Die letzte Fähre ging um fünf. Günter Wendt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die letzte Fähre ging um fünf - Günter Wendt страница 2

Название: Die letzte Fähre ging um fünf

Автор: Günter Wendt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783946734970

isbn:

СКАЧАТЬ und niemanden sonst mitnehmen wollte, griff er zu, als man ihm sagte, dass er dann eben drei Wochen bleiben durfte. Das, was er hier sah, übertraf sämtliche Erwartungen. An eine kleine, muffig riechende Pension hatte er gedacht, als er in der Beschreibung des ersten Preises las, dass das Hotel Deichvogt auf der Hallig Grienoog liegen solle.

      Er trat die Zigarette aus und schlurfte zum Hotel. Mit jedem Schritt fiel die Müdigkeit von ihm ab.

      Als er die Warft erreicht hatte – sie war doch weiter weg vom Anleger, als es den Anschein hatte –, war er total verschwitzt. Und sie war höher, als er dachte. Eine Treppe führte zum Eingangsbereich, die ihn an den Song Stairway to heaven erinnerte. Gottlob kam ihm ein Angestellter entgegen, der ihn mit den Worten begrüßte: „Moin. Schon da? Sie hätten den Beeper am Anleger benutzen sollen, dann wäre ich mit dem E-Mobil gekommen.“

      „Beeper?“, fragte Kollerup.

      „Ja, mit ihrem Smartphone können sie per App, die Sie bei der Buchung bekommen hatten ...“ Er verstummte, als der Kommissar ihm seinen Klapp-Knochen zeigte. „Ach ..., so was gibt’s noch?“ Ungläubiges Staunen.

      „Ich hab’ mein Diensthandy zu Hause gelassen.“ Kolle zuckte mit den Schultern, als der Angestellte sich den Koffer schnappte und die Stufen hochpreschte. Minuten später fand sich ein schnaufender Polizist dann ebenfalls im Foyer ein. Eine hübsche junge Frau begrüßte ihn lächelnd.

      „Moin, Herr Kollerup! Ich bin Nele. Willkommen im Deichvogt!“

      „Moin.“ Das fängt ja gut an, freute sich Kollerup und füllte die Formulare aus.

      Hotel

      Der Tag des Unwetters

      10:00 Uhr

      Der erste Morgen im Deichvogt begrüßte Kollerup mit einem sonnigen und Hitze versprechenden Tag. Sein Zimmer lag Richtung Westen und er war froh, dass er nicht das Zimmer gegenüber genommen hatte. Da knallt jetzt voll die Sonne rein, dachte er und wünschte dem dortigen Bewohner alles Gute. Andere hatten es noch schlechter getroffen. Die südlich gelegenen Zimmer waren sicher unerträglich. Aber dank der Klimaanlage ließ es sich vielleicht dennoch aushalten. Mit einem Seufzer stand er auf und hätte sich beinahe seinen Kopf an einem der Dachbalken gestoßen. Rustikales Zimmer. Modern und luftig gebaut, aber rustikal. Er öffnete das Fenster in der Gaube und sog die frische Nordseeluft ein. Er machte eine angedeutete Kniebeuge und steckte sich die erste Zigarette des Tages zwischen die Lippen. Ließ es aber dabei bewenden. Wer weiß, was die sich alles hier ausgedacht hatten. Vermutlich gibt es hier versteckte Sprinkleranlagen mit eingebauter Kamera und die Tür wird vom Chef persönlich mit der Axt eingeschlagen, um das vermeintliche Brandopfer zu retten. Er beugte sich aus dem Fenster und rauchte hastig.

      Es schien ein schöner Sommertag zu werden. Sein Zimmer lag in Richtung Westen und er hatte nur den stahlblauen Himmel und das spiegelglatte Wasser vor sich. Eine leichte Brise, kaum zu spüren, trieb träge den Geruch von Salz, Sommerblumen und Gras zu ihm. Fast schämte er sich, diese Luft mit Tabakrauch zu entweihen. Es war so still, dass er das Wummern der Maschine eines Küstenmotorschiffs spüren konnte, das zu einem Ziel irgendwo an der Nordseeküste unterwegs war.

      Mit der Kippe in der Hand hoffte er, dass das Reetdach schwer entflammbar war. An der Dachrinne unter dem Fenster drückte er die Glut aus und schnippte den Rest fort. Wo sie landete, konnte er nicht sehen, weil die Flugbahn unterhalb der Dachkante endete. Vermutlich in einem der Blumenbeete, die rund um den Haubarg angelegt waren. Ihm war es egal.

      Nach zehn Minuten in der exklusiven Schnick-Schnack-Dusche hatte er endlich herausgefunden, wie er nass werden konnte. Aha, hier drücken, da ziehen und dann ... nein. Also dort ziehen und dort drehen ... eiskaltes Wasser ließ ihn nach Luft schnappen. Aber nicht von oben, sondern aus der Wand! Hey! Die Dusche ist kaputt! Er schlug auf einen roten Knopf und seine Beine wurden von einem knallharten heißen Strahl massiert.

      Völlig erschöpft, mit Restseife in den Haaren, hatte er sich nach einer halben Stunde notdürftig duschtechnisch gereinigt. Während an der Decke ein Ventilator sich Mühe gab, die feuchte Luft abzusaugen, tastete er im Nebel nach seinem Handtuch. Er erwischte erst einen Waschlappen, dann ein kleines Handtuch. Der Spiegel war sehr groß, aber so stark beschlagen, dass man nichts in ihm erkennen konnte. Vergeblich versuchte er, ihn mit einem Handtuch soweit trocken zu reiben, dass er sich halbwegs sehen konnte.

      Exakt nach 90 Minuten stand ein frischer Kollerup vor dem Frühstücksbuffet.

      Es tummelten sich nur wenige Gäste in dem nach außen offenen Restaurantbereich. Draußen auf der Veranda standen mehrere Tische, an denen bereits Gäste saßen. Er hasste diesen „Used Look“, der sich in vielen Hotels an der Westküste wie ein Virus verbreitete. Hellgrau-weiße Möbel, mehrmals abgeschliffen und mehrmals halbherzig gestrichen. Sah aus wie das Ergebnis einer scheinbaren jahrzehntelangen Benutzung. Oder war es eher „Country House Style“? „Shabby“ war es sicher, entschied er. Wie diese abgerissenen Jeans, die man für viel Geld kaufen konnte. Er sah sich an, was dieser Kasten zu bieten hatte. Alles, was man nicht braucht. Sogar die unsäglichen Sausages gab es, und natürlich Bacon! Wer isst morgens verbrannten Schinken? Er schüttelte sich innerlich, als er sah, wie ein Gast sich Rührei auf den Teller schaufelte. Einen Berg Rührei. Morgen geht die Welt unter oder Schlimmeres. Darum heute noch mal richtig reingehauen!

      So saß Kollerup dann mit vier anständigen Brötchen und Marmelade an einem Tisch. Genau abgemessene Butter, die für acht Hälften ausreichend war, und eine Kanne Kaffee waren strategisch vor ihm verteilt. Zur Feier des Morgens hatte er zwei Scheiben Käse noch dazugelegt. Mit Marmelade ein Gedicht! Genüsslich schlürfte er den Kaffee.

      Scheiße! Darauf hätte man ihn vorbereiten können! Der übliche „Einen-Aufs-Maul-Guten-Morgen-Kaffee“. Härteste Dröhnung, nachträglich mit dem Schweißbrenner geröstet. Er hob eine Hand und orderte „anständigen Filterkaffee und nicht dieses Teerzeugs“.

      Nach dem Frühstück schlenderte er durch das Hotel. An der Bar des Hotels vorbei, die sinnigerweise Hafenbar hieß, zum Fitnessraum, den er links liegenließ. Ein klitzekleiner Andenkenladen, eher ein Verschlag, vollgepackt mit „Souvenirs der Nordsee“. Angebliche „Nordseesteine“ lagen dort, die er schon in der Schweiz als „Original Bachsteine“ gesehen hatte. Ansichtskarten und anderer Tinnef, den die gutbetuchten Gäste mit nach Hause nehmen konnten, vervollständigten das zu erwartende Angebot. Daran schloss sich ein Fahrradverleih an. Fand er übertrieben. E-Bikes auf einer Hallig! Aber es fanden sich immer Deppen, die für zehn Minuten Radfahren zehn Euro bezahlen. Das war es auch schon im Erdgeschoss, wenn man von der Küche und den Gebäudeteilen absah, die man zum Betrieb eines Hotels benötigte. Auf dem Flur, der das kleine Foyer mit dem Hinterausgang verband, schlenderte Kollerup zum südlichen Ausgang hinaus. Hinter einem aufwändig aufgespülten Strand: das Wattenmeer.

      Etwas verloren standen hier zehn Strandkörbe herum. Es war erst kurz vor Mittag, aber schon ziemlich heiß. Die noch nicht aufgeklappten Sonnenschirme, stilisierte Palmen mit Plastikblättern, hingen schlapp herunter. Er hatte Ähnliches schon auf Postkarten gesehen. Austauschbares Ambiente. Mallorca, Ägäis, Mittelmeer oder Pazifik. Der Eingang zum Strand säumte ein mit krakeliger Schrift beschriebenes Schild. „Chill-Kröten-Zone“, stand lustigerweise darauf. Eine Bartheke, die ebenfalls aus einem der Südseeserien zu stammen schien, stand verwaist ohne Barkeeper neben dem Eingang. Aus versteckten Lautsprechern tröpfelte lässige Fahrstuhlmusik oder „Lounge“, wie es heute hieß. Stairway to heaven ... grauenhaft mit einem Piano verkitscht. Nicht seine Welt, entschied Kollerup.

      So schlenderte er eine Stunde auf der Hallig herum. Am Anleger vorbei, der jetzt bei Niedrigwasser öde aussah, an einer Schafweide entlang. Er hätte Wasser mitnehmen sollen, ächzte er innerlich. Nicht auszuhalten, diese СКАЧАТЬ