Die letzte Fähre ging um fünf. Günter Wendt
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Название: Die letzte Fähre ging um fünf

Автор: Günter Wendt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783946734970

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СКАЧАТЬ persönlich beschweren wollte. Er war der Meinung, dass das nicht sein Problem sei und wendete sich zum Strand.

      Auf den Liegen räkelten sich einige Gäste herum und schlürften aus Gläsern bunte Getränke, während Reggae leise dahinplätscherte. Er erkannte den Titel Whole Lotta Love von Led Zeppelin. Nein! Als Reggae! Er setzte sich an die Südseebar-Imitation und schnippte nach dem Kellner.

      „Sagen Sie mal ... wer sucht eigentlich die Musik aus?“

      „Ich verstehe nicht?“, grinste der Keeper.

      „Diesen Musiksirup da im Hintergrund, meine ich.“

      „Ach, Sie meinen die Loungemusik!“

      „Ja, genau. Diese trübe Suppe, Musik genannt.“

      „Das macht irgend so ein Typ im Internet.“

      „Wie Internet?“

      „Das kommt aus dem Internet.“

      „Die Musik?“

      „Ja, Internetradio.“

      Internet! Hat den niemand mehr eigene CDs? An LPs wagte er erst gar nicht zu denken. Oder wenigstens einen MP3-Player? Kolle sah die Musikbranche den Bach runtergehen. Aus Trotz bestellte er einen „Swimmingpool“. Eigentlich wollte er fragen, was der Barkeeper denn heute empfehlen könne, aber wenn die Musik aus dem Internet kam und von irgendeinem anonymen Menschen ausgesucht wurde, wollte er erst gar nicht daran denken, welche Getränke das Internet bei dem Wetter empfehlen würde.

      Er schlürfte lange an dem Cocktail, der eigentlich ein Longdrink war. Anschließend verwickelte er den Mann hinter der Theke in ein Gespräch über Swimmingpools und die Farbe der Bikinis der Frauen, die in einem Swimmingpool schwimmen. Und dann kamen sie zum Thema Klimawandel und heiße Sommer. Der Typ hinter der Theke, er hieß Maik, war der Meinung, dass das nur gut für den Tourismus sei. Kolle war da anderer Meinung. Denn globaler Klimawandel würde nicht bedeuten, dass es hier schlagartig dauerhaft wärmer werden würde. Er verwies auf die Unwetterwarnung, dass heute Abend ein Unwetter auf die Westküste treffen solle.

      „Ach. Unwetter! Was die als Unwetter bezeichnen, ist doch nicht zu vergleichen mit einem Herbststurm Stärke 12. Und selbst das“, der Barkeeper wies auf den Haubarg, „macht diesem alten Kasten nichts aus. Alte, gute Wertarbeit. Absolut sturmsicher und sturmflutsicher. Allerdings“, er sah zum Hotel hoch, „müssen wir den Strand vermutlich nach dem Sturm neu aufspülen lassen.“

      Kolle fand, dass das das geringere Problem war. Er dachte an die Schafe und Onne. Er fragte Maik danach.

      „Och, der kommt dann heute Abend zu uns, wenn es zu dolle wird“, winkte er ab. „Aber ansonsten ist seine Hütte auch sicher und hoch genug für ein Sommerhochwasser. Genauso sicher wie die Schafe in der alten Kapelle.“

      Hinter ihm wurde es nun laut. Jemand beschwerte sich über irgendwas, und er hörte: „Scheißegal, was passieren würde! Ich lasse mich nicht so abschieben! Das haben SIE zu verantworten!“

      Dann eine weibliche Stimme: „Was kann ICH dafür, wenn es ein Unwetter gibt!“

      „Ach, es geht doch nicht um das Wetter! Es geht darum, dass SIE dem Frerk Carstens MEINE Tour gegeben hatten! MEINE!“ Die Stimme des Mannes kippte ins Hysterische. „DAS wird ein Nachspiel haben! NACHSPIEL!“

      Nachspiel? Wird denn hier auch Fußball gespielt? Kolle amüsierte sich. Es gibt einen Minigolfplatz, aber einen Fußballplatz habe ich hier auf der Hallig noch nicht gesehen. Vielleicht ein juristisches Nachspiel, wer weiß das schon?

      Maik verdrehte die Augen und flüsterte vertraulich über die Theke: „Das ist Kai, der Wattführer. Der ist sauer, weil die Chefin eine andere Tour mit einem anderen Wattführer gebucht hatte. Aber das fällt ja nun flach.“ Kolle sah auf die Uhr. Sechs Uhr durch. Holla, wie die Zeit vergeht! Er gab Maik seine Zimmernummer und ging hoch zum Duschen.

      Für den ersten Tag seines Urlaubes gar nicht mal so schlecht, fand er. Eine interessante Bekanntschaft gemacht und ansonsten hatte er absolut nichts mit Mord und Totschlag zu tun gehabt. Manchmal dachte er, dass die Menschheit verrückt geworden war. Die Fälle, mit denen er zu tun hatte, ließen ihn oft am Verstand der Menschen zweifeln. Nicht weil einige zu leicht zu lösen waren, denn es gab ja auch harte Nüsse, die er zu knacken hatte, sondern weil seit Bestehen der Menschheit die Motive immer dieselben waren. Rache, Habsucht, Eifersucht, Neid und so weiter.

      Vorsichtig stieg er in die Duschkabine und ganz sachte zog er an den Hebeln und drehte nur an den Wasserhähnen, die für das Wasser von oben zuständig waren. Irgendwann gibt es sprachgesteuerte Duschen, wie in den Science-Fiction Filmen, dachte er. „Wasser von oben, 23 Grad!“, rief er probeweise. Er fiel fast durch die Glastür der Kabine, als eine weibliche Stimme antwortete: „Wenn Sie jetzt noch freundlich ‚Bitte‘ sagen, kommt das Wasser.“

      „Was ist das denn!?“

      „Ich bin die automatische Duscheinstellung Betty.“

      „Bitte, ich hätte gerne warmes Wasser von oben.“

      „Gerne. Wie viel Grad?“

      „23.“

      „Das Zauberwort?“

      „Bitte?“

      „Im ganzen Satz.“

      „Bitte, ich hätte gerne 23 Grad warmes Wasser von oben.“

      „Mit welchem Druck?“

      „Welchen kannst du mir anbieten?“

      „Hart, Mittel und Weichei.“

      „Weichei?“

      „Ja, für Warmduscher und Dünnbrettbohrer.“

      „Mittel.“ Er bemerkte sofort seinen Fehler und fügte ein „Bitte“ hinzu.

      „Gerne. Wenn Sie fertig sind, beenden Sie den Duschvorgang mit ‚Stopp‘. Ich wünsche Ihnen angenehmes Duschen.“

      „Danke sehr.“

      „Bitte sehr.“

      Nach dem Duschen, aufdringliche Düfte der hoteleigenen Hygieneartikel verströmend, bewunderte er die schwarze Wand, die sich von Westen heranschob und die Sonne verschluckte. Schlagartig wurde es deutlich dunkler. Er liebte Unwetter. Da merkt man doch erst, dass man lebt, sagte er immer, wenn sich jemand über schlechtes Wetter beschwert. Stundenlang konnte er am Fenster sitzen und wenn möglich draußen die Atmosphäre genießen, die ein nahendes Gewitter verströmte. Die Luft schien jedes Mal elektrisch geladen zu sein und die Wolkenformationen mit ihren gelb-schwarzen Fetzen, die als Vorhut das Unwetters ankündigten, waren wie das Intro zu einem bombastischen Konzert. Thunderstruck von ACDC war die Musik, die ihm bei diesen Gelegenheiten einfiel. So war es auch dieses Mal, als die Wand sich am Himmel hochschob. Und es war drückend schwül dabei. Er schloss bedauernd das Fenster und ging nach unten in den Restaurantbereich.

      Nele, die junge hübsche Dame, die er von der Rezeption kannte, führte ihn zu seinem Tisch. Der Raum war mit Kerzen beleuchtet, und leise Musik plätscherte aus versteckten Lautsprechern. Er schien der Erste zu sein. Während er seine Bestellung aufgab, persönlich und Auge in Auge mit einem Menschen, füllten СКАЧАТЬ