Parodontologie von A bis Z. Peter Eickholz
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Название: Parodontologie von A bis Z

Автор: Peter Eickholz

Издательство: Bookwire

Жанр: Медицина

Серия:

isbn: 9783868675559

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      Etablierte Läsion

      Die etablierte Läsion entspricht dem Zustand der chronischen Gingivitis (Abb. 7). Die gingivale Exsudation sowie die Größe des subepithelialen Infiltrates erhöhen sich und erreichen etwa 1 Monat nach Beginn der Plaqueakkumulation ein Maximum, das über lange Zeiträume stabil bleiben kann. Es finden sich nun zahlreiche Plasmazellen im koronalen Anteil und gefäßnah innerhalb des Infiltrates (Abb. 8). Im Unterschied zum Hundemodell, bei dem 3 bis 4 Wochen nach Beginn der Plaqueakkumulation ein von Plasmazellen dominiertes Infiltrat beobachtet wird, konnten beim Menschen noch nach 6 Monaten ungehinderter Plaqueakkumulation ein Plasmazellanteil von nur 10 % beobachtet werden5. Ein Dominieren der Plasmazellen scheint beim Menschen den Übergang von der etablierten (Gingivitis) zur fortgeschrittenen Läsion (Parodontitis) zu markieren6.

      Abb. 7 Klinisch manifeste plaqueinduzierte Gingivitis: interdental oraler Biofilm. Der Gingivarand ist ödematös und gerötet, ein Stippling ist nicht zu erkennen, die Interdentalpapillen sind geschwollen, approximal der Zähne 41 und 42 tritt eine Spontanblutung auf1.

      Abb. 8 Etablierte Läsion: Die Menge der Entzündungsmediatoren im Gewebe nimmt zu. Fibroblasten setzen Interleukin-1β (IL-1β), IL-6, -8 sowie Prostaglandin E2 (PGE2), Tumornekrosefaktor-α [TNF-α], Kollagen, Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und Gewebeinhibitoren der MMPs (TIMP) frei. Monozyten-Chemotaxis-Protein (MCP), Makrophageninflammatorisches Protein (MIP), „regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted“ (RANTES), transformierender Wachstumsfaktor β (TGF-β), Interferon-γ (IFN-γ), neutrophile segmentkernige Granulozyten (PMN), Leukotriene (LT), Immunglobulin G (IgG), Interleukin-1-Rezeptorantagonist (IL-1ra) (modifiziert nach Kornman et al.4).

      Die Proliferation des Saumepithels mit Ausbildung von Retezapfen nimmt zu und es geht Kollagen verloren. Der das Infiltrat begrenzende Anteil des Epithels ist nun dünner und fragiler als das Saumepithel und bildet kein epitheliales Attachment zur Zahnoberfläche aus7. Dieses Taschenepithel weist einen hohen Anteil in die Tasche wandernder Leukozyten auf. Es weist eine höhere Permeabilität als das Saumepithel auf und kann an einzelnen Stellen vorübergehend ulzerieren.

      Im Unterschied zur Parodontitis, die alle Anteile des Parodonts betrifft und dabei den Zahnhalteapparat zerstört, bleibt die Gingivitis auf die Gingiva beschränkt und kann nach Beseitigung der ätiologischen Faktoren vollständig ausheilen, d. h. es ist eine Restitutio ad Integrum möglich. Der Übergang von chronischer Gingivitis in eine Parodontitis wurde beim Menschen nicht experimentell provoziert. Epidemiologisch konnte aber gezeigt werden, dass eine chronische Gingivitis, die lange genug persistiert, in eine Parodontitis übergehen kann8. Die chronische Gingivitis kann über Zeiträume von unterschiedlicher, in manchen Fällen unbegrenzter Dauer stationär bleiben, geht aber in vielen Fällen in eine Parodontitis mit Zerstörung von Anteilen des Zahnhalteapparates über. Der Parodontitis geht immer eine Gingivitis voraus, wogegen eine Gingivitis nicht zwangsläufig in eine Parodontitis übergehen muss1.

      Die Rolle der neutrophilen Granulozyten

      Die segmentkernigen neutrophilen Granulozyten stellen die erste Verteidigungslinie gegen die bakterielle Exposition dar. Sie finden sich in parodontal gesundem Gewebe, bei Gingivitis und Parodontitis. Ihre Zahl nimmt mit zunehmendem Fortschreiten der Erkrankung zu und erreicht bei Parodontitis ihr Maximum. Die neutrophilen Granulozyten werden durch chemotaktische Konzentrationsgradienten von Produkten der bakteriellen Plaque (z. B. FMLP, LPS) oder durch Botenstoffe von Wirtszellen (z. B. Interleukin-8, Komplementfaktor C5a, Leukotrien B4) angelockt und wandern entlang dieser Konzentrationsgradienten von den sulkusnahen Blutgefäßen durch Bindegewebe und Saumepithel in den gingivalen Sulkus oder in die gingivale bzw. parodontale Tasche. Auf dem Weg durch das Gewebe leiten Adhäsionsmoleküle (ICAM-1, ELAM-1) die Wanderung der neutrophilen Granulozyten. Nach Verlassen des Gewebes und Wanderung in den Sulkus bzw. in die Tasche nähern sie sich den Mikroorganismen und heften sich ihnen an. Viele Bakterien müssen durch spezifische Antikörper markiert (opsoniert) werden, um von den neutrophilen Granulozyten erkannt und aufgenommen (Phagozytose) werden zu können. Die Plasmamembran der neutrophilen Granulozyten fließt um die Mikroorganismen, um sie schließlich in sogenannten Phagosomen einzuschließen. Ein neutrophiler Granulozyt kann mehrere Mikroorganismen gleichzeitig einschließen. Synchron mit der Phagozytose der Mikroorganismen wandern Granula (Lysosomen) des neutrophilen Granulozyten zum Phagosom und verschmelzen mit ihm. Diese Lysosomen enthalten antimikrobielle Substanzen, z. B. Myeloperoxidase, Lysozym, Laktoferrin, Elastase. Diese Substanzen töten die Bakterien und lösen sie auf. Vor der völligen Umschließung des Bakteriums können Inhaltsstoffe der Lysosomen in die Umgebung des neutrophilen Granulozyten gelangen. Dies hilft bei der Zerstörung nicht phagozytierter Mikroorganismen, kann aber auch zu Gewebezerstörungen führen. Neutrophile Granulozyten haben eine primär protektive Funktion. Sie sind zur Phagozytose und zur Zerstörung von Bakterien in der Lage (Abb. 9). Die Granula der neutrophilen Granulozyten enthalten aber auch Enzyme, die Gewebe zerstören können, wie Elastase. Gelingt es den Granulozyten, die bakterielle Exposition zu einem frühen Zeitpunkt zu beherrschen, kommt es nur zu oberflächlichen Gewebedestruktionen und es kann sich eine Homöostase einstellen (granulozytäre Clearence). Bestimmte Parodontalpathogene verfügen aber über Mechanismen, die Funktion der neutrophilen Granulozyten zu stören bzw. außer Kraft zu setzen, wie das Leukotoxin von Aggregatibacter actinomycetemcomitans.

      Abb. 9 Antikörper in der Abwehr von Mikroorganismen: 1) Verhinderung der Adhäsion von Mikroorganismen an Schleimhäuten durch Abschilferung von Epithelzellen und sekretorisches Immunglobulin A (IgA) im Speichel, 2) Komplementaktivierung durch spezifische Antikörper, 3) Opsonierung von Mikroorganismen als Voraussetzung für deren Phagozytose durch Leukozyten10.

      Humorale Immunantwort

      Der Speichel enthält hohe Konzentrationen von sekretorischem Immunglobulin A (IgA), einem aus zwei IgA-Monomeren, einem Verbindungsmolekül (J-Kette) und der Sekretkomponente zusammengesetztem Dimer. Das sekretorische IgA kann Schleimhäute passieren und die Anheftung bzw. das Eindringen von Mikroorganismen abwehren (s. Abb. 9). Es existieren zwei Unterklassen von IgA: IgA1, das im Serum vorherrscht, und IgA2, das zumeist als sekretorisches IgA auftritt.

      IgG ist das häufigste intra- und extravaskuläre Immunglobulin (75 % aller Serumimmunglobuline). Es können 4 Unterklassen unterschieden werden, die unterschiedlich auf verschiedene Antigenklassen reagieren. Bakterielle Proteine induzieren primär die Bildung von IgG1, während IgG2 hauptsächlich per Induktion durch Polysaccharide und Lipopolysaccharide gebildet wird. Antikörper gegen bakterielle Zelloberflächenbestandteile wirken sich positiv auf die Infektionsabwehr aus.

      Bei Parodontitis mit Molaren-Inzisiven-Muster (früher lokalisierte aggressive Parodontitis) überwiegt IgG2 gegen das Lipopolysaccharid von A. actinomycetemcomitans Serotyp b. Bei Patienten mit Parodontitis Stadium III und IV mit Grad B bzw. C sind häufig erhöhte Antikörpertiter gegen Parodontalpathogene (z. B. P. gingivalis, A. actinomycetemcomitans) nachzuweisen. Nach Therapie und Verbesserung der klinischen Parameter sinken die Antikörperspiegel. Erhöhte Antikörpertiter sind also auf der einen Seite ein Hinweis СКАЧАТЬ