Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962818555

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СКАЧАТЬ doch sei ja zu hof­fen, dass sei­ne Ärz­te ihm wie­der einen Auf­schwung gä­ben; an­de­rer­seits sei er bei so ho­hen Jah­ren, dass man sich auf sei­nen Hin­tritt ge­fasst ma­chen müs­se, und dann wer­de sie die Her­rin wer­den. Denn sie habe doch wohl Schön­heit und Witz ge­nug, ih­ren Ge­mahl, ein wie mäch­ti­ger Fürst er auch sei, ih­rer noch mäch­ti­ge­ren Herr­schaft zu un­ter­jo­chen. Ihr heim­li­ches Hän­de­drücken und Auf-die-Füße-Tre­ten bei der Ta­fel sei ihm nicht ent­gan­gen; sie sol­le nur be­ken­nen, dass sie mit Jan Wil­helm wohl­ver­se­hen sei. Da­bei strei­chel­te der Kur­fürst ihre vol­len, dun­kel­er­rö­te­ten Wan­gen und ih­ren mit Per­len­schnü­ren be­häng­ten Na­cken.

      Mit ih­rem Ge­mahl sei sie zu­frie­den, sag­te sie; sie hät­te nicht ge­glaubt, dass er so hübsch und so ar­tig sei. Der wür­de ihr ge­wiss nicht viel zu schaf­fen ma­chen.

      Der Kur­fürst be­trach­te­te sie un­schlüs­sig und gab ihr dann noch eine Rei­he gu­ter Leh­ren und Er­mah­nun­gen. Zu leicht sol­le sie sich’s auch nicht vor­stel­len, sie sei am bay­ri­schen Hofe zwi­schen from­men und lie­be­vol­len Ver­wand­ten auf­ge­wach­sen, hier in Düs­sel­dorf sei­en große Auf­ga­ben für sie, aber auch Ge­fah­ren, und es gel­te Vor­sicht und Miss­trau­en zu üben. Es wäre wohl schön, wenn sie die Kir­che in die­sen Lan­den wie­der auf­rich­ten könn­te; aber die Stän­de sei­en meis­ten­teils kal­vi­nisch und hät­ten lei­der all­zu viel Macht, sie müs­se sich hü­ten, mit der Ge­walt drein­zu­fah­ren, lie­ber Ge­le­gen­hei­ten ab­war­ten und lis­tig durch­schlüp­fen. Vor al­len Din­gen sol­le sie sich zu­rück­hal­ten, bis sie ein Prinz­lein ge­bo­ren ha­ben wer­de, das wer­de ihr An­se­hen ver­lei­hen, und es wer­de ja­wohl nicht lan­ge da­mit an­ste­hen.

      Ob er etwa mei­ne, er kön­ne ihr jetzt schon et­was an­mer­ken, sag­te die jun­ge Frau la­chend, in­dem sie sich sei­ner Ab­schieds­küs­se zu er­weh­ren such­te. Er sol­le nur ih­ret­we­gen ru­hig sein, sie sei nun ein­mal hier, habe sich dar­ein er­ge­ben und wol­le sich mit Gott so gut ein­rich­ten, wie es mög­lich sei.

      Sei­ne Ratschlä­ge sei­en über­flüs­sig, dach­te sie, als er sie ver­las­sen hat­te; aber er mei­ne es gut mit ihr und habe sie auf­rich­tig lieb. Wa­rum soll­te er sie auch nicht lie­ben, da sie doch ihr An­ge­sicht so won­ne­voll auf dem run­den ve­ne­zia­ni­schen Spie­gel wie eine Was­ser­ro­se auf blan­ker See­flä­che schwim­men sah. Nun woll­te sie aber zei­gen, dass sie mehr ver­mö­ge als Bli­cke wer­fen und Lau­te spie­len; sie, die als Pro­tes­tan­tin ge­bo­ren und durch Got­tes Fü­gung an den bay­ri­schen Hof ge­bracht und zur Kir­che zu­rück­ge­führt war, woll­te im Jü­li­cher Lan­de die Ket­ze­rei aus­rot­ten und sich da­durch der höchs­ten Ehre bei Papst und Kai­ser, vor al­len Din­gen bei ih­rem Pfle­ge­va­ter, dem Her­zog Wil­helm von Bay­ern, wert ma­chen.

      Nach ih­rer Mei­nung konn­te es nicht so blei­ben, dass Jan Wil­helm, ihr Mann, als ein Kind und fast als ein ar­mer Tropf am Hofe galt; sie hat­te den künf­ti­gen Her­zog ei­nes rei­chen Lan­des ge­hei­ra­tet, und als sol­cher soll­te er sich öf­fent­lich zei­gen. Ihm kam es vor, als wer­de er zum ers­ten Male recht ge­wür­digt und in sei­ner Be­deu­tung er­kannt, und er griff has­tig nach den Zü­geln der Re­gie­rung, um die er sich vor­her nie­mals be­küm­mert hat­te. Da es eben da­mals ge­sch­ah, dass die Stadt We­sel, die als eine ein­hel­lig kal­vi­ni­sche, tap­fe­re und wohl­ha­ben­de Ge­mein­de be­kannt war, einen ka­tho­li­schen Geist­li­chen hin­aus­ge­schafft hat­te, mach­te sich Jan Wil­helm da­hin­ter und ord­ne­te an, die Stadt sol­le eine ih­rer Kir­chen dem ka­tho­li­schen Got­tes­dienst ein­räu­men. Da­ge­gen er­ho­ben sich die Stän­de, die pro­tes­tan­tisch wa­ren, als ge­gen eine ge­walt­sa­me Neue­rung, und auch der alte Her­zog, nach­dem er eine Wei­le er­staunt und miss­trau­isch zu­ge­se­hen hat­te, ver­bat sich das vor­dring­li­che Ge­ba­ren sei­nes Soh­nes. Dar­über kam es zu bö­sen Auf­trit­ten in der Fa­mi­lie, wo­bei der alte Her­zog vor­züg­lich Jan Wil­helm be­droh­te, Si­byl­le hin­ge­gen Ja­ko­ben vor­warf, sie sei schuld an der Ver­wand­lung ih­res Bru­ders, der bis da­hin ein from­mer, ge­hor­sa­mer Sohn ge­we­sen sei. Mit dem Schwie­ger­va­ter und der Schwä­ge­rin hät­te sich Ja­ko­be al­len­falls fer­tig zu wer­den ge­traut; aber mäch­ti­ger als die­se wa­ren, wie sie all­mäh­lich be­merk­te, ei­ni­ge Räte des Her­zogs, vor al­len Herr von Wal­den­burg, ge­nannt Schen­kern, der an Stel­le des hin­fäl­li­gen Al­ten nach sei­nem Gut­dün­ken re­gier­te. Die­ser war es, des­sen Be­feh­len der Hof­staat und die Die­ner­schaft ge­horch­ten und der im­mer da­hin­ter­steck­te, wenn ihre und ih­res Man­nes Wün­sche auf Wi­der­stand stie­ßen.

      Als sie ei­nes Abends mit ei­ni­gen jun­gen Her­ren und Frau­en von Adel beim Brett­spiel sa­ßen und die Scha­tul­le leer fan­den, aus der sie das Geld zu ei­nem neu­en Ein­satz neh­men woll­ten, wur­de ih­nen vom Zahl­meis­ter, nach dem sie schick­ten, be­deu­tet, sie hät­ten mehr ver­braucht, als ih­nen zu­ste­he, er wol­le ih­nen wohl für den Au­gen­blick mit ei­ner Klei­nig­keit aus sei­nem Ei­ge­nen aus­hel­fen, ins­künf­ti­ge möch­ten sie aber das Wams nach dem Stücke schnei­den und die Schlep­pe ein we­nig stut­zen.

      Es ge­lang Ja­ko­be nicht, in ih­rem Man­ne die­sel­be Ent­rüs­tung zu er­re­gen, die sich ih­rer be­mäch­tigt hat­te, noch we­ni­ger, ihn zum Ein­schrei­ten ge­gen den Mar­schall Schen­kern zu brin­gen, auf den der Zahl­meis­ter sich be­ru­fen hat­te. So zog sie denn den mäch­ti­gen Mann selbst zur Re­chen­schaft und hielt ihm vor, dass sie nicht etwa ihn um Geld bit­te, viel­mehr ver­lan­ge, dass ihr un­er­be­ten ge­lie­fert wer­de, was zur Be­strei­tung ei­nes fürst­li­chen Hof­halts er­for­der­lich sei.

      Das sei ih­nen ge­lie­fert wor­den, ent­geg­ne­te Schen­kern kalt, sie hät­ten es aber all­zu schnell ver­braucht.

      Das Blut stieg der jun­gen Frau ins Ge­sicht. Nicht so viel sei ihr ge­reicht wor­den, wie sich zum Na­del­geld für eine un­ver­mähl­te Prin­zes­sin schi­cke. Was sie denn aus­ge­ge­ben hät­te? Ge­wän­der und Klein­odi­en hät­te sie mit­ge­bracht, hier nichts der­glei­chen er­hal­ten. Ob es ihr etwa ver­bo­ten sein sol­le, bei ih­rem täg­li­chen Gang in die Mes­se Al­mo­sen aus­zu­tei­len? Oder ob ih­nen das Brett- und Kar­ten­spiel als ihre ein­zi­ge Un­ter­hal­tung zu miss­gön­nen sei? Es gebe Un­ter­ta­nen des Her­zogs, die präch­ti­ger als sie und ihr Herr auf­zö­gen, aus­reis­ten, so oft und wo­hin es ih­nen be­lieb­te, und Gna­den ver­teil­ten wie re­gie­ren­de Fürs­ten. Da­bei lenk­te sie das zor­ni­ge Feu­er ih­rer dun­kelblau­en Au­gen ge­ra­de auf ihn.

      »Ich ge­nie­ße«, sag­te Schen­kern mit dreis­tem Lä­cheln, »was mei­ne Äm­ter mir ein­brin­gen. Ei­nem je­den das Sei­ne. Ihre Gna­den müs­sen mit Ihrem Ein­kom­men haus­hal­ten und sich in die Stel­lung Ihres Ge­mahls fü­gen ler­nen, die be­schei­de­ner ist als die hoch­fah­ren­den Mie­nen und Wor­te Eu­rer Gna­den. Denn bis jetzt ist der jun­ge Herr nur der ers­te Un­ter­tan un­se­res re­gie­ren­den Her­zogs.«

      »Der Rat, den Ihr mir gebt, ist gut für Euch«, rief Ja­ko­be auf­brau­send. »Wir wer­den se­hen, wer sich eher in die Stel­lung bücken muss, die ihm zu­kommt, Ihr oder ich.«

      Einst­wei­len frei­lich muss­te Ja­ko­be das kärg­li­che Le­ben fris­ten, das ihr vor­ge­schrie­ben СКАЧАТЬ