Die Romantik. Ricarda Huch
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Название: Die Romantik

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388836

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СКАЧАТЬ kindlich, sondern albern ist. Zuweilen macht es den Eindruck, als habe er glücklich sein aufmerksames Bewußtsein halbwegs eingeschläfert und bemühe sich nun eilig, ehe es wieder zu sich kommt, so viel Worte wie möglich hervorzusprudeln; oder als kneife er die Augen zu, um sich einbilden zu können, er träume. Das Bestreben immer, »aus dem Innersten zu reden«, wie es die Romantiker unter sich nannten, verführt zu Simili-Offenbarungen. An den affektirten Faseleien seiner Nachahmer erkannte Tieck mit Schrecken, wohin seine Art führen konnte, und er hat in dem Schwank »Der Autor«, in der Scene, wo der Bewunderer dem Autor seine Gedichte vorlesen will, ein allerliebstes warnendes Beispiel davon gegeben.

      Autor:Sie drücken sich aber kuriose aus.

      Bewunderer:Es muß immer aus dem innersten Gemüth heraus, Und oft will es nicht weichen und wanken, Oft fehlen wohl selber die Gedanken, Da muß man die Sprache recht bei der Wurzel kriegen, Aus dem Innersten sprechen, es mag brechen oder biegen, So ist es mir schon oft gelungen, Zu gerathen auf treffliche Vorstellungen.

      Worauf er folgendes Gedicht vorträgt:

      Stille, stille

       Wie die Welle,

       In den Seen

       Blumen stehen,

       An dem Rande

       Sanfte Bande,

       Und es flimmern

       In den Schimmern

      Süße Töne,

       Ach wie schöne!

       Komm und kröne

       Mein Verlangen,

       Denn dein Bangen

       Ist so ferne

       Wie die Sterne,

       Liebesblicke

       All mein Glücke,

       Binden Flammen

       Sich zusammen,

       Daß sie schwammen;

       Ach die schöne Zeit,

       Weit! weit!

      Ob wir nun in der Romantik bald auf ein Ausschweifen in dunklen Gefühlen treffen, bald auf Vergötterung des Kunstverstandes und der Kritik, das möchte ich eben vor Allem betonen, daß das Ideal der romantischen Aesthetik eine Vereinigung von Fühlen und Wissen war. Das will auch die lange Erklärung Friedrich Schlegel's sagen, von der ich nur den Anfang hier anführen will:

      »Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald vermischen, bald verschmelzen.«

      Das Wort »romantisiren«, das besonders bei Novalis häufig vorkommt, kann man zuweilen durch »Bewußtwerden« oder »Bewußtmachen«, bald durch »Unbewußtwerden«, »Unbewußtmachen« übersetzen. Aus der Fülle der diese Ansicht beleuchtenden Aphorismen kann ich nicht unterlassen, noch einige hier zusammenzustellen.

      »Genie ist zwar nicht Sache der Willkür, aber doch der Freiheit, wie Witz, Liebe und Glauben, die einst Künste und Wissenschaften werden müssen. Man soll von Jedermann Genie fordern, aber ohne es zu erwarten. Ein Kantianer würde dies den kategorischen Imperativ, die Genialität nennen.«

      »In jedem guten Gedicht muß Alles Absicht und Alles Instinkt sein. Dadurch wird es idealisch.«

      »Die ganze Geschichte der modernen Poesie ist ein fortlaufender Commentar zu dem kurzen Texte der Philosophie: alle Kunst soll Wissenschaft und alle Wissenschaft soll Kunst werden; Poesie und Philosophie sollen geeinigt sein.«

      »Durch Kunst allein wird der Menschen zu einer leeren Form; durch Natur allein wird er wild und lieblos.«

      »Das Vorrecht der Natur ist Fülle und Leben; das Vorrecht der Kunst ist Einheit.«

      »Reine Liebe ist schlechthin arm; alle ihre Fülle ist eine Gabe der Natur. Reine Natur ist nichts als Fülle; alle Harmonie ist ein Geschenk der Liebe. Freundlich begegnen sich ihre beiden Unendlichkeiten und bilden ein neues Ganzes, welches als die Krone des Lebens Freiheit und Schicksal vereinigt.«

      Diesen Aussprüchen von Friedrich Schlegel füge ich noch einige von Novalis hinzu:

      »Die Natur wird moralisch sein, wenn sie aus echter Liebe zur Kunst sich der Kunst hingiebt, thut, was die Kunst will, die Kunst, wenn sie aus echter Liebe zur Natur für die Natur lebt und mit der Natur arbeitet. Beide müssen es zugleich aus eigner Wahl, um ihrer selbst willen, und aus fremder Wahl, um des Andern willen thun. Sie müssen in sich selbst mit dem Andern und mit sich selbst im Andern zusammentreffen.«

      »Alles Unwillkürliche soll in Willkürliches gewandelt werden.«

      »Die Trennung von Philosoph und Dichter ist nur scheinbar und zum Nachtheil beider. Es ist ein Zeichen einer Krankheit und krankhaften Constitution.«

      »Jetzt ist der Geist aus Instinkt Geist, ein Naturgeist, er soll ein Vernunftgeist, aus Besonnenheit und durch Kunst Geist sein.«

      Unter diesem Gedankensystem hat Friedrich Schlegel in seinem bedeutendsten Jugendwerk, über das Studium der griechischen Poesie, die antike und moderne Kunst in ihren Unterschieden betrachtet. Er bedient sich, um das Unbewußte und Bewußte zu bezeichnen, gewöhnlich der Ausdrücke Trieb und Absicht, zuweilen auch für Trieb des später durch Schopenhauer geläufig gewordenen Willen. Schon Jakob Böhme nannte den organisch wirkenden Trieb Willen und leitete das Wort ab von dem Wallen des immer schwangeren Geistes, dessen Funktion es sei, die innere Geburtsgestalt mit und in seinem Leibe darzustellen. Die antike Poesie nun, sagt Schlegel, sei eine Schöpfung des Triebes, die moderne eine Schöpfung der Absicht. Was der Trieb hervorbringt, prangt in organischer Vollendung und Fülle; es sei daran nichts zu tadeln, wie jede Pflanze in ihrer Art ist es schön. Nicht genug kann Schlegel die reizende, selige Vollkommenheit jener Naturkunst rühmen, die durch die »chymischen Versuche« des Verstandes, sein willkürliches Scheiden und Mischen, nur zerrüttet wird. Aber nichtsdestoweniger wendete er sich gegen das allgemeine Vorurtheil, es sei die Kunst nichts als eine Frühlingsblüthe der Menschheit, bestimmt, zu blühen, zu reifen und zu welken, nichts als der unwillkürliche Erguß eines leidenschaftlichen Herzens oder eines unbewußten Naturmenschen, nichts als ein süßer Kindertraum, der im Lichte der Bildung und Wissenschaften zerfließen müsse. Die Kunst zwar, die der unbewußte Trieb hervorbringt, vergeht wie jede Bildung der Natur; aber es giebt eine andre, welche einen sehenden Führer hat. »So wie es eine Poesie giebt«, sagt Baader, »die ahnend und träumend dem Gedanken vorangeht, so giebt es eine bessere Poesie, welche dem klaren Gedanken sich zugesellend, ihm dienend folgt.« Für diese werdende Poesie, die das Bewußtsein, langsam zwar und auf Irrwegen, der Vervollkommnung entgegenführt, giebt es den Naturzwang des Sinkens und Vergehens nicht, weil es keine Schranken des Fortschritts, der Weiterentwicklung für sie giebt. In Goethe's Erscheinung erblickte Schlegel eine Bürgschaft, daß die durch das Bewußtsein verlorene Schönheit mit Bewußtsein wieder gewonnen werden könne, und zwar als eine unvergängliche.

      Dieser Adler-Optimismus mit der Devise »Ascendam« macht die Romantik so ewig jung und herrlich. Sie zweifelten nicht, daß sie, wenn auch hundert Mal geblendet und gelähmt, ein Mal das Antlitz der Sonne berühren würden. Unerschütterlich СКАЧАТЬ