Märchen aus China. Richard Wilhelm
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Название: Märchen aus China

Автор: Richard Wilhelm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783843800082

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СКАЧАТЬ längst verschwunden. Die Leute in dem Dorfe waren ihnen alle unbekannt. Sie drängten sich um sie und fragten, wer sie wären.

      »Wir sind Liu Tschen und Yüan Dschau«, antworteten sie. »Wir gingen ins Gebirge und suchten Kräuter. Es mag wohl ein paar Tage her sein.«

      Da kam mit schnellen Schritten ein Diener hergeeilt und sah sie lange an. Endlich fiel er hocherfreut vor Liu Tschen nieder und sagte: »Ja, Ihr seid wirklich mein Herr. Seit Ihr weggingt und uns im Ungewissen ohne Nachricht ließet, ist es nun wohl siebzig Jahre oder mehr.«

      Darauf zog er den Scholaren Liu zu einem hohen Tore, das mit Buckeln und einem Ring im Löwenmaule reich verziert war, wie es bei hohen Herrschaften so Sitte ist.

      Als er in den Saal trat, da kam eine alte Frau mit weißem Haar und krummem Rücken auf einen Stab gestützt hervor und fragte: »Was ist das für ein Mann?«

      »Unser Herr ist wieder da«, erwiderte der Knecht. Und dann, zu ihm gewendet, fügte er hinzu: »Das ist die gnädige Frau. Sie ist schon hundert Jahre alt. Zum Glück ist sie noch kräftig und wohlauf.«

      Der alten Frau traten vor Freuden und Kummer die Tränen in die Augen.

      »Seit du weggingst unter die Unsterblichen, dachte ich, wir würden uns in diesem Leben nicht mehr wiedersehen«, sagte sie. »Welch großes Glück, dass du nun doch wiedergekommen bist!«

      Noch ehe sie ausgeredet hatte, da kam die ganze Familie, Männer und Frauen, herbeigeströmt und begrüßten ihn in dichtem Gedränge draußen vor dem Saal.

      Die Frau deutete einzeln auf sie und sagte: »Das ist der und der, das ist die und die.«

      Als damals der Scholar verschwunden war, da hatte er nur ein winziges Knäblein hinterlassen, erst ein paar Jahre alt. Der war nun schon ein achtzigjähriger Greis. Er hatte in hohem Amt dem Reich gedient und sich bereits zur Altersruhe in die heimatlichen Gärten zurückgezogen. Enkel waren drei da, lauter berühmte Minister; Urenkel über zehn, von denen fünf die Doktorprüfung schon bestanden; Ururenkel über zwanzig, von denen der älteste nach wohlbestandener Magisterprüfung soeben erst zu Hause angekommen war. Die kleinen Kinder erst, die noch auf den Armen getragen wurden, waren ohne Zahl. Die Enkel, die im Amte auswärts waren, als sie hörten, dass ihr Ahn zurückgekommen sei, erbaten alle Urlaub und kamen heim. Die Enkelinnen, die in andere Familien verheiratet waren, kamen ebenfalls herbei. Da ward er hocherfreut und bereitete ein Familienmahl im Saale, und alle seine Nachkommen mit ihren Frauen und Männern saßen rings um ihn her. Er selbst aber und seine Frau saßen oben in der Mitte, die Frau weißhaarig, ein runzliges, altes Weiblein. Der Scholar aber hatte noch immer das Aussehen eines zwanzigjährigen Jünglings, so dass alle Jungen im Kreise umherblickten und lachten.

      Da sprach der Scholar: »Ich habe ein Mittel, das Alter zu vertreiben.«

      Damit nahm er den Zauberwein hervor und gab ihn seiner Frau zu trinken. Als sie drei Gläser getrunken hatte, da ward ihr weißes Haar allmählich wieder schwarz, die Runzeln glätteten sich, und sie saß an der Seite ihres Mannes stattlich als junge Frau. Da kamen der Sohn und die älteren Enkel herbei und verlangten alle von dem Wein zu trinken. Wer auch nur einen Tropfen davon bekam, der wurde aus einem Greise wieder zum Jüngling. Die Sache wurde ruchbar und kam bis vor den Kaiser. Der Kaiser wollte ihn an seinen Hof berufen. Er aber lehnte dankend ab. Doch sandte er ihm von dem Zauberweine zum Geschenk. Der Kaiser ward darüber hoch erfreut und verlieh ihm eine Ehrentafel, darauf geschrieben stand: »Gemeinsames Heim von fünf Geschlechtern.« Außerdem sandte er ihm drei Zeichen, die er mit seinem eigenen Pinsel geschrieben hatte:

      »Freude langen Lebens.«

      Dem anderen der beiden Scholaren, Yüan Dschau, war es nicht so gut gegangen. Als er nach Hause kam, da waren Weib und Kind längst gestorben, und seine Enkel und Urenkel waren meist unbrauchbare Menschen. So blieb er denn nicht lange, sondern kehrte in das Gebirge zurück. Liu Tschen aber weilte mehrere Jahre unter den Seinen; dann nahm er seine Frau mit sich und ging abermals in den Tiän Tai-Berg und ward nicht mehr gesehen.

      34. Der Priester vom Lauschan

      Es war einmal ein Mann, namens Wang, ein Sohn einer alten Familie, der von Jugend an die Lehren des Taoismus hochschätzte. Er hörte, dass im Lauschan viele Unsterbliche lebten. So nahm er seine Bücherkiste auf den Rücken und wanderte dort hin. Als er einen Gipfel erstiegen hatte, erblickte er einen einsamen Tempel. Ein Taoist saß auf einem runden Strohkissen. Langes Haar fiel ihm über den Nacken herab.

      Er machte eine Verbeugung vor ihm und begann mit ihm zu reden. Seine Lehren schienen ihm tief und geheimnisvoll, darum bat er, ihn als Schüler anzunehmen.

      Der Taoist sprach: »Ich fürchte, du bist zu zart und verweichlicht, um harte Arbeit zu tun.« Er aber antwortete, er könne es wohl. Die Schüler des Alten waren sehr zahlreich. Als sie am Abend sich alle versammelt, begrüßte sie Wang nach feierlichem Brauch. Darauf ward er in das Kloster aufgenommen. Als der Morgen noch kühl war, rief ihn der Priester. Er gab ihm ein Beil und hieß ihn mit den anderen hinausgehen, um Reisig zu sammeln. Wang tat eifrig, wie ihm gesagt.

      Ein guter Monat war vergangen. Seine Hände und Füße waren voll Beulen und Schwielen. Er hielt es fast nicht mehr aus und erwog im Geheimen den Gedanken an die Rückkehr.

      Eines Abends kamen sie heim. Da sahen sie zwei Männer mit ihrem Meister beim Weine sitzen. Die Sonne war schon untergegangen, doch waren Lampen und Kerzen noch nicht angezündet. Da schnitt der Meister mit der Schere aus Papier eine runde Scheibe wie einen Spiegel. Die klebte er an die Wand. Plötzlich leuchtete der Mond an der Wand auf mit so hellem Schein, dass man das kleinste Härchen sehen konnte. Alle Schüler eilten herbei und hörten im Kreise den Alten zu.

      Der eine der Gäste sprach: ,,An einem solchen schönen Abend, wo die Freude siegt, muss man gemeinsam genießen.«

      Damit nahm er eine Kanne Wein vom Tisch, den Schülern Wein auszuteilen. Und er redete ihnen zu, sie sollten ordentlich trinken.

      Wang dachte bei sich: ,,Für sieben, acht Leute soll eine Kanne Wein ausreichen!« Sie eilten alle, Becher zu holen, und drängten sich herzu, um zuerst an die Reihe zu kommen, nur besorgt, die Kanne möchte sich leeren. Aber er goß und goß, und der Wein wurde nicht weniger. Darüber wunderte sich Wang im Stillen.

      Nun sprach der zweite Gast: ,,Du hast uns einen schönen Mondschein verschafft; aber wir trinken da so still vor uns hin. Wie wäre es, wenn wir die Mondfee riefen?«

      Damit nahm er ein Essstäbchen und warf es in die Mondscheibe. Da sah man ein schönes Mädchen aus dem Glänze hervorkommen. Erst war sie kaum einen Fuß hoch; als sie die Erde berührte, erreichte sie Menschengröße. Schlanke Hüften, ein zierliches Hälschen, wallende Gewänder: so tanzte sie den Regenbogentanz. Dann begann sie zu singen:

       »Ihr wollt entfliehen, Unsterbliche alle,

       Mich einsam verlassen in eisiger Halle!«

      Ihre Stimme klang rein und klar wie eine Flöte. Nachdem das Lied zu Ende war, erhob sie sich wirbelnd und sprang auf den Tisch. Während alle erstaunt nach ihr hinblickten, war sie schon wieder zum Essstäbchen geworden.

      Die drei Alten brachen in lautes Gelächter aus.

      Da sagte wieder einer der Gäste: ,,Wir sind heut abend recht fröhlich zusammen. Doch werde ich des Weines nicht länger Herr. Wie wäre es, wenn ihr mich zum Abschiedstrunk ins Mondschloss begleitetet?«

      Die СКАЧАТЬ