Leise Wut. Cornelia Härtl
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Название: Leise Wut

Автор: Cornelia Härtl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Lena Borowski

isbn: 9783947612932

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СКАЧАТЬ presste die Stirn gegen das kühle Fensterglas. Sie würden sich irgendwie durchschlagen müssen, bis ihr etwas einfiel. Der Junge regte sich im Schlaf, er brabbelte etwas Unverständliches, seine Füße zuckten.

      Im selben Moment hörte sie von draußen ein Motorengeräusch. Sie trat einen Schritt zurück. Von ihrer Position aus konnte sie ein Stück der Straße sehen. Ein dunkler Wagen fuhr dort draußen im Schritttempo heran. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, als er vor dem hohen Metalltor stoppte. Niemand stieg aus, der Motor lief weiter. Ihr Mund wurde trocken. Hatte man sie gefunden? Jetzt öffnete sich die Tür der Beifahrerseite. Ein schwarz gekleideter Mann stieg aus. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe fiel auf den gekiesten Weg, der direkt zu ihnen herüber führte.

      Das Mädchen ließ sich blitzschnell fallen, robbte ganz nah an die Wand und presste sich mit dem Rücken dagegen. Wer war da draußen? Ein leichtes Metallgeräusch, als rüttele jemand prüfend am Tor. Gleich darauf quietschten die Rollen. Sie hatten das Tor geöffnet! Panisch sah sie sich um. Sie kam hier nicht raus, ohne gesehen zu werden. Ihr Blick glitt schräg nach oben. Erfasste einen Holzriegel an der Tür. Wenn sie es schaffte, den vorzulegen, bevor der Mann die Tür erreicht hatte, konnte er nicht herein. Vorsichtig schob sie sich weiter nach rechts, bis sie direkt unter der Tür saß, drehte sich um und griff, kniend, nach oben. Ihre Fingerspitzen berührten den Riegel, so konnte sie ihn aber nicht umlegen. Ein Glasfenster war in Kopfhöhe in der Tür eingelassen. Sie erhob sich gerade so weit, dass sie den Riegel erreichen konnte und nicht durch das Fenster zu sehen war. Mit einem leisen Geräusch schnappte die Verriegelung ein. Mit heftigem Herzklopfen blieb sie einen Moment in dieser Position. Dann sank sie zu Boden und robbte zurück unter das Fenster. Ein Lichtstrahl huschte darüber hinweg, streifte die hellbraunen Dachbalken. Sie presste die Augen kurz zusammen. Riss sie wieder auf. Wenn der Mann herkam und mit der Taschenlampe durchs Fenster leuchtete, würde er den Jungen sehen.

       Die Anspannung in ihr war auf einmal so groß, dass sich ihre Finger wie von selbst zu Fäusten schlossen. So fest, dass ihre Fingernägel ins Fleisch ihrer Ballen schnitten. Was sollte sie tun? Den Jungen wecken, um ihn auf ihre Seite zu holen? Was, wenn er aufschreckte, weinte oder schrie?

      Sie hörte vorsichtige Schritte draußen auf dem Kies. Eine Männerstimme, die leise etwas sagte. Sie wusste nicht, ob sie die Stimme kannte.

      Sie dürfen mich nicht finden, dachte sie. Was ihr blühen würde, wollte sie sich nicht einmal ansatzweise vorstellen. Und der Junge? Würde es ihn noch härter treffen als sie, wehrlos, wie er war? Das Licht war nicht näher gekommen, aber der Mann war noch da, so nah, dass sie seine Schritte hören konnte. Ein piepsendes Geräusch ertönte, wie von einem elektronischen Gerät. Die Männerstimme sagte etwas. Dabei entfernte sie sich.

      Das Mädchen lauschte angestrengt. Erst, als das Tor zugezogen wurde und das Klappen der Wagentür ertönte, erhob sie sich und spähte aus dem Fenster. Der Wagen fuhr an. Jetzt konnte sie im Schein der Straßenlaternen die Aufschrift an der Seite erkennen. »Security«, mehr verstand sie nicht. Es reichte, um sie aufatmen zu lassen. Der Wachdienst war hier gewesen. Nur der Wachdienst. Auch der hätte sie finden können und das wäre nicht gut gewesen. Aber nichts war so schlimm wie GOTT.

      Gut, dass der Junge all das verschlafen hatte. Jetzt legte auch sie sich hin, richtete sich auf dem harten Holzboden des Ausstellungspavillons ein, in den sie sich geflüchtet hatten. Morgen früh mussten sie hier raus sein, bevor die ersten Mitarbeiter kamen. Sie trug keine Uhr, aber ihr Empfinden sagte ihr, dass sie bis dahin noch ein paar Stunden Schlaf tanken konnte. Und sobald draußen die Sonne aufging, würde sie wach werden. Sie legte den Arm unter den Kopf und versuchte, an etwas Schönes zu denken. Es fiel ihr nichts ein.

      20

      Lena saß in einem Café am Hafen, um vor dem Abendessen ein Glas Wein zu trinken. Sie schrieb dabei eine Ansichtskarte an Frau Kasulke. Noch war ihr nicht eingefallen, auf welchem Weg sie sich im Hotel umsehen konnte. Also schrieb sie in der Zwischenzeit der kranken Hausmeisterin einen Gruß. In der Hoffnung, dass die sich darüber freuen würde.

      »Holà«, grüßte jemand. Die Frau im Leinenkleid nahm am Nebentisch Platz.

      Lena sagte »Hallo« und schrieb weiter. Erst, als sie fertig war, die Marke aufgeklebt und den Kugelschreiber in ihrer Umhängetasche verstaut hatte, nahm ihre Nachbarin das Gespräch wieder auf. Zunächst auf Spanisch, als Lena ihr mitteilte, dass sie die Sprache nicht beherrschte, fuhr die Spanierin in perfektem Deutsch mit einer leichten spanischen Melodie darin fort.

      »Wir haben uns am Hotel gesehen«, stellte sie fest. »Wohnen Sie dort?«

      Lena zögerte, zu antworten. Wollte die Frau Smalltalk machen, oder gab es einen Grund für ihre Frage?

      »Nein. Ich habe jemanden gesucht, der dort eventuell seinen Urlaub verbringt. Aber ich habe ihn nicht getroffen«, erwiderte sie schließlich. »Und Sie?«

      »Ich habe fotografiert. Der Blick aufs Meer von dort ist herrlich.«

      Lena hob zweifelnd die Brauen. Es gab sicherlich noch mehr Stellen, von denen aus man tolle Fotos knipsen konnte. Aber sie sagte nichts dazu.

      »Haben Sie Kinder?« Die Frau rührte etwas zu heftig in ihrem Kaffee.

      »Nein.« Lena lehnte sich zurück und betrachtete ihre Nachbarin mit zusammengekniffenen Augen. »Sie?«

      »Ich ebenfalls nicht.« Der Löffel wurde aus dem Kaffee gezogen und landete auf der Untertasse. »Will nur ein paar Tage ausspannen. Ein bisschen Sonne und Meer genießen.«

      Die Spanierin trank ihren Kaffee aus, legte ein paar Münzen auf den Tisch und erhob sich. »Einen schönen Tag noch.« Mit diesen Worten ging sie davon.

      Lena blickte ihr hinterher. Bevor die Frau gekommen war, hatte sie nach einem Plan gesucht. Nun glaubte sie, ihn gefunden zu haben.

      21

      Die Kinder tobten unbeschwert herum, gelegentlich ermahnt von einer der Erzieherinnen. Das Mädchen stand außerhalb des Kindergartens und sah ihnen durch den Zaun hindurch zu. Der Junge hatte seine Hand in ihre geschoben. Sie war kühl und klebrig. Dennoch hielt sie sie fest.

      Sie hatten den Gartenpavillon auf dem Ausstellungsgelände des Baugroßhandels verlassen, ohne dass sie gesehen wurden. Kaum jemand nahm von ihnen Notiz, als sie durch die Straßen liefen. Die meisten Menschen starrten auf die Displays ihrer Telefone oder musterten sie nur beiläufig. Nur eine Frau hatte empört geschnaubt, als sie neben ihnen an einer Ampel wartete. Sie war demonstrativ zwei Schritte von ihnen weggegangen und das Mädchen dachte, dass sie vermutlich beide nicht so gut rochen.

      Sie betrachtete die schmutzigen Socken des Jungen. Er brauchte dringend ein paar Schuhe, konnte kaum noch laufen. Zunächst hatte sie daran gedacht, sich in den Kindergarten zu schleichen. Doch dann kam ihr eine bessere Idee. Am anderen Ende des Geländes lag eine Grundschule, daneben eine Sporthalle.

      »Warte hier«, wies sie den Jungen an und zeigte auf eine rote Bank an der Grünfläche hinter ihnen. »Ich komme schnell zurück.« Er setzte sich brav hin und sie zog ihm einen Socken aus. »Kriegst du gleich zurück«, erklärte sie.

      Die Turnhalle roch muffig, irgendwo wurden Bälle auf den Boden gedroschen. Das Mädchen huschte durch die Gänge, bis es zu einer Umkleidekabine kam. Mädchen. Sie ging weiter, bis zu den Jungs. Horchte. Niemand war hier draußen. Sie drückte die Tür auf. Auch hier alles ruhig. СКАЧАТЬ