Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ un­fehl­bar wer­de, ab­lehn­ten. In ei­ner von Hein­richs Schlach­ten kämpf­ten sech­zehn Bi­schö­fe auf sei­ner Sei­te.

      Das Selt­sa­me und Ent­schei­den­de ist nun aber, dass auch die treu­en An­hän­ger des Kai­sers vor ih­rem Tode den Frie­den mit der Kir­che such­ten, so­weit sie sich nicht schon frü­her be­kehrt hat­ten. Gera­de über die Deut­schen hat­te die Kir­che mehr Macht als der Staat. Wohl war auch die Per­son des Kö­nigs in mys­ti­sche Vor­stel­lun­gen ein­ge­taucht und über die Ebe­ne des Ir­di­schen er­ho­ben; aber sein Wal­ten ver­knüpf­te sich doch nicht so mit dem See­len­le­ben der Men­schen wie das der Kir­che, die das Kind tauf­te, dem Er­wach­se­nen das Abend­mahl, dem Ster­ben­den die letz­te Weg­zeh­rung reich­te und mit ihm be­te­te. Alle Ge­dan­ken und Ge­füh­le, die über das Ir­di­sche und All­täg­li­che hin­weg der ewi­gen Hei­mat zu­streb­ten, wa­ren mit der Kir­che ver­bun­den; die blieb un­an­ge­tas­tet, was für Vor­wür­fe auch ge­gen die Pfaf­fen er­ho­ben wer­den moch­ten. Dach­te doch der Kai­ser selbst nie­mals dar­an, das Papst­tum als sol­ches an­zu­grei­fen, war er doch viel­mehr im­mer ge­neigt, wo sich die Mög­lich­keit der Ver­söh­nung zeig­te, die Hand dazu zu bie­ten, und nie war er zu stolz, um sich vor dem rö­mi­schen Bi­schof wie vor Gott in den Staub zu wer­fen. Ob­wohl die Kai­ser sich im ein­zel­nen Fal­le das Recht nah­men, den Papst ab­zu­set­zen, strit­ten sie ihm grund­sätz­lich nie das Recht ab, von ih­nen die Ehr­furcht zu ver­lan­gen, die der Sohn dem Va­ter schul­dig ist.

      Der Tod Gre­gors VII., der fern von Rom im Schutz der Nor­man­nen starb, be­deu­te­te für Hein­rich IV. kei­ne Er­leich­te­rung; denn Gre­gors Nach­fol­ger tra­ten in sei­nen Ide­en­kreis ein, und die Bi­schof­sein­set­zung blieb eine un­lös­ba­re Streit­fra­ge. Dass es der Ku­rie ge­lang, die bei­den Söh­ne des Kö­nigs, Kon­rad und Hein­rich, nach­ein­an­der ge­gen den al­tern­den Va­ter auf­zu­het­zen, of­fen­bart die Zer­rüt­tung des sa­li­schen Hau­ses, das sei­nem Ende zu­ging. Von sei­nem Soh­ne be­kämpft und ent­thront starb der erst 55­jäh­ri­ge Kai­ser in Lüt­tich, vom dor­ti­gen Bi­schof und dem Her­zog von Loth­rin­gen mit Lie­be auf­ge­nom­men.

      Als Hein­rich IV. im Jah­re 1073 vor den Sach­sen flie­hen muss­te, als der Papst ihn ge­bannt, der Erz­bi­schof von Mainz ihn ab­ge­setzt hat­te, als er krank und ver­las­sen in La­den­burg sich auf­hielt, ka­men Bür­ger von Worms zu ihm, um ihn fei­er­lich in ihre Stadt ein­zu­ho­len. Sie ka­men in Wehr und Waf­fen, um ihm zu zei­gen, dass eine Mann­schaft vor­han­den sei, die es mit vie­len Fein­den auf­neh­men kön­ne. Hat­ten sie doch schon die bi­schöf­li­chen Krie­ger aus der Stadt ver­jagt und hät­ten sie doch auch den Bi­schof selbst ge­fan­gen­ge­nom­men, wenn er nicht ent­flo­hen wäre. Sie ge­lob­ten dem Kai­ser Treue, sie be­steu­er­ten sich selbst, um die Kriegs­kos­ten zu de­cken; ohne sein Zu­tun ge­wann er eine um­mau­er­te Stadt als Zuf­luchts­ort, ein zu­ver­läs­si­ges Heer, das Gut und Blut für ihn zu op­fern be­reit war.

      Die­sel­be Stim­mung wie in Worms herrsch­te in Köln, der Stadt des Erz­bi­schofs Anno, der eine Zeit lang wäh­rend der Min­der­jäh­rig­keit Hein­richs das Reich re­giert und den kö­nig­li­chen Kna­ben all­zu rück­sichts­los be­vor­mun­det hat­te. Jen­seits der al­ten Rö­mer­mau­er im Os­ten der Stadt, in der Rich­tung auf den Rhein, war in Köln der Markt ent­stan­den; denn zur Be­för­de­rung der Gü­ter be­nutz­te man wo mög­lich die Was­ser­stra­ßen, und na­ment­lich der Fern­ver­kehr muss­te sich in der Nähe des Stro­mes ab­spie­len. Dort war seit al­ters die Ju­den­stra­ße. Zwi­schen ihr und der Kir­che und dem Klos­ter Groß-Sankt-Mar­tin be­fand sich der Alte Markt, auf dem Le­bens­mit­tel und ge­werb­li­che Er­zeug­nis­se zum Ver­kauf aus­ge­stellt wa­ren, und wo die Hand­wer­ker wohn­ten; wei­ter süd­lich ge­gen Sankt Ma­ria im Ka­pi­tol er­streck­te sich die grö­ße­re Hälf­te des Mark­tes, den die statt­li­chen Häu­ser der rei­chen Kauf­leu­te um­ga­ben. Wäh­rend der ers­te Dom bis ins neun­te Jahr­hun­dert im Wes­ten der al­ten Rö­mer­stadt ge­stan­den hat­te, be­fand sich nun, im elf­ten, ein neu­er in ih­rer nord­öst­li­chen Ecke, nicht weit vom Markt, da­ne­ben eine kö­nig­li­che Pfalz und die erz­bi­schöf­li­chen Wohn­ge­bäu­de. Am Os­ter­fes­te des Jah­res 1074 hat­te der Erz­bi­schof Be­such von sei­nem Freun­de, dem Bi­schof von Müns­ter. Als die­ser heim­zu­fah­ren wünsch­te, schick­te Anno Die­ner in die Rhein­vor­stadt mit dem Auf­tra­ge, das Schiff ei­nes Kauf­man­nes zu die­sem Zwe­cke be­reitz­u­ma­chen. Das Recht, Schif­fe der Kauf­leu­te für ihre per­sön­li­chen Zwe­cke zu be­schlag­nah­men, stand den Stadt­her­ren in der Re­gel zu, und es ist mög­lich, dass man ei­nem be­lieb­ten Herrn, der in freund­li­cher­wei­se um ein Schiff ge­be­ten hät­te, will­fäh­rig ent­ge­gen­ge­kom­men wäre; wahr­schein­lich aber ist, dass das Recht zu den be­ste­hen­den Ver­hält­nis­sen nicht mehr pass­te, dass es lan­ge nicht in An­spruch ge­nom­men war, dass An­nos Be­to­nung der Herr­schaft über­haupt un­wil­lig er­tra­gen wur­de und dass es vie­le gab, die gern einen An­lass er­grif­fen, sich dem Erz­bi­schof zu wi­der­set­zen. Der Sohn des Kauf­manns, des­sen Schiff Anno be­nut­zen woll­te, wei­ger­te sich, es den Die­nern zu über­las­sen, hef­ti­ge Wor­te wur­den ge­wech­selt, Streit ent­stand, und der ent­rüs­te­te Erz­bi­schof droh­te mit stren­ger Stra­fe, wo­durch er das Selbst­be­wusst­sein der Kauf­leu­te noch mehr reiz­te. Zwei­er­lei zeig­te sich: dass der Un­wil­le ge­gen den Stadt­herrn die gan­ze Be­völ­ke­rung be­herrsch­te und dass die rei­chen Kauf­leu­te einen be­deu­ten­den Ein­fluss auf sie aus­üb­ten, denn es ge­lang dem Kauf­manns­sohn und sei­nen Ge­fähr­ten rasch, einen Auf­stand ge­gen den Erz­bi­schof zu er­re­gen. Eine wü­ten­de Mas­se stürm­te ge­gen den erz­bi­schöf­li­chen Hof und in die Kir­che, ein Mann, den man für den Erz­bi­schof hielt, wur­de er­schla­gen. Zu­fäl­lig hat­te die­ser kürz­lich ei­nem Geist­li­chen, des­sen Haus an die Stadt­mau­er stieß, er­laubt, eine Tür dar­in an­zu­brin­gen; durch die­se ent­kam er. Auf dem Lan­de hat­te er Va­sal­len und An­hän­ger, die be­reit wa­ren, ihn zu­rück­zu­füh­ren und die auf­rüh­re­ri­sche Stadt zu züch­ti­gen. Wenn es den Kauf­leu­ten leicht ge­we­sen war, einen Auf­stand her­bei­zu­füh­ren, so trau­ten sie sich doch nicht zu, dem her­an­rücken­den Heer zu wi­der­ste­hen; sie un­ter­war­fen sich und ba­ten um Gna­de. Ein Ge­schichts­schrei­ber der Zeit be­rich­tet, 600 Kauf­leu­te hät­ten aus Furcht vor der Ra­che des Be­lei­dig­ten die Stadt ver­las­sen. Ist die Zahl auch zu hoch ge­grif­fen, so wa­ren es doch si­cher vie­le, die flüch­te­ten, und dass sie den Erz­bi­schof rich­tig be­ur­teilt hat­ten, zeig­te die Fol­ge. Anno straf­te här­ter, als man es mit der christ­li­chen Mil­de ei­nes Bi­schofs ver­träg­lich hielt: der Sohn des Kauf­manns und an­de­re Rä­dels­füh­rer wur­den ge­blen­det, Geld­stra­fen wur­den ver­hängt, die Gü­ter der Ent­flo­he­nen wur­den ein­ge­zo­gen. In­des­sen be­deu­te­te die Verödung der Stadt durch die Ab­we­sen­heit ih­rer reichs­ten Be­woh­ner, die Sto­ckung von Han­del und Ver­kehr, für den Stadt­herrn einen so emp­find­li­chen Ver­lust, dass er schon nach ei­nem Jah­re die Ent­flo­he­nen zu­rück­rief und ih­nen ihre Gü­ter wie­der­gab. Der Kai­ser, den sie nach ih­rer Flucht auf­ge­for­dert hat­ten, die Stadt zu be­set­zen, war nicht dar­auf ein­ge­gan­gen, so folg­ten sie dem Rufe des Erz­bi­schofs.

      So be­dürf­tig der Kai­ser auch der Hil­fe war, dach­te er doch kaum auch nur einen Au­gen­blick ernst­lich dar­an, die Par­tei СКАЧАТЬ