Название: Der Misanthrop
Автор: Moliere
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783985229055
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Und Schwermut überfällt mich, tiefer Kummer,
Wenn ich das Treiben dieser Welt betrachte.
Ich sehe, wie ich meinen Blick auch schärfe,
Nur Unrecht, Selbstsucht, Lüge, falschen Sinn;
Mir wird's zu viel; es macht mich toll; ich werfe
Dem ganzen Menschenvolk den Handschuh hin.
Philint. Das ist ja lächerlich: Sie nehmen's allzu schwer
Mit ihrem philosoph'schen Herzeleide! –
Paßt nicht vortrefflich auf uns beide
Die »Ehemännerschule« von Molière,
Wo auch zwei Brüder...
Alcest. Törichter Vergleich!
Philint. Nein, wirklich, sparen Sie die Zorngebärden.
Die Welt wird deshalb doch nicht anders werden,
Und weil der Freimut gar so tugendreich,
Drum sag' ich Ihnen frei heraus:
Dies all ist krankhaft, und man lacht Sie aus.
Ja, solch ein unbarmherz'ger Menschenfresser
Macht sich zum Narren überall.
Alcest. Potz Wetter – um so besser, um so besser!
Das freut mich äußerst, das ist grad mein Fall.
Gält' ich dem Volk für einen weisen Mann,
Das würde mich verzweifeln lassen.
Philint. So bitter klagen Sie die Menschheit an!
Alcest. Ich lernte sie aus tiefster Seele hassen.
Philint. Hat denn Ihr Grimm die armen Erdenseelen
In Bausch und Bogen ausnahmslos verdammt?
Ich denke doch, daß Männer uns nicht fehlen...
Alcest. Die Menschen hass ich, alle – insgesamt:
Die einen, weil sie falsch und ränkevoll,
Die andern, weil sie Falschheit höflich dulden,
Statt sie zu geißeln mit dem tapfern Groll,
Den sie der Tugend und sich selber schulden.
Hilft dies Vertuscheln nicht sogar zum Siege
Dem Schuft, mit dem ich im Prozesse liege?
Man kennt die Maske, die er umgehangen,
Man kennt ihn als den schändlichsten Kujon;
Sein Augenspiel, sein zuckersüßer Ton
Vermögen nur noch Bauern einzufangen.
Man weiß, daß nur durch Bubenstücke
Der Leisetreter es so weit gebracht,
Weiß, daß der Glanz von seinem Glücke
Verdienst entrüstet, Tugend schamrot macht.
Trotz allen Titeln, die er sich erworben,
Gibt's niemand, der für seine Ehre ficht;
Nennt man ihn ruchlos, diebisch und verdorben,
Stimmt jeder ein und keiner widerspricht.
Und doch ist seine Fratze stets willkommen,
Ist er in allen Häusern aufgenommen,
Und wo ein Amt zum Wettbewerb gestellt,
Schlägt er die besten aus dem Feld.
Zum Henker auch, ich kann's nicht überstehn,
Wie sie mit Schonung die Verruchtheit züchten,
Und manchmal möcht' ich in die Wüste flüchten,
Um keines Menschen Antlitz mehr zu sehn.
Philint. Ich bitte, zürnen wir etwas geringer
Auf die Gesellschaft unsrer Zeit;
Gehn wir in unsrer Strenge nicht zu weit
Und sehen wir ein wenig durch die Finger.
Die Welt verlangt zwar Tugend, doch mit Maß,
Und auch die Weisheit läßt sich übertreiben;
Vernunft, die ihrer Grenzen nicht vergaß,
Wird hübsch auf festem Boden bleiben.
Die starre Tugend der antiken Sitten
Ist heute nicht mehr wohlgelitten;
Sie fordert von den Menschen allzuviel.
Die eigne Zeit soll man nicht trotzig meistern,
Und Weltverbesserung, das ist ein Ziel,
Für das nur Toren sich begeistern.
So gut wie Sie begegn' ich hundert Dingen
Auf Schritt und Tritt und Tag für Tag,
Die anders sind, als man sie wünschen mag;
Ich aber weiß mich zu bezwingen.
Die Menschen nehm' ich, wie sie einmal sind,
Und was sie tun, ich trag's gelind
Und glaube, daß bei Hof und in der Stadt
Mein Phlegma klüger ist als Ihre Wut.
Alcest. Dies Phlegma, das so gute Gründe hat,
Dies Phlegma, kommt es denn durch nichts in Glut?
Und wenn die Freunde sich als Lügner zeigen,
Wenn man mit seinen Kniffen Sie bestiehlt,
Wenn Lästersucht nach Ihrem Haupte zielt,
Wie – werden Sie auch dann gelassen schweigen?
Philint. Was Ihren Zorn erregt, das sind die Schwächen
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