Название: Chefarzt Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Chefarzt Dr. Norden
isbn: 9783740953034
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Sein Herz wurde schwer.
»Das muss es nicht, Liebling«, versicherte er. »Du kannst doch nichts dafür.« Der Ausdruck in ihren Augen machte ihm Angst. Er beugte sich über sie. Strich ihr die blonden Strähnen aus der Stirn. »Das wird schon wieder. Und in zwei Wochen stehen wir vor dem Traualtar und geben uns das Ja-Wort.«
Ein Leuchten huschte über das, was von ihrem Gesicht zu sehen war.
»Zwei Wochen nur noch.« Wieder ein Husten. »Ich wollte etwas ganz Besonderes für dich …«
Er legte den Zeigefinger auf die Maske, dorthin, wo er ihre Lippen vermutete.
»Du darfst dich nicht anstrengen, Liebling. Wir sind zusammen und stehen das gemeinsam durch.« Er legte seine Wange an ihre.
Silje schloss die Augen. Sie wollte ihm so gern glauben.
*
Obwohl ihr kleiner Adoptivsohn Fynn erst seit ein paar Monaten bei ihnen lebte, fühlte sich Tatjana an diesem Morgen wie amputiert.
»Es ist, als würde ein Stück von mir fehlen«, versuchte sie, dieses seltsame Gefühl in Worte zu fassen. Sie saß am Tisch. Um die ungewöhnliche Stille zu übertönen, rührte sie krampfhaft in der Kaffeetasse. Doch was war dieses Geklimper im Vergleich zu Fynns pausenlosem Geplapper? Zu seinem Singen und Springen. Und dann erst dieses Lachen! Tatjana war sicher, nie mehr wieder glücklich zu sein ohne dieses grundlose Kichern und Glucksen.
»Offenbar fehlt ein Stück von deinem Ohr«, bemerkte Danny und hielt ihre Hand fest.
Keine Sekunde länger hätte er das schrille Klirren des Löffels am Porzellan ertragen.
»Haha.« Sie verzog den großen Mund. »Hast du schon mit der Klinik telefoniert?«
»Fynns Zustand ist unverändert. Ernst, aber nicht lebensbedrohlich.« Danny legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Er wusste, was sie dachte. »Glaub mir! Für mich ist das genauso schwer wie für dich.«
»Warum bist du dann so verdammt ruhig, während ich die Wände hochgehen könnte?«, platzte sie heraus.
Sie riss sich los und sprang vom Stuhl auf. Trat ans Fenster und blickte hinab auf die belebte Straße, als könnte sie genau sehen, was sich dort unten abspielte.
Bei einem Unfall vor vielen Jahren hatte sie ihr Augenlicht verloren. Danny war es zu verdanken, dass sie wenigstens einen Teil ihrer Sehfähigkeit zurückerhalten hatte. Trotzdem wollte sie die Zeit absoluter Dunkelheit nicht missen. Ihr hatte sie die Sensibilität ihrer übrigen Sinne zu verdanken, die sich auf fast unheimliche Art und Weise geschärft hatten. Tatjana erspürte mehr, als andere Menschen mit den Augen erfassten konnten. Sie fühlte, wenn sich ein Mensch näherte. Erkannte ihn am Klang seines Schrittes. Am Geruch seiner Haut. Sie erahnte seine Stimmung. Deshalb wusste sie, dass Danny hinter sie getreten war. Sie spürte auch, wie hilflos er war.
»Das Haus … unser Wolkenkuckucksheim … das wollen wir doch nur für ihn kaufen.« Tränen wollten ihre Stimme ersticken. Trotzdem fuhr sie fort. »Mit einem großen Garten zum Spielen. Bäumen, um darauf herumzuklettern. Einem Turm, den der kleine Ritter gegen böse Drachen verteidigen, in den er sein Burgfräulein entführen kann.«
Danny legte die Hände auf ihre Schultern und das Kinn auf ihren Kopf. Das weißblonde Streichholzhaar kitzelte ihn in der Nase. Es lenkte ihn wenigstens kurz ab. Sonst wäre er womöglich auch noch in Tränen ausgebrochen.
»Ich muss jetzt leider in die Praxis«, sagte er heiser. »Soll ich dich in Klinik bringen? Dort warten bestimmt noch mehr Angehörige auf ihre Lieben.«
Tatjana dachte kurz nach. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Nein, danke. Ich gehe arbeiten. Das ist immer noch das beste Mittel gegen Herzschmerz.« Sie drehte sich um und sah Danny an. Täuschte er sich oder waren ihre Augen an diesem Morgen noch größer, noch blauer als sonst? »Nimmst du mich mit?«
Statt einer Antwort schloss er sie in die Arme und gab ihr einen verzweifelten Kuss.
*
»Nein, Erik, es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme.« Schwester Elena saß im Dienstzimmer der Quarantänestation und hielt den Hörer ein Stück vom Ohr weg. Eine männliche Stimme hallte durch den Raum. Sie wartete, bis sie verstummte. »Natürlich melde ich mich bei dir, sobald ich etwas Neues weiß.« Sie sah hinüber zu Dr. Lammers, der gerade ins Zimmer kam. »Jetzt reg’ dich doch bitte nicht so auf. Ich bin doch nicht erst seit gestern Krankenschwester. Das hier ist nicht die erste kritische Situation, in die ich gerate. Und bisher ist doch auch immer alles gut gegangen.« Sie lauschte in den Apparat und nickte. »Ja, ich liebe dich auch. Kuss.« Seufzend legte sie den Hörer auf.
»Ein Glück, dass ich keine Familie am Hals habe«, bemerkte der Kollege Lammers. »Diese ständigen Rechtfertigungen würden mir gehörig auf die Nerven gehen.«
»Ach, so schlimm ist es gar nicht. Nur manchmal ein bisschen anstrengend.«
Elena ging hinüber zur Küchenzeile und schenkte sich Kaffee ein. Sie hielt Lammers die Tasse hin. »Auch einen?«
Dankend nahm er sie an.
»Mir ist es trotzdem lieber so.« Er nippte am Kaffee. Schwarz wie seine Seele und genauso bitter. »Ärgerlich nur, dass ich jetzt zum Nichtstun verdammt bin.«
Elena erinnerte sich an die Szene auf dem Flur.
»Nehmen Sie es nicht persönlich. Fee hat Angst um ihren Enkel und fühlt sich schuldig.«
»Ein Grund mehr, sich keine Familie anzuschaffen.«
»Sie wissen doch, dass sie in letzter Zeit eine Menge durchgemacht hat. Der Herzinfarkt hat ihr ganz schön lange zu schaffen gemacht.«
»Was soll das? Soll ich jetzt auch noch Mitleid haben? Meinetwegen kann sie gern aufhören zu arbeiten. Ich brauche sie hier nicht.« Der Rest seines Satzes schwebte noch in der Luft, als Fee um die Ecke bog.
Elena hielt die Luft an. Aber ihre Freundin und Kollegin zuckte nicht einmal mit der Wimper. Sie war mit den Gedanken woanders.
»Na, wie ist es um Ihre Zauberkräfte bestellt?«, fragte Volker. »Ist der Bengel schon gesund?«
Fee schüttelte den Kopf.
»Ihm ist übel und er hat offenbar Ohrenschmerzen. Außerdem ist seine Atmung unregelmäßig.«
»Wenn ich nicht irre, sind das alles Symptome einer H1N1-Infektion.«
Fee fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
»Ich werde das schon in den Griff bekommen. Im Augenblick ist Schwester Gesine bei ihm.«
Elena musterte ihre Freundin mit schief gelegtem Kopf. Sie trat zu ihr, legte die Hand auf die rechte Wange.
»Du liebe Zeit! Du hast ja Fieber.«
Felicitas trat einen Schritt zur Seite. Die Hand СКАЧАТЬ