Die großen Erfinder. Hubert Weitensfelder
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Название: Die großen Erfinder

Автор: Hubert Weitensfelder

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: marixwissen

isbn: 9783843800679

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СКАЧАТЬ und brach nicht, leitete keine Elektrizität und war leicht und schnell zu erzeugen. Es konnte heiß in Formen gegossen werden und nahm unter Druck in ein bis zwei Minuten deren Gestalt an, ehe es erstarrte.

      Die Erzeugung »künstlicher« Stoffe hatte damals bereits einige Tradition. Im Vordergrund stand dabei das Bestreben, Naturstoffe zu verbessern bzw. aus kommerziellen und ästhetischen Erwägungen Ersatz für bestehende Substanzen zu suchen. Vorläufer waren u.a. seit dem 18. Jahrhundert das Pappmaché, eine Mischung aus Papier, einem Bindemittel und Ton oder Kreide, das sich gut modellieren ließ, oder die 1839 von Charles Goodyear entwickelte Kautschuk-Schwefel-Mischung, die als Gummi bekannt wurde, sowie das Zelluloid (Zellulosenitrat), das in den 1840er-Jahren erfunden wurde und zunächst als Schießbaumwolle für militärische Zwecke Verwendung fand. Es wurde in den 1860er-Jahren von Alexander Parkes in England erzeugt. 1872 mischte John Wesley Hyatt in den USA dem Zelluloid Kampfer als Weichmacher bei und schuf damit die Voraussetzung für eine breite Palette an Anwendungen des Materials, u.a. für abwaschbare Hemdkragen sowie für fotografisches und Filmmaterial. In Deutschland kam um 1897 das Galalith auf den Markt, eine Mischung aus Kasein (Milcheiweiß) und Formaldehyd, aus dem beispielsweise die »Anker«-Steine für Kinderbaukästen sowie weiße Klaviertasten gefertigt wurden.

      Das Bakelit war aber der eigentliche Vorläufer des synthetischen Jahrhunderts. Baekeland begründete damit die moderne Polymerwissenschaft, jedoch blieb er weiterhin der Praxis verbunden. Er ließ seine Erfindung patentieren und bot sie dann den Repräsentanten von 43 Industriezweigen an. Ende 1907 verkaufte er 100.000 Isolatoren an die New York Central Railroad, die damit jene aus Porzellan ersetzte; außerdem wurden Billardbälle erzeugt. Sehr bald aber wurde Bakelit eine unverzichtbare Substanz in einer Ära der Massenerzeugung austauschbarer Teile u.a. für die elektrische und die Autoindustrie. Es fand Anwendung für Radio- und Kameragehäuse, Telefonapparate, Toaster, Waschmaschinen, elektrische Bügeleisen, Staubsauger, Rasierapparate, Aschenbecher, Zahnbürsten und vieles mehr. Während des Ersten Weltkriegs wurden daraus Propeller hergestellt. In den 1920er-Jahren wurde das Material zum Synonym für den aerodynamisch-geschwungenen Stil des »Industrial Design«, u.a. weil es sich schwer in kantige Formen gießen ließ.

      1910 gründete Baekeland eine Produktionsfirma. Drei Jahre später verkaufte er 315 Tonnen Bakelit, 1922 waren es bereits fast 4000 Tonnen. Er erhielt mehrere hundert Patente und musste viel Zeit aufwenden, um diese gegen unbefugte Nachahmer zu verteidigen. Bei seinen Erfindungen kam Baekeland seine experimentierfreudige, alles in Frage stellende Haltung zugute. Seine frühe Beschäftigung mit Fotochemikalien schulte seine Fähigkeit, viele Variablen systematisch zu testen, er dachte aber auch über das Laboratorium hinaus in Dimensionen der Massenproduktion. Baekeland korrespondierte mit vielen Innovatoren seiner Zeit, darunter mit Thomas Edison, Henry Ford, den Brüdern Wright und Alexander Bell, dem Miterfinder des Telefons. 1926 liefen seine ersten Patente aus. Nun kamen neue Substanzen auf den Markt, aber viele Konsumenten blieben dennoch beim vertrauten Bakelit. Baekelands Sohn George verzichtete darauf, seine Nachfolge anzutreten. Daher verkaufte er 1939 seine Firma um 16,5 Millionen Dollar an das Unternehmen Union Carbide. Dieses existiert bis heute und erzeugt gelegentlich noch Bakelit für Topfgriffe, Klarinetten-Mundstücke und Modeschmuck.

      Seine letzten Jahre verbrachte Baekeland in Florida mit Segeln und gelegentlichen schriftlichen Arbeiten. Zahlreiche Vereine und Institutionen bedachten ihn mit Ehrungen, darunter die Amerikanische Chemische Gesellschaft und das renommierte Franklin-Institut in Philadelphia. Er erlebte noch die Entwicklung weiterer Kunststoffe mit bekannten Namen wie Viskose, Nylon, Polyvinylchlorid (PVC) und Teflon, mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in Haushalten und Betrieben ebenso wie beim Militär.

      Carl Benz (1844-1929)

      Benz wurde im badischen Karlsruhe geboren. Seine Eltern heirateten aufgrund bürokratischer Probleme wegen der französischen Herkunft seiner Mutter Josephine Vaillant erst nach seiner Geburt. Der Vater Johann Georg war Schmied und später Lokomotivführer. Bei dieser Tätigkeit zog er sich 1846 eine tödliche Lungenentzündung zu. Die Mutter ermöglichte ihrem Sohn trotz bescheidener Mittel eine gute Ausbildung: Er besuchte das Lyzeum, versuchte sich an chemischen Experimenten und baute optische Apparate. Mit Fotografien und der Reparatur von Uhren verdiente er sein erstes Geld. Die Ferien verbrachte er teilweise bei einem Onkel, der als Schmied in Pfaffenrot im nördlichen Schwarzwald tätig war. Von 1860 bis 1864 besuchte Benz den Mathematik-Unterricht und die Maschinenbauschule am Polytechnikum in Karlsruhe. Seine erste Praxis absolvierte er in der dortigen Maschinenbau-Gesellschaft, welche u.a. Lokomotiven baute. Von 1866 bis 1868 arbeitete er als Zeichner und Konstrukteur in einer Waagenfabrik in Mannheim und wechselte anschließend zu den Gebrüdern Benckiser, die Eisenwerke und eine Maschinenfabrik in Pforzheim besaßen.

      1870 starb Benz’ Mutter. Im Jahr darauf machte er sich selbstständig, indem er mit August Ritter eine mechanische Werkstätte gründete. Er zahlte diesen alsbald mit der Mitgift seiner Verlobten Bertha Ringer aus. 1872 heiratete er Bertha. Die beiden hatten zwei Söhne und drei Töchter. Im Zuge einer Wirtschaftskrise wurde 1877 ein großer Teil seines Besitzes gepfändet. Benz machte sich nun auf die Suche nach einer, wie er hoffte, zukunftsträchtigen Konstruktion und entwickelte einen Motor für den stationären Betrieb, der um die Jahreswende 1879/80 erstmals zufriedenstellend funktionierte. Benz ließ diesen in Frankreich und England patentieren und suchte einen Investor für die Produktion. Nach einer kurzen Zusammenarbeit mit dem Hoffotografen Emil Bühler gründete er 1883 mit dem Kaufmann Max Kaspar Rose und dem Handelsvertreter Friedrich Wilhelm Eßlinger die OHG Benz & Co., Rheinische Gasmotorenfabrik. Zunächst wurden jährlich vierzig Zweitaktmotoren erzeugt.

      Benz machte sich nun daran, einen selbstfahrenden Motorwagen zu konstruieren. Dafür benötigte er einen kompakten, leichten und schnell laufenden Motor sowie ein geeignetes Fahrgestell. Er entwickelte eine Dreiradkonstruktion mit einem Viertaktmotor in der Mitte, der bei einer Leistung von 0,75 PS 400 Umdrehungen in der Minute sowie eine Geschwindigkeit von 16 Stundenkilometern erreichte. Das Gefährt glich mehr einem Fahrrad als einer Kutsche, und in der Tat erwarb der begeisterte Radfahrer Benz Teile des Fahrgestells und Räder von Fahrradfabriken. Als 1886 Nikolaus August Ottos Patent auf Viertaktmotoren fiel, meldete Benz sein »Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb« zum Patent an. Als Kraftstoff verwendete er das leicht siedende Ligroin, das damals in Apotheken als Reinigungsmittel und Fleckentferner angeboten wurde. Im Juni 1886 unternahm Benz eine erste Probefahrt auf der Mannheimer Ringstraße. Da im gleichen Jahr erstmals Gottlieb Daimler einen Viertaktmotor in einen vierrädrigen Wagen einbaute, gilt 1886 als das Geburtsjahr des Automobils. Für Daimler und seinen Compagnon Wilhelm Maybach stellte eine solche Konstruktion jedoch nur eine von mehreren Anwendungsmöglichkeiten für ihren Universalmotor dar, während Benz bereits Motor, Fahrgestell und Antrieb sorgfältig miteinander in Beziehung setzte und sich damit auf die eigentliche Fahrzeugtechnik konzentrierte. In den folgenden Jahren verkaufte er aber durchschnittlich lediglich acht solcher Automobile. Um das Selbstvertrauen ihres Mannes zu heben und seine Neuerung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, unternahm daher angeblich Bertha Benz mit ihren minderjährigen Söhnen Eugen und Richard ohne sein Wissen eine Automobil-Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim. Unterwegs erwarben sie den nötigen Treibstoff bei Apothekern, und Bertha Benz kratzte die verstopfte Benzinleitung mit einer Hutnadel frei. Diese berühmte Geschichte ist allerdings nur in Benz’ Lebenserinnerungen belegt.

      1890 fand Benz neue Teilhaber mit internationalem Horizont, nämlich den Exportkaufmann Friedrich von Fischer und den Handelsvertreter Julius Ganß. Vor allem Letzterer trieb ihn zu Produktionssteigerungen an. Bisher hatte Benz dreirädrige Fahrzeuge konstruiert, die relativ leicht zu lenken waren. Um auch Automobile mit vier Rädern zufriedenstellend steuern zu können, entwickelte er eine neuartige Achsschenkellenkung, die er sich 1893 patentieren ließ. Während bei Kutschen die Lenkung gewöhnlich durch das Schwenken der starren Vorderachse erfolgte, ermöglichte diese Erfindung die Drehung der Vorderräder ohne Bewegung der Achse. Dies erhöhte Stabilität und Lenkbarkeit der Fahrzeuge wesentlich. Im gleichen Jahr wurde der erste Vierradwagen »Victoria« mit der neuen Lenkung ausgerüstet. Er erreichte 40 Stundenkilometer.

      1894 СКАЧАТЬ