Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen. Vera Bernard-Opitz
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Название: Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

Автор: Vera Bernard-Opitz

Издательство: Bookwire

Жанр: Медицина

Серия:

isbn: 9783170365162

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СКАЧАТЬ von 41 Betroffenen mit normaler oder überdurchschnittlicher Intelligenz zwischen dem durchschnittlichen Alter von 7,2 Jahren zu Beginn der Studie und durchschnittlich 32,5 Jahren am Ende der Untersuchung wurde die Hälfte der Betroffenen als »sehr gut« bzw »gut« eingestuft. Hierbei standen die Diagnose, die kognitiven Fähigkeiten sowie die Selbständigkeit im Vordergrund. Auch innerhalb dieser Gruppe gab es jedoch erhebliche Variation, was voraussichtlich nicht unwesentlich an der Art der therapeutischen Hilfen, dem sozialen Umfeld und den beruflichen Chancen liegt.

      Mittlerweile liegen zahlreiche Bücher von Individuen am oberen Ende des Autismus-Spektrums vor, die erfolgreiche berufliche Karrieren gemacht haben, verheiratet sind und sogar Kinder haben (Grandin, 1996). Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Betroffenen selbst mit hohem IQ erhebliche Nachteile bei der Berufsfindung, der sozialen Integration und der Lebensqualität haben (Howlin & Moss, 2012).

      Aber auch in dem Fall, dass die Ausgangs- und Rahmenbedingungen nicht optimal sind, ist es für die Betroffenen mit ASS wichtig, dass ihr familiäres, soziales und therapeutisches Umfeld nicht ihre Schwächen, sondern ihre Fähigkeiten betont und ihre Stärken in die Förderung einbezieht. Weitaus bedeutsamer, da erfolgsversprechender ist es zum Beispiel, ein Kind darin zu bestärken, komplexe Puzzle zu lösen, andere Kinder nachzuahmen, sich spontan mitzuteilen oder auch nur beim »Kuckuck-Bah/Da-Spielen« den Partner anzulächeln, als stattdessen mit endlosen Listen seines Nicht-Könnens alle Beteiligten zu entmutigen. Da positives Denken der Eltern einen entscheidenden Einfluss auf die Prognose des Kindes hat (Durand, 2004), sollten auch die Einstellungen der Eltern und die Fördermöglichkeiten des sozialen Umfeldes mit in die Therapieplanung einbezogen werden. Das Vorhandensein von jüngeren oder gleichaltrigen Modellen und das Spielen mit anderen Kindern ist in vielen Fällen hilfreich (Schuler & Wolfberg, 2000, Wolfberg, 2019).

      Auch bei Jugendlichen am oberen Ende des Spektrums sollten Fähigkeiten wie detaillierte Computerkenntnisse, ein gutes Gedächtnis oder unbedingte Ehrlichkeit betont werden statt die Defizite in den Vordergrund zu stellen. Der Einbau von Sonderinteressen in schulische, berufliche oder soziale Ziele ist dabei oft sehr hilfreich. Daneben sollten erste Schritte des Jugendlichen zur Flexibilität, zum Umgang mit Stress, sowie angemessenem Sozialverhalten verstärkt bzw gezielt angeregt werden (Buron et al., 2012; Baker 2017, Mataya, Aspy & Shaffer, 2017; Bernard-Opitz, 2018).

      Fallbeispiel 1

      So fällt Andy das Addieren plötzlich leicht als er statt neutraler Mengenbilder seine geliebten Luigi-Cartoon-Abbildungen zusammenzählen darf.

      Fallbeispiel 2

      Svenja war schon als Kind von Buchstaben und Reihenfolgen fasziniert. Nun ist sie in ihrem ersten Praktikum begeistert, CDs und Bücher alphabetisch anordnen zu dürfen.

      Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) umfassen ein Kontinuum an Verhaltensauffälligkeiten, die sich in Ausprägung, Schweregrad und Prognose erheblich unterscheiden. Die Diagnose einer autistischen Störung erfolgt durch Fragebogenerhebung und Beobachtung. Wichtig für die Prognose und Therapieplanung ist das Verständnis von Verhaltensauffälligkeiten und das Erstellen eines Intelligenz- und Fähigkeitsprofils. Frühkindlicher Autismus geht in vielen Fällen mit anderen Problemen einher wie Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs-, Organisations- oder Schlafstörungen. Eine medikamentöse Behandlung kann in einigen Fällen zusätzlich zu strukturierten und sensomotorischen Therapien sinnvoll sein. Statt Defizite zu betonen, sollten auch bei Betroffenen am oberen Ende des Autismus-Spektrums Fähigkeiten aufgegriffen und gezielt verstärkt werden. Einen günstigen Einfluss auf die Prognose hat auch eine positive Einstellung der Eltern und der sozialen Umwelt.

      2 Welche Therapieansätze gibt es?

       2.1 Gibt es »Allheilmittel«?

       2.2 Was ist Strukturierte Therapie und Autismus-spezifische Verhaltenstherapie (AVT)?

       2.3 Zusammenfassung

      Ein halbes Jahrhundert lang wurden Kinder mit der Diagnose »Frühkindlicher Autismus« als unheilbar eingestuft. Nur etwa 5 % der Betroffenen hatten eine normale Entwicklung zu erwarten, während die Mehrheit ihr Leben in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder mit intensiver Hilfe verbringen musste. Zwar geht man auch heute noch davon aus, dass es sich bei ASS um eine schwerwiegende Beeinträchtigung handelt, aber man weiß mittlerweile, dass die Problematik behandelbar ist (Green, 1998; Wong et al., 2013).

      Die Suche nach einem »Generalschlüssel« für die Probleme der betroffenen Kinder hat in der populärwissenschaftlichen Literatur zwar oft für Schlagzeilen gesorgt, Therapien mit Allheilanspruch haben jedoch systematischen Untersuchungen nicht standgehalten (Weiss, 2002).

      Gibt es eine Methode für alle Probleme bei Kindern mit ASS?

      Images Kuschelpädagogik?

      Images Festhaltetherapie?

      Images Gestützte Kommunikation?

      Images Delphintherapie?

      Images Auditorische Integration?

      Images Diäten, Vitamine etc.?

      Das trifft für die ursprüngliche Annahme Kanners (1943) zu, dass Autismus durch sog. »Kühlschrankeltern« bedingt sei, ebenso für spätere »Allheiltherapien« wie »Kuschelpädagogik«, Festhaltetherapie und Gestützte Kommunikation, Diese Ansätze gingen davon aus, dass Autismus wie ein Gefängnis ist, das auf einer pathologischen Beziehung zu den Eltern oder mangelndes Vertrauen basiert. Durch Beziehungsaufbau, Festhalten, Stützen der Hand bei der Kommunikation sowie den Glauben an intakte kognitive Fähigkeiten könnte man die Probleme abbauen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass diese Bemühungen oder auch das Schwimmen mit Delphinen, gefilterte Musik, Pränatalräume und ähnlich diffus ganzheitliche Ansätze auf einzelne Kinder positiv wirken, aber bei genauer Prüfung haben diese Ansätze oft nur kurzfristige Placeboeffekte gezeigt (Jacobson, Foxx & Mulick, 2005). Sofern Kinder profitierten, zeigte sich, dass dieses an verhaltenstherapeutischen Strategien lag statt an den angenommen psychodynamischen Prozessen. In systematischen Untersuchungen konnten obige Erklärungs- und Therapieansätze nicht bestätigt werden (Schreibman, 2005; Wong et al., 2013). Demgegenüber wird der Aufbau einer positiven Beziehung in verhaltenstherapeutischen Programmen nicht als Voraussetzung für die eigentliche Arbeit angesehen, sondern diese entsteht bereits in der ersten Therapiestunde. Aufgabe des Therapeuten ist es, durch »liebevolle Eindeutigkeit« eine verlässliche, positive Situation zu schaffen, in der der Betreffende motiviert und gefordert wird, ohne überfordert zu sein.

      Als СКАЧАТЬ