Gesammelte Werke. Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ricarda Huch страница 53

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 4064066388829

isbn:

СКАЧАТЬ die andere einen Herzog von Polen und Schlesien heiratete. Hedwig nahm sich mit unendlicher Güte der Armen ihres verwilderten Landes an und wurde nach ihrem Tode heiliggesprochen. Ihr Sohn, Herzog Heinrich, warf sich im Jahre 1241 den eindringenden Tataren entgegen und fiel in der furchtbaren Schlacht bei Liegnitz. Gertruds Tochter war die heilige Elisabeth. Bertholds zweiter Sohn, Otto II., dem die Stadt Innsbruck ihre Blüte verdankt, erhielt in der Geschichte seines Landes den Beinamen der Große; mit seinem Sohne Otto starb die Familie aus, die ihren Ursprung auf Karl den Großen zurückführte. Wie es oft der Fall ist, verklärte das Geschlecht sich selbst in seinen letzten Sprossen. Das Schwanenlied der Grafen von Andechs war Opfergesang: sie neigten sich zu den Tiefen des Volkes zurück, über das sie sich hoch erhoben hatten. Wir wissen nicht, ob Elisabeth sich aus Mitleid für die Armen und Kranken dem Dienst der Unglücklichen widmete, oder ob aus Liebe zu Gott und um seinen heiligen Willen zu erfüllen; wahrscheinlich ging beides ineinander über. Sie war von Natur heiter, lachte und tanzte gern, sie liebte ihren Mann und ihre Kinder, vielleicht war der Drang, sich des Lebens zu erfreuen, besonders stark in ihr; aber zugleich lagen ihr die Werke der Barmherzigkeit im Sinn, die Gott fordert: die Hungernden zu speisen, die Dürstenden zu tränken, die Gefangenen zu trösten, die Nackten zu kleiden. Die Kunde von dem, was der heilige Franziskus in Italien tat und predigte, verstärkte die ihr angeborene Neigung, sich ihres Glückes wie eines Raubes zu schämen. Das größte ihr beschiedene Glück war, einen Mann zu haben, der sie liebte und kannte. Sie waren zusammen aufgewachsen, und es war etwas von der zarten Süße geschwisterlicher Selbstverständlichkeit in ihrer Liebe. Er behütete sie, und sie ruhte vertrauensvoll in seiner Güte. Wenn andere ihn besorgt machen wollten, weil sie mit vollen Händen austeilte, beschwichtigte er lächelnd: wenn ihm nur die Wartburg und die Neuenburg blieben. Auf der Wartburg wohnte das junge Paar, und wenn sie die Armen besuchte, so stieg sie wirklich hinunter in das Schattental. Zuweilen bedrängte das Glück ihr Gewissen: war nicht der Ruf an sie ergangen, sich ganz Gott hinzugeben? Wenn sie von der Hungersnot hörte, die im Thüringer Lande war, wenn sie die vielen Bettler sah, aus deren Zügen die Not sprach, dachte sie, daß der Herr sagen würde: ich war bei euch, und ihr habt mich nicht gespeist, ich klopfte an eure Tür, und ihr habt mir nicht aufgetan. Wie wenn der Himmel ihrer Gewissensqual zu Hilfe kommen wollte, nahm er ihr das Glück: Ludwig, der menschliche und kluge Fürst, starb in Italien, wohin er gegangen war, um an Kaiser Friedrichs Kreuzzuge teilzunehmen. Seitdem war sie heimatlos auf Erden, sie wollte nichts mehr, als ihr Leben verströmen. Der ihr angeborene Opferdrang mischte sich mit der Sehnsucht nach dem Drüben, wohin ihr Bruder und Gatte vorangegangen war. Sie verließ die Wartburg und begab sich, nachdem sie der Bestattung des Verstorbenen in Reinhardtsbrunn beigewohnt hatte, nach Marburg, wo ihr Witwensitz war. Daß sie vertrieben worden sei, wird für legendarische Erfindung gehalten; gewiß ist, daß Sophie von Bayern, die zweite Frau des Landgrafen Hermann, eine fromme Frau war, die Verständnis für die Religiosität der jungen Gattin ihres Stiefsohns hatte. Zu Lebzeiten ihres Mannes gründete Elisabeth am Fuße der Wartburg ein kleines Spital, in dem zwanzig Kranke verpflegt werden konnten, die sie täglich besuchte. Nun ließ sie in Marburg gleichfalls ein Spital bauen und widmete sich ganz der Krankenpflege. Der Dominikaner Konrad von Marburg, der schon früher ihr Beichtvater gewesen war, und dem sie geistlichen Gehorsam gelobt hatte, übernahm ihre Leitung und soll die Maßlosigkeit ihres Opferwillens eher gedämpft als gesteigert haben. Während sie, was sie an Geld besaß, sofort verschwenden wollte, erinnerte er sie daran, daß das Geld sie instand setze, Gutes zu tun; andererseits empfahl er ihr, von ihrem Schwager nur anzunehmen, was rechtmäßig erworben sei. Indessen ist doch anzunehmen, daß das Gewaltsame seines Geistes sie beherrschte und antrieb. Die Zeitgenossen verdächtigten sie eines Liebesverhältnisses mit Konrad; der Gedanke lag nah in einer Zeit, wo die sinnlichen Leidenschaften sich zügellos austobten, und wo man den auf ihre Heiligkeit pochenden Geistlichen doppelt gern heimliche Ausschweifungen zutraute, bedarf aber kaum der Widerlegung. Nachdem sie sich ihrer Kinder beraubt und auch die jungen Mädchen, die ihr seit der Kindheit Dienerinnen und Freundinnen gewesen waren, verabschiedet hatte, um alles, was ihr Glück ausgemacht hatte, zu opfern und nichts zu tun als was der menschlichen Natur widerstrebt, fremden, oft widerlich entstellten, oft verbitterten und bösartigen Kranken zu dienen, blieb ihr nur noch übrig zu sterben. Sie war 24 Jahre alt, als sie im Jahre 1231 starb, wie die Legende erzählt, ein süß tönendes Lied auf den Lippen. Schon nach einigen Jahren wurde sie heiliggesprochen, und Kaiser Friedrich II. ging nach Marburg, wo ihre Gebeine in einen goldenen Reliquienschrein gelegt wurden. Unter einem ungeheuren Zulauf von Menschen setzte er mit eigener Hand die Überwinderkrone auf das entseelte Haupt. Die Sage hat den skeptischen Kaiser und die Heilige auch dadurch zusammengebracht, daß sie ihn nach dem Tode des Landgrafen um ihre Hand bitten ließ, die sie ausgeschlagen habe. Die zur Herrin im Himmel erkoren war, verschmähte es, Herrin der Welt zu sein.

      Den Ruhm der jungen Heiligen verbreiteten besonders die Brüder vom Deutschen Hause, deren Deutschmeister bald nach ihrem Tode ihr Schwager Konrad wurde. Als im Jahre 1190 Akkon belagert wurde, vereinigten sich Kaufleute der Städte Bremen und Lübeck mit deutschen Rittern, um ein Hospital zur Pflege der Kranken zu gründen. Daraus entstand eine ritterlich-mönchische Bruderschaft, die sich Ritter des Hospitals Sankt Marien der Deutschen in Jerusalem nannte; es war nämlich ein älteres Spital in Jerusalem mit dem von Akkon vereinigt worden. Die Tracht der Ordensritter war ein weißer Mantel mit schwarzem Kreuz. Es läßt sich nichts denken, was so sehr den Idealen der Zeit entsprochen hätte, als die Vereinigung des Ritterlichen mit dem Mönchischen in einem Orden. Die Wehrlosigkeit der Klosterleute hatte zu mancherlei Schwierigkeiten und Störungen geführt. Umgaben sich die Äbte mit kriegerischen Dienstleuten, so wurden sie durch die Pflicht zur Heeresfolge, durch die Übergriffe und das wüste Treiben ihres Gefolges in weltliche Händel verstrickt; die Vögte, die sie beschirmen sollten, gingen meistens bald dazu über, sie zu bedrücken und zu berauben. Der Ritterorden tat die Werke der Barmherzigkeit und beschirmte sich selbst. Nun konnte der junge Adlige, das Kreuz in der einen, das Schwert in der anderen Hand, den Ansprüchen, die Kirche und Sitte und die eigene Überzeugung stellten, genugtun, ohne auf die Freuden und Ehren des Rittertums zu verzichten.

      Als der Orden nach dem Fall von Akkon infolge der reichlich fließenden Schenkungen sich bald durch das ganze Reich verbreitete, wurde er in Balleien geteilt, deren jede ein Komtur leitete. Von den zwölf deutschen Balleien standen acht unter dem Deutschmeister, sämtliche unter dem Hochmeister. Er regierte den Orden, unterstützt von seinen höchsten Beamten, den Gebietigern, und dem Gesamtkapitel. Auch in den einzelnen Balleien tagten jährliche Konvente. Zur Aufnahme zugelassen wurden nur Deutsche von ehelicher Geburt, die rittermäßig und von vier Ahnen her Wappengenossen, rein in ihrem Wandel, unbefleckt in ihrer Ehre, unberüchtigt an ihrem Namen waren. Sie sollten gesund und lieber jung als alt sein, um den Krieg gegen die Heiden, eine der hauptsächlichen Aufgaben des Ordens, mit voller Kraft führen zu können. Bei der Aufnahme tat der junge Ritter diesen Schwur: »Ich verheiße und gelobe Keuschheit meines Leibes und ohne Eigentum zu sein und Gehorsam Gott und Sankt Marien und Euch, dem Meister des Ordens des Deutschen Hauses und Euren Nachkommen nach der Regel und Gewohnheit des Ordens, daß ich Euch gehorsam sein will bis an meinen Tod.« Durch dies Gelübde war der Ritter für immer gebunden. Bevorzugt wurden solche Ritter, die bei Königen und großen Herren gut angesehen waren, damit der Orden die Gunst derselben gewänne. Auf weltliche Vorzüge dieser Art wurde mehr Wert gelegt als auf Bildung; doch wünschte man, daß die Ritter einige Kenntnis von der Beschaffenheit der Länder, ihrer Rechte und Gewohnheiten besäßen, also diejenige Bildung, die den guten Regenten und Verwalter macht. Außer dem dienenden Gesinde gab es neben den Rittern Priesterbrüder, die Ämter übernehmen konnten und mit den Rittern gemeinsam aßen und schliefen; sie brauchten nicht adlig zu sein. Obwohl die Bildung hier bis zu einem gewissen Grade den Adel ersetzte, wurde doch von den Priestern nicht viel mehr verlangt, als daß sie mit den gottesdienstlichen Gebräuchen Bescheid wußten. Die kämpfenden Ritter und die zu verpflegenden Kranken sollten sie in Verbindung setzen mit dem Strom der göttlichen Gnade, damit sie in Leiden und Taten freudig todbereit wären. Sie sollten, heißt es in einer Vorschrift, in der Zeit des Friedens wie Glänzsterne neben ihnen umlaufen und in Kriegszeiten sie stärken zum Streit und sie daran mahnen, daß Gott auch den Tod durch sie litt am Kreuz.

      Germanische und christliche Anschauung vereinigten sich in den Orden, um ein menschliches Vorbild von edelster Schönheit zu schaffen: den СКАЧАТЬ