Aus Kroatien. Arthur Achleitner
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Название: Aus Kroatien

Автор: Arthur Achleitner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783736428539

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СКАЧАТЬ doch selbst seine eigene, nicht gerade rosige Meinung über den gewalttätigen Chef hatte.

      So saß denn Tonidandel etliche Tage später an einem Abend im kahlen, doch behaglich erwärmten Wohnzimmer des Pfarrhauses und kneipte mit dem Prota vom Weine, den der Kommandant vorher ins Haus gesandt hatte. Der Erzpriester mit kümmerlichem Einkommen war so arm, daß er den hohen Gast nicht hätte entsprechend bewirten können. Deshalb schickte Tonidandel mit der Besuchsansage stets Wein, Slibowitz, zuweilen auch kalten Aufschnitt ins Pfarrhaus.

      So auch diesmal. Und wie die Herren nach der Begrüßung der Damen gemütlich beisammen saßen, erzählte Tonidandel vergnügt die Geschichte von den Gänsekartoffeln, und zugleich sprach er die Hoffnung aus, für die Dauer seiner Dienstzeit mit „Erdäpfel-Befehlen“ verschont zu bleiben.

      Der ehrwürdige Prota wagte kaum ein Lächeln. Würdevoll schloß er sich der Hoffnung des Kommandanten an und leerte auf die Erfüllung des Wunsches Tonidandels sein Glas.

      „Ist recht so, lieber Prota! Ich hoffe aber noch mehr, nämlich die endliche Berufung unter Vorrückung nach — Europa!“

      „Bog daj!“[3] rief der Erzpriester und hob die Augen zur geschwärzten Decke. Und nachdem er die Unschlittkerze geputzt hatte, wagte er die sanft vorgebrachte Bemerkung, daß sich bei bescheidenen Ansprüchen doch auch in der weltentlegenen Lika leben lasse. „Besser freilich vielleicht im Provinzial!“[4]

      „Glaub' Er das nicht, lieber Prota!“ erwiderte eifrig der Kommandant. „In mancher Beziehung sind die Zustände bei uns in der Grenze sogar besser! Wir haben doch nicht die Rechtsbeugungen der adeligen Gutsbesitzer, nicht die Willkürherrschaft der autonomen Komitate, nicht die Gier und Leidenschaft politischer Hitzköpfe im Provinzial!“

      Milde sprach der Erzpriester im Silberhaar. „Das nicht, gnädiger Herr!

       Aber dafür den Despotismus des Regimentskommandanten!“

      „Das muß man als etwas Selbstverständliches hinnehmen! Das Volk der Grenze so gut wie wir Offiziere! Übrigens haben wir in der Grenze immer noch mehr Rechtssicherheit als das Provinzial!“

      Ergebungsvoll stimmte der Prota zu. „Euer Herrlichkeit belieben recht zu haben! Nur dürfte die Härte des Militärgesetzes nicht zu bestreiten sein.“

      „Warum ‚Härte‘?“

      „Halten zu Gnaden, Herr Kommandant! Hart ist es für uns Serbokroaten, weil die Auditore (Militärrichter) Fremde sind, unsere Sprache nicht verstehen, auf Dolmetscher angewiesen sind, die zwar Kroatisch gut, Deutsch hingegen nur ungenügend können! Ich meine, daß die beiderseitige Sprachunkenntnis gefährliche Folgen für Leben, Freiheit und Eigentum der Angeklagten hat und noch haben wird!“

      „Hm! Ist ja richtig, aber wir zwei können das nicht ändern! Na zdravje!“[5]

      Demütig dankte der Prota für diese Ehre. Und mit bebender Hand führte er sein Glas zum Munde.

      „Recht so, lieber Prota! Muß sagen, daß ich recht zufrieden mit Ihm bin! Der einzige Pope im ganzen Bezirk, der mir noch keinen Verdruß bereitet hat!“

      „Ich danke gehorsamst für diese Anerkennung! Dennoch zittere ich schier jeglichen Tag, daß doch einmal Unheil über mich kommen werde….“

      „Warum? Hat Er denn von früher her etwas auf dem Kerbholz?“

      „Nicht schlimm, Euer Herrlichkeit aufzuwarten! Nur einen üblen Auftritt hat es vor Jahren gegeben, als wir zur Vorstellung vor dem damaligen neuen Regimentskommandanten, einem Deutschen, nach Otočac (Ototschatz) befohlen waren und vom Militärchef bös angefahren wurden, daß wir Erzpriester Feinde des Kaisers und Österreichs seien….“

      „Wieso?“

      „Der Oberst warf uns vor, daß wir in unseren Kirchenbüchern für den Zar von Rußland beten, nicht für den Kaiser von Österreich!“

      Interessiert rief Tonidandel. „Was? Ist das wahr?“

      „Ja und nein, Euer Herrlichkeit aufzuwarten! Die Erklärung ist leicht zu geben! Unsere Kirchenbücher müssen in — Rußland gedruckt werden, weil die österreichische Regierung nicht erlaubt, daß unsere orthodoxen Bücher in Österreich gedruckt werden! So ist es denn ganz erklärlich, daß in den in Rußland gedruckten Büchern der Name des dortigen Landesherrn steht. Selbstverbindlich beten wir aber für den Kaiser von Österreich, für unseren Landesherrn!“

      „Weiter!“

      „Jener Oberst steifte sich aber darauf, daß es in den Büchern ‚Zar‘, nicht ‚Kaiser‘ heißt! Ich als Sprecher der Erzpriester habe den gestrengen Kommandanten aufmerksam gemacht, daß man in der slavischen Sprache das Wort ‚Kaiser‘ nicht kennt, nicht anders nennen kann als ‚Zar‘! Zar ist gleichbedeutend mit Kaiser! Zum Schluß der denkwürdigen Audienz hatte ich gebeten, es möge der Oberst bewirken, daß unsere Kirchenbücher in Österreich gedruckt werden dürfen; dann werde sicher der Name unseres österreichischen Zaren = Kaisers gedruckt werden!“

      „Was geschah dann?“

      „Wir wurden ziemlich ungnädig entlassen! Der Oberst schien nicht recht zu glauben, was ich ihm sagte! Und seither befürchte ich immer, daß man mir meinen Freimut verübeln, mich hinterdrein bestrafen, um meine so kärgliche Stelle bringen werde!“

      „Mut, lieber Alter! Jener Oberst ist längst nach — Europa versetzt, also hat es für den Prota von S. keine Gefahr! Und selbst im Falle, daß sich unser gestrenger Chef um diese verjährte Geschichte unerwarteterweise kümmern sollte, werde ich für den Prota schon einzutreten wissen! Jawohl! Prosit!“

      Erfreut, von dieser alten Sorge befreit, griff der alte Erzpriester zum Glase, dankte für die Zusicherung des Wohlwollens und der Unterstützung und leerte das Glas auf das Wohl des gnädigen Kompagniekommandanten.

      Spät wurde es an diesem Abend, bis Tonidandel sich verabschiedete und sporenklirrend seiner Behausung zustapfte.

      In der Kompagniekanzlei erschien der Kommandant am andern Tag erst zur

       Stunde, da die Militärstaffette die Post von Karlstadt brachte.

      Mit einigem „Haarweh“ behaftet, sah Tonidandel den Einlauf durch, langsam, ohne Interesse, verdrossen. Stutzig wurde er, als er einen neuen Befehl des Regimentskommandos in Händen hielt, ein Dienstschreiben an alle Militärstationen des Likaner Bezirks mit dem Wortlaute. „Sollten sich bei den Militärstationen alte Pfaffen vorfinden, sind diese, wohlverwahrt im Verschlag, dem Regimentskommando unverweilt abzuliefern.“ Die unleserliche, doch wohlbekannte Unterschrift des Chefs stand unter diesem verblüffenden Befehl.

      Zweimal las Tonidandel dieses Schriftstück sehr aufmerksam. Dann pfiff

       er durch die Zähne. Wie weggeblasen war nun das „Haarweh“. Und in seinen

       Augen glänzte eine seltsame Freude. Wie Donnerrollen klang der Ruf:

       „Jovo, hereinkommen!“

      Der Kompagnieschreiber Jovo erschien, erwies stramm die Ehrenbezeugung.

       „Zu Befehl, Herr Kommandant!“

      „Da! Vorlesen diesen Regimentsbefehl!“

      Jovo nahm gehorsamst СКАЧАТЬ