Leise Wut. Cornelia Härtl
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Название: Leise Wut

Автор: Cornelia Härtl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Lena Borowski

isbn: 9783947612932

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СКАЧАТЬ in wildem Durcheinander Schuhe. Sie suchte das kleinste Paar aus, das sie finden konnte, hielt den Socken dran. Die mussten passen. Sie blickte sich um, griff nach einem der Stoffbeutel. Als sie den Inhalt sah, kam ihr eine Idee.

       Wenige Minuten später ging sie noch einmal in die Mädchenumkleide, machte sich auch hier systematisch auf die Suche. Noch bevor sie fertig war, hörte sie Schritte. Jemand kam genau auf den Raum zu. Schnell setzte sie sich auf die Bank, tat, als würde sie ihre Schuhe ausziehen. Die Tür öffnete sich. Ein Mädchen stand da, wohl ein paar Jahre älter als sie, das dunkle Haar akkurat gescheitelt und zu zwei seitlichen Zöpfen gebunden. Getöntes Lipgloss ließ es apart aussehen. »Klara nicht hier?«

      Sie schüttelte den Kopf, die Tür schloss sich, die Schritte entfernten sich. Sie beeilte sich nun, aus der Turnhalle heraus zu kommen. Der Junge saß auf der Bank, die Beine schlenkerten in der Luft. Er sah so verloren aus, wie er war.

       »Schnell, zieh das an!«, sagte sie und reichte ihm seinen Socken und die Schuhe. Sie passten und sie atmete auf. Dann gab sie ihm einen der drei prall gefüllten Beutel, die sie bei sich trug. »Ich hab uns was zu essen besorgt. Und Saft. Und Schokoriegel.«

      Weiter hinten trat jemand gestikulierend aus der Tür der Turnhalle. Das Mädchen blickte über ihre Schulter zurück. »Los, weg hier«, murmelte sie und zog den Jungen mit sich, der verlor beinahe den Beutel, weil er nach dem Stofftier griff, das noch auf der Bank lag.

      »Hallo, Ihr da!«, schrie jemand. Es war die Bezopfte. Das Mädchen drehte sich nicht mehr um. Sie sprintete mit dem Jungen an der Hand den Fußweg entlang, am Außengelände des Kindergartens vorbei, in dessen Garten jetzt Ruhe eingekehrt war. Frühstückszeit. Sie bogen in eine mit Bäumen gesäumte Allee ab, rannten weiter durch eine schmale Straße. Bis sie zu einer winzigen Grünanlage kamen. Dahinter lagen Reihenhäuser, alles schmuck, mit ordentlich gestutztem Rasen und beschnittenen Hecken.

      Ob man sie noch verfolgte? Sie wagte nicht, sich umzudrehen, zog den Jungen weiter, durch den Durchgang zwischen zwei Häusern, hinter denen ein schmaler Weg entlang eines Waldstücks lief. Schilder wiesen zu einem Sportplatz. Von irgendwoher hörte sie laute Rufe. Sie erschrak, bevor sie realisierte, dass auf einem naheliegenden Gelände Fußball gespielt wurde. Die Turnbeutel schlugen heftig gegen ihre Beine, sie wagte nicht, stehenzubleiben, um sie sich über die Schulter zu hängen. Der Junge konnte nicht mehr, er stolperte, wäre fast gefallen.

      Gleich wird er wieder anfangen zu heulen.

      Das Mädchen ließ seine Hand los. Sie konnte ihn nicht mehr mitnehmen. Wusste selbst nicht, wohin sie eigentlich wollte. Sie musste sich verstecken, noch ein paar Tage durchstehen, zu Geld kommen, in Ruhe nachdenken. Jetzt erst einmal von dem Pfad weg. Sie bog nach rechts ab, lief durchs Dickicht. Ihr eigener Atem dröhnte ihr in den Ohren. Sie spürte Zweige über ihre Haut kratzen. Weiter, einfach weiter, bis sie sicher sein konnte, dass niemand hinter ihr her war. Das Waldstück lichtete sich. Vor ihr breiteten sich große Gartengrundstücke aus. Sie war in einer Schrebergartensiedlung angekommen. Keuchend hielt sie an. Starrte auf Stangenbohnen, Tomatenpflanzen, Komposthaufen. Kleine Gartenhütten. Sie kniff kurz die Augen zusammen. Hier würde sie sich verstecken können. Etwas zu essen und zu trinken hatte sie erst einmal. Wenn sie Glück hatte, konnte sie sich waschen und fand vielleicht auch ein Kleidungsstück, das frischer war als das, was sie am Leib trug.

      Hinter ihr knackte ein Ast. Erschrocken fuhr sie herum. Ihre Augen weiteten sich, als sie sah, wer dort stand.

      22

      Lena frühstückte am nächsten Morgen zeitig. Danach mietete sie ein Fahrrad und brach in Richtung des Hotels auf. Noch am Vorabend hatte sie eine Stelle auf einer Anhöhe ausfindig gemacht, von der aus sie die Seitenstraße zum Hotel überblicken konnte. Wenn ein Teil der Hotelgäste tagsüber zum Baden fuhr, konnte sie den Mann, den sie suchte, eventuell auf diese Weise finden. Ein alleinreisender Mann, der mit einem ungefähr vierjährigen Kind unterwegs war, dürfte unter all den Familien doch auszumachen sein. An ihrem Ziel angekommen, lehnte sie ihr Rad an einen ausladenden Baum. Mit einem Fernglas, das sie noch am Vorabend in Ciutadella gekauft hatte, setzte sie sich im Schutz einiger spärlich wuchernder Büsche so hin, dass man sie nicht gleich sehen konnte. Selbst wenn, würde sie hoffentlich wirken wie eine Radlerin, die eine kleine Pause einlegte.

      Es war warm an diesem Tag, einige Insekten umschwirrten sie, gelegentlich fuhr auf der Straße ein Auto vorbei. Ansonsten wurde ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt. Der Kleinbus rollte heran, ungefähr eine Dreiviertelstunde nachdem sie ihren Beobachtungsposten eingenommen hatte.

      »Mist«, murmelte sie halblaut. Denn trotz des Fernglases konnte sie nicht alle Insassen genau erkennen.

      Gehen wir mal davon aus, dass es dieselbe Gruppe ist wie gestern.

      Danach fuhren einige Kleinfamilien mit Fahrrädern zur Straße. Ein einzelner Mann in einem Porsche Cayenne kam als Nächstes. Mit seinem fast weißen Haarschopf kam er nicht infrage. In weiten Abständen folgten ein Lieferwagen des Hotels, ein Kleinwagen mit einer vierköpfigen Familie und erneut zwei Radfahrer, ein Mann mit halblangem blonden Haar und ein kleines Mädchen. Danach tat sich sehr lange nichts.

      Der Lieferwagen kam zurück, ebenso eine der Familien, die mit ihren Rädern unterwegs gewesen waren.

      Inzwischen hockte Lena seit Stunden auf ihrem Platz. Ihre Blase sendete SOS und sie war zum Opfer juckender Mückenstiche geworden. Sie begab sich hinter einen Busch, um zu pinkeln. Danach breitete sie ihre Decke an einer anderen Stelle aus, wo sie mehr Baumschatten hatte. Von dort sah sie lediglich ein kleineres Stück von der Zufahrtsstraße zum Hotel.

      Die nächsten zwei Stunden durchbrach kein Fahrzeuggeräusch die Stille. Falls der Mann, den sie suchte, hier war, befand er sich womöglich auf dem Strandabschnitt in der Bucht hinter dem Hotel. Oder eben am Pool. Sie würde nicht drum herumkommen, sich noch einmal auf das Gelände des Hotels zu begeben, auch wenn sie Gefahr lief, erneut sofort hinauskomplimentiert zu werden.

      Gegen Mittag kehrte ein Teil der Gäste ins Hotel zurück, keiner von ihnen verließ es noch einmal. Der Kleinbus kam am Nachmittag. Danach wurde es ruhig. In dem Moment, in dem Lena darüber nachdachte, ihren Beobachtungsposten zu räumen, tuckerte erneut ein Kleinwagen heran. Sie erkannte den Wagen der Spanierin, die sie angesprochen hatte. Verwundert sah sie das Auto auf die Zufahrt einbiegen und auf dem Hotelgelände verschwinden. Was die Frau dort wohl wollte? Weitere Fotos schießen? Lena griff nach ihrer Wasserflasche und trank den letzten Schluck. Danach packte sie den Rest ihrer Sachen zusammen. Die ganze Aktion war ein Schlag ins Wasser gewesen. Sie hatte nicht einen Hinweis gefunden, der sie weiterbrachte. Es fing bereits an, zu dämmern. Lena zog den Riemen ihrer Tasche quer über die Brust und legte die Decke und die leere Wasserflasche in den Korb ihres Fahrrads. Sie stieg auf, um noch ein Stück die Zufahrtsstraße hineinzuradeln, bis sie das Gebäude sehen konnte, und starrte angestrengt hinüber. Im Hotel gingen in den ersten Zimmern die Lichter an, doch die meisten der Zimmer blieben dunkle Rechtecke.

      Ein völlig ausgebuchtes Haus sieht anders aus.

      Lena wendete ihr Rad und war gerade wieder auf der Straße angekommen, als der Wagen der Spanierin hinter ihr auftauchte. Er kam mit überhöhtem Tempo die Zufahrt herauf, bog mit quietschenden Reifen ab, fuhr an ihr vorbei und verschwand aus Lenas Sichtfeld. Gleich darauf kam ein zweiter Wagen. Ein dunkler Audi schien dem Kleinwagen der Spanierin zu folgen. Lena trat in die Pedale, sie fühlte sich verschwitzt und sehnte sich nach einer Dusche und einem kühlen Getränk. Die Straße stieg zunächst ein kleines Stück an, um dann in einem weiten Bogen sanft abfallend um einen Hügel zu führen. Ein leichter Wind war aufgekommen und strich angenehm über ihre erhitzte Haut. Lena war kaum zwei Minuten unterwegs, СКАЧАТЬ