist es wahr? Rauchst du wirklich?«

      »Ja, ich habe einmal geraucht … Das ist wahr! …«

      »Nun siehst du, jetzt lügst du noch obendrein«, sagte der Staatsanwalt, die Stirn runzelnd, um sein Lächeln zu maskieren. »Natalja Semjonowna sah dich zweimal rauchen. Du hast dir also drei Vergehen zuschulden kommen lassen: du rauchst, du nimmst aus der Schublade fremden Tabak und du lügst. Drei Vergehen!«

      »Ach, ja–a!«, erinnerte sich Serjoscha und lächelte mit den Augen. »Es ist wahr, es ist wahr! Ich habe zweimal geraucht: heute und früher.«

      »Nun siehst du: also nicht einmal, sondern zweimal … Ich bin mit dir sehr, sehr unzufrieden! Früher warst du ein guter Junge, jetzt bist du aber, wie ich sehe, schlecht geworden.«

      Jewgenij Petrowitsch zupfte Serjoscha den Kragen zurecht und dachte sich:

      – Was soll ich ihm noch sagen? –

      »Ja, es ist nicht schön«, fuhr er fort. »Ich hatte es von dir nicht erwartet. Erstens hast du nicht das Recht, fremden Tabak zu nehmen, der dir nicht gehört. Jeder СКАЧАТЬ