Im Alten Reich. Ricarda Huch
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Название: Im Alten Reich

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388843

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СКАЧАТЬ Die zunehmende Verfälschung der Ideen des alten Reichs und die Verknöcherung aller Formen war gerade an den aristokratischen Körperschaften wahrzunehmen, deren Ansprüche sich auf ihre Kaiser und Reich geleistete Schwerthilfe gründeten, die aber längst, entsprechend dem veränderten Charakter der Kriege, außer Übung gekommen war. Da die Ritter im allgemeinen zu anderen Zwecken nicht gebraucht wurden, waren sie eigentlich überflüssig geworden, genossen aber die althergebrachten Vergünstigungen weiter und trieben ihr Standesbewußtsein höher und höher. Neu aufgenommen in die Burg wurden nur Söhne oder Schwiegersöhne von Burgmannen und auch diese mußten auf einem Pergament von vorgeschriebener Größe einen Stammbaum beibringen und ihren Adel von 16 Ahnen her beweisen. Zur Zeit der Aufhebung des Instituts waren unter den 91 Burgmannen, die es damals gab, 22 Grafen. Übrigens vernimmt man nicht, daß die Burgmannen ihre Übermacht zu bösartigen Quälereien oder ehrenrührigen Zumutungen mißbraucht hätten; aber für die Friedberger Bürgerschaft waren die unvermeidlichen kleinen Übergriffe und Einmischungen und die dauernd spürbare Nähe der triumphierenden Nebenbuhler Pein genug.

      Dem vielhundertjährigen Kampfe machte der Reichsdeputationshauptschluß ein Ende, der Stadt und Burg nacheinander dem nunmehrigen Großherzogtum Hessen zusprach. Die beiden Republiken des Heiligen Römischen Reichs mußten aufgehn in dem Territorialfürstentum, das im Anschluß an Frankreich aufgekommen war, und das jetzt durch Frankreich zum vollständigen Siege über das zertrümmerte, entseelte Reich geführt worden war. Französische Offiziere und Soldaten paradierten vor der Burg, als am 12. September 1806 ihre Übergabe an die neue Herrschaft stattfand. Der letzte Burggraf, Graf Clemens August Wilhelm von Westfalen, wurde 12 Jahre später auf dem alten Peterskirchhof in Frankfurt begraben. Nach einigen Jahrzehnten wurden Stadt und Burg zu einer politischen Gemeinde und dann zu einer Pfarrgemeinde vereinigt.

      Die Anlage der Stadt Friedberg ist ungewöhnlich; denn sie gruppiert sich nicht um einen Mittelpunkt, wie Kirche oder Schloß oder Rathaus, sondern ihren Mittelpunkt bildet eine fast marktbreite Straße, die auf die Burg zuläuft und zu der von beiden Seiten her Gassen hinaufführen. Ungewöhnlich ist ferner, daß Friedberg nicht, wie die meisten anderen Städte, aus mehreren Dörfern oder Ortschaften zusammengewachsen ist, die alle ihren besonderen Mittelpunkt hatten und ihren besonderen Charakter lange bewahrten; vielleicht beschränkte auch das seine Entwicklungsfähigkeit. Man muß jetzt ein peinliches Stück Bahnhofsvorstadt überwinden, bis man zum alten Friedberg vordringt; hat man aber einmal die Breite Straße erreicht, fühlt man sich umfangen von einer wie eine Kindheitserinnerung lieben Welt. Da stehen sie dicht aneinandergedrängt, die spitzen Giebel der Straße zugewendet, die Bürgerhäuser, meist mit Schiefer gedeckt, keins wie das andere, obwohl von gleichem Stil, eins schmaler, eins stattlicher, eins geschmückter, eins breitspuriger, alle noch von der mäßigen Größe, daß man sie als zweites, weiteres Kleid der Familie betrachten kann, die sie bewohnt. Von den alten Gasthäusern – dem Ochsen, dem Schwan, den drei Schwertern – wo die Fürsten und Herren abstiegen, sind noch mehrere erhalten; aber es fehlen die Brunnen, über deren Tiefe die Kommission des Reichskammergerichts klagte, ohne ihre Wohlgestalt zu beachten. Nahe der Burg steht das barocke Rathaus mit dem gekrönten Doppeladler, das um 1738 an der Stelle des alten erstand; gegenüber lag das Haus zum Ritter, das der Familie Goethe gehörte. Nachdem am Ende des 16. Jahrhunderts ein Thilemann Goethe Syndikus der Burg gewesen war, tauchte der uns teure Name im 18. Jahrhundert wieder auf, als Johann Christian Goethe, ein Vetter vom Vater des Dichters, jenes Haus kaufte. Er und seine Frau starben in zerrütteten Vermögensverhältnissen, und das Haus zum Ritter wurde dann verkauft. Nicht nur steht Friedberg durch den Namen Goethe zu Frankfurt in Beziehung, sondern es hat einen bedeutenden Schatz bürgerlicher Tüchtigkeit an die glücklichere Schwesterstadt abgegeben. Die Grunelius, die Zickewolf, die Frank von Lichtenstein, die Senkenberg, Weisel und Lotichius, bekannte Frankfurter Familien, sind meist im 17. Jahrhundert aus Friedberg eingewandert. Die Zickewolf haben von 1501-1712 sechzehnmal das Bürgermeisteramt in Friedberg bekleidet, auch die Grunelius und Senkenberg einige Male.

      Auf der Freiheit vor der Burg stand einst die Katharinenkapelle, von welcher aus zum letztenmal mit den Waffen um die Freiheit der Stadt gekämpft worden war. Dann steht man vor dem von zwei Türmen flankierten südlichen Tore der Burg; unter den Spitzbogen des Durchgangs prangt der Reichsadler mit dem Burgwappen, darunter ist ein aus einem jetzt abgebrochenen Turme stammender Stein angebracht mit der Inschrift: frid sy by üch. 1493. Eine andere Welt, als draußen war, umgibt uns jenseits des Tores, stolz und machtbewußt, wenn auch mit der neuen Zeit allerhand ausdruckslose Nutzbauten und Anstalten eingedrungen sind. Die Wachthäuser und das Schloß stammen zum Teil aus der Barockzeit; barock ist auch der wundervolle St. Georgsbrunnen, den die Kastanien zur Blütezeit feierlich wie gestirnte Globen umgeben. Der mittelalterliche Heilige in Harnisch und Helm und flatterndem Gewand hebt seine Lanze gegen den sich aufbäumenden Lindwurm, seiner anmutigen Hoheit bewußt und seines Sieges sicher. Den steinernen Rand des eckigen Brunnenbeckens schmücken die Wappen von Burgmannen: von Bettendorf mit den Brömser von Rüdesheim geviertet, Rau von Holzhausen, Diede zum Fürstenstein, von Ingelheim, Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, von Breidenbach, genannt von Breidenstein, von Stockheim, von Weitelshausen, genannt von Schrautenbach, Löw von und zu Steinfurt, von Frankenstein. Das sehr alte Geschlecht Löw zu Steinfurt hatte fünf Burggrafen gestellt, und die letzten überlebenden Burgmannen waren zwei Löw zu Steinfurt. Auch ihr Haus mit ihrem Wappen, dem silbernen Kranich im blauen Felde, ist mit ein paar anderen Burgmannenhäusern, schlichten Fachwerkbauten, noch vorhanden. An Stelle der alten Georgskirche steht die nüchterne neue Burgkirche aus dem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts mit dem Wappen des vorletzten Burggrafen, Grafen Wallbott von Bassenheim. Ein paar alte, zum Teil zertrümmerte Grabsteine aus der abgebrochenen Kirche, auf deren einem noch der Name Schelm von Bergen sich entziffern läßt, stehen jetzt auf dem Burggraben, von wo der Blick aus diesem festumzirkten Raume in die Weite schweift, bis ihn der Taunus und der ferne Vogelsberg festhalten. Jenseits des nördlichen Tores wendet sich die Straße im Bogen schluchtartig abwärts nach der Stadt zurück durch eine Wildnis von Grün, das sich ungestüm in die alten Gräben stürzt, unter den basaltenen Felsen, auf die schon die Römer bauten. Die starken Befestigungen, mit denen sich die Ritter gegen die Außenwelt sicherten, sind gefallen wie auch die der Stadt; wo nicht neues Menschenwerk sie hemmt, dringt Natur urkräftig ein, um das Alte zu verschlingen.

Stadtwappen

      Limburg

       Inhaltsverzeichnis

      Limpurg ein edle Stad

       Im Land die schönste Kirche had.

      Glorreich thront sie verschmolzen mit der Burg, ein vollendetes Menschenwerk zwischen den Elementen; dienend trägt sie der Fels, schützend umrauscht sie der Strom, Winde und Gestirne kränzen sie. Von der alten steinernen Lahnbrücke hinaufblickend, nimmt das Auge sie auf wie Musik: der Stein wird Mauer, die Mauer wird Gestalt, die Gestalt Harmonie. Die sieben Türme der Kathedrale sollen die sieben Sakramente bedeuten; der große Turm über der Vierung, heißt es, stelle den Mittelpunkt des Glaubens, das Sakrament des Abendmahls dar. So schweben die ewigen Mysterien des Lebens als ein triumphierender Akkord zwischen Himmel und Erde.

      Über zwei untergegangenen Kirchen erhebt sich der Dom als die dritte, die Burg, wie die Sage will, über den Trümmern eines römischen, von Drusus errichteten Kastells. Die Grafen des Niederlahngaus, die die Burg bewohnten, waren die jeweiligen Gründer der Kirchen, von denen die erste in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts durch den Erzbischof Hatto von Trier dem heiligen Georg geweiht wurde. Die zweite gründete hundert Jahre später, mit einem Stift sie verbindend, der Gaugraf Konrad Kurzbold, dessen Grabmal der Dom bewahrt. Es ist so außerordentlich schön, daß man, indem man es betrachtet, den Dom für einen Schrein halten möchte, aufgebaut, um diese Reliquie einzufassen. Die steinerne Bahre, auf der der Tote liegt, ist von leichter Anmut, dem Jugendbild angemessen, das sie trägt. Das Antlitz des Gaugrafen ist schmal und СКАЧАТЬ