Musikergesundheit in der Praxis. Claudia Spahn
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Название: Musikergesundheit in der Praxis

Автор: Claudia Spahn

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783894878191

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СКАЧАТЬ rasch rückläufig. Musiker, die Muskelkrafttraining in langsamem Tempo durchführen, trainieren damit vor allem die langsam kontrahierenden Muskelfasern. Wenn dagegen Schnelligkeit und Muskelkraft verbessert werden sollen, sollten die Bewegungen in ausreichender Schnelligkeit unter Anpassung und gegebenenfalls Reduzierung der Belastung durchgeführt werden.

      Muskeln können sich grundsätzlich dynamisch oder statisch kontrahieren. Bei der dynamischen Kontraktion (sog. isotonische Kontraktion) verändert sich die Länge des Muskels, er wird länger (exzentrisch) oder kürzer (konzentrisch). Dies lässt sich wiederum am Beispiel des Bizepsmuskels veranschaulichen: Wie bereits oben beschrieben, nähert der Bizepsmuskel bei einer Beugung im Ellenbogengelenk seinen Ansatz dem Ursprung an (Abb. I.4), er verkürzt sich und führt damit eine konzentrische Kontraktion aus. Wird die Bewegung zurückgeführt und der Oberarm im Ellenbogengelenk gestreckt, verlängert sich der Bizepsmuskel wieder. Hierbei muss er gleichzeitig dafür sorgen, der Schwerkraft des Armgewichts entgegenzuwirken und die Bewegung abzubremsen. Dieser Vorgang wird als exzentrische Kontraktion bezeichnet.

      Bei einer statischen Kontraktion (sog. isometrische Kontraktion) spannt sich der Muskel an, ohne seine Länge zu verändern. Ein Beispiel hierfür ist die Anspannung der Brustmuskulatur, wenn man beide Handflächen vor dem Körper gegeneinander drückt.

      Muskelschlingen

      Die geschilderten Vorgänge der Kontraktion finden bei einer Bewegung niemals in einem einzelnen Muskel allein statt. Vielmehr resultieren Bewegungen grundsätzlich aus einer funktionellen Verbindung mehrerer Muskeln. Diese Muskelgruppen werden auch als Muskelschlingen bezeichnet und umfassen den gesamten Körper (Abb. I.7). So übt ein Muskel nicht nur die Bewegungen aus, die sich aus Ursprung und Ansatz und den von ihm überzogenen Gelenken ableiten, sondern kann darüber hinaus in der jeweiligen Muskelgruppenverbindung weitere Funktionen übernehmen. Das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen ist insbesondere für die Koordination von Bewegungen entscheidend. Eine gute Koordinationsfähigkeit ermöglicht eine zweckmäßige, ökonomische, präzise und schnelle Adaptation an wechselnde Situationen und Bedingungen, erhöht den Ausnutzungsgrad der Muskelenergie und garantiert die Ästhetik von Bewegungen. In diesem Sinne ist sie gerade für Musiker besonders wichtig.

      Abb. I.7: Aktivierung von Muskelschlingen bei der Rumpfdrehung nach rechts

      Die Zusammenarbeit verschiedener Muskeln erfolgt nach bestimmten Funktionsprinzipien. Eine Muskelgruppe übernimmt die Hauptaufgabe und führt die gewünschte Bewegung aus. Ihre Muskeln werden Agonisten (von griech. agón, »Wettkampf«) genannt. Die Muskeln, die sie darin unterstützen, sind die Synergisten. Als Gegenspieler der gewünschten Bewegung fungieren die Antagonisten. Sie wirken der eigentlichen Bewegung entgegen, bremsen sie ab und können sie hierdurch feinregulieren. Stabilisierende Muskelgruppen schließlich sorgen dafür, dass andere Körperteile – meist zentrale Körperteile wie der Rumpf – durch die Bewegung der Agonisten und Antagonisten nicht aus dem Gleichgewicht geraten. Sie arbeiten isometrisch, d. h., die Muskelarbeit vollzieht sich ohne Längenveränderung. Die Verteilung der genannten Muskelfunktionen bei der Haltung der Trompete zeigt Abb. I.8.

      Faszien (von lat. fascia, »Binde«, »Band«; »Streifen«) sind bindegewebige Strukturen, die den gesamten Körper als Netz durchziehen. Sie umhüllen komplette Muskeln und Organe, geben ihnen ihre Form und unterteilen sie in gesonderte Bereiche (sog. Kompartimente). Faszien dienen als Gleitschicht zwischen einzelnen Muskeln, zwischen Muskeln und Organen und zwischen Muskeln und Knochen. Sie bestehen aus kollagenen Fasern verschiedener Typen, die sowohl eine hohe Elastizität als auch eine hohe Spannkraft aufweisen, so dass die Faszien sich je nach Belastung nahezu unbegrenzt in ihrer Funktion anpassen können. Faszien stützen den Körper, geben ihm Stabilität und halten ihn gleichermaßen beweglich und elastisch. Weiterhin besitzen sie ähnlich wie Muskeln kontraktile Elemente; sie sind also keineswegs nur passives Gewebe. Freie Nervenendigungen für das Schmerzempfinden, Blutgefäße und Rezeptoren für den Stellungssinn sind zahlreich in den Faszien zu finden. Dies macht sie zu einem wichtigen Gewebe für den Bewegungsapparat. Da Faszien als Ketten im Körper auch über weite Strecken miteinander verbunden sind, spielen sie für die Bewegungslehre und ihre funktionellen Verbindungen eine entscheidende Rolle.

      Abb. I.8: Zusammenwirken von Agonist, Antagonist und Stabilisator am Beispiel der Spielposition mit der Trompete

      Muskeln sind mit Sehnen an den Knochen befestigt (Abb. I.4, S. 17). Die Sehnen übertragen die Kraft der kontrahierenden Muskelfasern auf die Knochen. Sie bestehen aus festem Bindegewebe und sind außerordentlich belastbar. Bei Überlastung oder nach längerer Ruhigstellung sind die Ansatzstellen der Sehnen sowie der Muskel-Sehnen-Übergänge jedoch empfindlich und verletzungsanfällig.

      Sehnenscheiden umhüllen die Sehnen zum Schutz, insbesondere bei gespanntem Verlauf über Gelenke. Sie besitzen eine äußere Bindegewebsschicht und eine innere Gleitschicht (sog. Synovialschicht). Zwischen den Sehnenscheiden und den Sehnen befindet sich ein Flüssigkeitsfilm (Synovia), welcher das Gleiten der Sehnen nochmals verbessert. Sehnenscheiden sind sehr ausgedehnt im Bereich der Hand vorhanden, da hier die Sehnen der Streck- und Beugemuskeln des Unterarms in ihrem langen Verlauf geschützt werden müssen. Sehnenscheiden finden sich am Übergang vom Unterarm zum Handrücken (sechs dorsale Sehnenscheiden), wie in Abb. I.9 zu erkennen, und in der Handinnenseite für die langen Sehnen der Fingerbeugemuskeln und des Daumenbeugemuskels. Daumen und kleiner Finger haben meist durchgehende Sehnenscheiden, während die Beugesehnen der Finger II–IV im Bereich der Hohlhand keine Sehnenscheiden besitzen. Im Handgelenksbereich kann es durch mechanische Überbelastung zur Entzündung der Sehnenscheiden kommen, man spricht dann von einer Sehnenscheidenentzündung oder Tendovaginitis.

      Abb. I.9: Sehnenscheiden am rechten Handrücken

      Wie bereits oben dargestellt, erfolgen Bewegungen im Zusammenwirken mehrerer Muskeln in Muskelketten und Muskelschlingen. Hierbei kommen verschiedene Funktionseinheiten vor, die sich aus dem anatomischen Aufbau des Bewegungsapparates ableiten. Diese Funktionseinheiten finden sich in einer Vielzahl von Bewegungen wieder – sei es beim Musizieren, bei Alltagsbewegungen oder sportlichen Aktivitäten.

      Im Folgenden werden drei für die Musizierbewegungen besonders wichtige Funktionseinheiten beschrieben und ihre Relevanz für optimale und gesunde Bewegungsabläufe verdeutlicht. Den Ausgangspunkt bildet die Bewegungseinheit von Kopf, Wirbelsäule, Becken und unterer Extremität, da sie die Basis – Stehen und Sitzen – für jegliche Musizierbewegung darstellt. Hierauf aufbauend wird die Funktionseinheit Schultergürtel, Schultergelenk, Arm und Hand als zentrale Bewegungseinheit für das instrumentale Musizieren beschrieben. Als dritte Funktionseinheit werden die an der Ansatzbildung und Stimmproduktion beteiligten – für Bläser und Sänger besonders wichtigen – Strukturen und Organe Brustraum, Kehlkopf und Vokaltrakt vorgestellt.

      Die hier beschriebenen Grundprinzipien funktioneller Haltung und Bewegung beim Musizieren werden in Kap. II.6 »Instrumenten- und gesangsspezifische Prävention« auf das Spiel der einzelnen Instrumente sowie das Singen und Dirigieren angewandt. Gerade die im Folgenden besprochenen Grundpositionen Stehen und Sitzen, die Schultergürtel-Arm-Kette sowie Ansatzbildung und Atmung sind in ihrer Funktionalität für Instrumentalisten von zentraler Bedeutung für die Gesundheit. Ungünstige Bewegungsmuster stellen bedeutsame Ursachen für das bei Musikern häufigste Beschwerdebild – das Überlastungssyndrom СКАЧАТЬ