Название: Der Dreißigjährige Krieg
Автор: Ricarda Huch
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Sachbücher bei Null Papier
isbn: 9783962818555
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Indessen musste Jakobe wahrnehmen, dass die Anhänglichkeit ihres Mannes, der sie sich nach fast zehnjähriger Ehe und nach so vielen Proben sicher wähnte, abnahm, ja zuweilen sich in das Gegenteil verkehrte. Meinte sie anfänglich, dass es sich nur um eine der sinnlosen Launen handle, wie seine Krankheit sie mit sich brachte, so überzeugte sie sich allmählich, dass etwas anderes dahintersteckte, und richtete ihren Verdacht auf Schenkern, der nebst seinen Anhängern den Herzog häufig besuchte und auf ihn einredete. Als sie nun den Dienern Befehl gab, niemanden mehr ohne ihr Wissen zu ihrem Gemahl zu lassen, kam eines Tages Herr von Ossenbruch, in allen Dingen Schenkerns Helfer und Geselle, das Kammerfräulein beiseite schiebend in ihr Gemach und beklagte sich, dass sie den Herzog absperre.
Wie er sich erdreisten könne, so gröblich zu ihr hereinzufahren, herrschte sie ihn an. Sie solle ihn doch nicht für ihren Feind ansehen, sagte nun Ossenbruch, sie sei ein viel zu schönes Weibchen, als dass ein Mann sie hassen könne. Sie stehe ja auch so verlassen da, und wenn sie des Trostes bedürfe, möchte sie sich doch an ihn halten, er sei ein Mann für zehn Männer, er sei ein Fels, sie solle es nur mit ihm versuchen, und so weiter. Wie er ihr dabei zudringlich näher kam und sein dunstiger Atem sie streifte, rief sie, er sei betrunken und solle sie auf der Stelle verlassen, was er aber nicht für Ernst nahm; so schlug sie ihn mit der Hand in das gedunsene Gesicht und gebot den Dienern, die inzwischen herbeigeeilt waren, ihn fortzuschaffen.
Hierüber kam es zu einem Streit mit Schenkern, der Genugtuung für den seinem Freunde zugefügten Schimpf forderte, während Jakobe verlangte, dass Ossenbruch bestraft und dass sie inskünftig vor ähnlicher Ungebühr gesichert würde. Es wundere ihn, sagte Schenkern, was für überspannte Prätentionen sie stelle, da sie doch ihre Pflichten als Gemahlin des Herzogs nicht erfülle, vielmehr ihren Mann einschließe, um allein zu herrschen, ihm auch nicht einmal einen Erben geboren habe, was ihn füglich veranlassen könnte, das unfruchtbare Bündnis aufzulösen, wofür es an Beispielen aus der alten und neuen Geschichte nicht fehle. Mit spöttischem Lächeln entgegnete Jakobe, er habe wohl vergessen, dass sie und ihr Gemahl der heiligen katholischen Kirche angehörten, welche die Ehescheidung nicht zulasse; solange sie am Leben sei, könne der Herzog nur Bastarde zeugen, wenn er überhaupt dazu fähig sei.
Schenkern antwortete darauf nicht; denn es traf ihn, dass sie recht haben könnte: solange sie am Leben sei, würde er nichts Durchgreifendes ausrichten können. Es war in der Tat unwahrscheinlich, dass der Papst sich zur Scheidung der Ehe bereitfinden lassen würde; wollte er, Schenkern, den Herzog anderweitig vermählen, so müsste Jakobe sterben. Nachdem er sich dies eine kurze Zeit hatte durch den Kopf gehen lassen, schrieb er an den Doktor Solenander, der mit Giften wie mit Heilmitteln Bescheid wusste, weil es zum gemeinen Nutzen notwendig sei, solle er die Herzogin Jakobe, die den Tod vielfach aus diesen und jenen Gründen verdient habe, ganz heimlich mit einem geeigneten Gifte, das etwa einer Arznei oder den Speisen beigemischt werden könne, vergeben; zugleich ihn mit nicht ausbleibender schrecklicher Strafe bedrohend, falls er von dem heiklen Geschäft etwas ruchbar werden ließe.
Solenander beantwortete dies Schreiben mit einem Briefe des Inhalts: Einem Arzte, der im Namen Gottes die Kunst, zu heilen und die Menschen an Leib und Leben zu fördern, ausübe, sei es desto schändlicher, seine Wissenschaft zum Zwecke des Mordes zu benützen, und weder die Furcht vor Rache noch die Gier nach Belohnung würde ihn je dazu bewegen, sich an irgendjemandem, geschweige an der Herzogin zu vergreifen. Habe dieselbe eine Schuld auf sich geladen, so sollten Richter, denen es zustehe, darüber erkennen; er sei aber der Meinung, wenn er auch den Staatsgeschäften fernstehe, dass sie sich kein so barbarisches Urteil mit Recht zugezogen habe, da vielmehr, selbst wenn sie aus Jugend und Unbedacht sich einmal verfehlt hätte, die traurige und höchst schwierige Lage, in die sie unvorbereitet geraten sei, sie von jedem Vorwurf freisprechen müsse.
Nicht ohne Besorgnis betrachtete Solenander seitdem die Herzogin, die er von dem Mordwillen eines fast allmächtigen Mannes umkreist wusste, und er sann vergeblich, wie sie aus dem Feuergürtel, der sie umzüngelte, zu retten sei. Das gefährliche Geheimnis jemandem anzuvertrauen, wagte er nicht; es hätte wohl auch nicht einmal ein Fürst den Gewalthaber, der den Kaiser und sogar den König von Spanien hinter sich hatte, auf das bloße Zeugnis eines an einen Arzt gerichteten Briefes zu stürzen unternehmen dürfen. Gelegentlich ließ er ein warnendes Wort gegen Jakobe fallen, sie solle doch Nachgiebigkeit und Vorsicht üben, da sie bei der traurigen und leider unheilbaren Krankheit des Herzogs einer Witwe gleichzustellen und schutzlos den grausamen Unbilden des Lebens preisgegeben sei; aber sie lachte ihn aus in der Meinung, Gott sei ihres Rechtes und ihrer guten Absicht bewusst und werde sie so oder so am Ende zum Triumphe führen.
Indessen hatte Schenkern beschlossen, da Solenander versagte, die Herzogin durch die Anklage auf ein Kapitalverbrechen zu stürzen, und war eifrig bemüht, den Stoff dazu zusammenzubringen. Deshalb näherte er sich allmählich der Sibylle, die kümmerlich und sorgenvoll als eine freiwillig Gefangene im Schlosse lebte und sich gegen jedermann beklagte, dass die Schwägerin sie nicht zu ihrem Bruder lasse und dass sie seit dem Tode ihres Vaters verachtet und verstoßen in steten Ängsten leben müsse. Er hinterbrachte ihr, wie das Unkraut der Ketzerei im Lande fortwuchere, da es nicht ausgereutet werde, sondern unter dem Schutze der Herzogin sich frech ausspreizen könne; wie die protestantischen Fürsten sich schon als Herren gebärdeten und wie man ihr, der Sibylle, zu guter Letzt auch noch einen ketzerischen Gemahl aufzwingen werde.
Das solle niemals geschehen, sagte Sibylle, lieber wolle sie unter ausgesuchten Martern sterben; sie habe es aber auch schon bemerkt, dass man sie herumzukriegen hoffe.
Wenn sie nur eine Stütze an ihrem Bruder hätte, sagte Schenkern. Es sei doch wunderlich, wie Jan Wilhelm vor der Hochzeit ein so gesunder, frommer und trefflicher Herr gewesen sei und wie mit dem Einzuge СКАЧАТЬ