Halt. Michael Donkor
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Название: Halt

Автор: Michael Donkor

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783960541998

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СКАЧАТЬ sind oder in den von Dad. Ich hatte darauf bestanden, dass du mir die Plastiktüte mit dem ganzen Geld für die Verwandtschaft gibst; es war unglaublich viel Geld. Und dann zogen wir zusammen los und ich tat ganz wichtig mit der Tüte und versuchte wahrscheinlich auch, mit den zwei Brocken Twi anzugeben, die ich aufgeschnappt hatte, weil ich nichts lieber tat als anzugeben, damals.«

      »Damals?!«

      »Wir kamen ins Dorf und ich sah all diese orangefarbenen Häuser aus Lehm oder Ton oder was auch immer, dicht an dicht. Statt Türen hatten sie so rechteckige Aussparungen, die mir viel zu schmal vorkamen, und ich sagte zu dir, Ghana wäre nur gut für dünne Leute oder sowas, auf jeden Fall völlig taktlos, da bin ich mir sicher …«

      Belinda sah zu, wie Amma an den eingerissenen Daumenlöchern in ihrem Pulli zog.

      »Wir gingen weiter, und dann tauchte wie aus dem Nichts diese riesige Schlange auf. Die Wartenden wirkten alle sehr ungeduldig und rempelten sich gegenseitig an. Ihnen gegenüber war ein kleiner Junge – als hätten sich alle seinetwegen angestellt – und weinte. Wahrscheinlich war er vier oder fünf, denn ich fragte mich, ob wir Freunde werden könnten. Und dann fielen mir seine Hände und Füße auf. Sie waren gefesselt. Der Typ, der in der Schlange ganz vorne stand, zog seinen Flip-Flop aus, oder challewatte –«

      »Wir sprechen das Tscha-la-uatt –«

      »Und dann reagierte der sich wie ein Irrer an dem kleinen Jungen ab. Er hat selbst dann noch auf ihn eingeprügelt, als der Kleine schrie und jaul –«

      »Amma –«

      »Und dann wurde mir klar, dass die anderen in der Schlange genau dasselbe tun wollten: Alle bückten sich, um einen ihrer Schuhe in die Hand zu nehmen. Und wir gingen weiter und machten Smalltalk, als sich alle Uncles versammelt hatten, und die sagten lauter nette Dinge, bis du ihnen das Bargeld ausgehändigt hast.«

      »Amma.«

      »Ich glaube, das ist meine lebhafteste Erinnerung an Ghana. Yeah.«

      »Ich finde diese Geschichte nicht besonders gut.«

      »Ach nein?«

      »Muss das sein, Amma? Eh?«

      »Die … die bofrot habe ich nach einem Rezept gebacken, das ich schon als kleines Mädchen kannte. Aber ich tue noch Vanille dazu, das ist mein Trick. Andere machen das nicht, weil Vanille teuer ist, aber es reicht schon, wenn man nur eine Schote hat und nicht mehr als ein paar Samen nimmt. Die geben eine Menge Aroma. Und ich habe in euren Küchenschränken viele Vanilleschoten gefunden. War also überhaupt kein Problem.«

      Draußen schien der unbewegte weiße Himmel dem Seufzer zu entsprechen, den Amma von sich gab. »Spielt doch keine Rolle. Nein. Wirklich. All das spielt keine Rolle.«

      Das kam ihr leicht über die Lippen, und noch andere Sätze, die eher vernuschelt klangen. Amma stand auf, ging hinaus und Belinda flatterten die Hände, sie hatte vergessen, sie in den Taschen zu verstecken. Nana ließ den Kopf hängen, so saß sie eine Weile da, als würde der kleine Anhänger, den sie um den Hals trug, ihn nach unten ziehen, und Belinda blickte zur Beruhigung auf den entblößten, biskuitfarbenen Nacken, der sich so weich anfühlen musste. Sie fragte sich, ob Nana jemals einen stillen, versteckten Rückzugsort zum Weinen gefunden hatte, wie Belinda selbst in ihren ersten Tagen bei Aunty und Uncle. Am schlimmsten war es an einem stickigen Mittwoch gewesen, als sie mit einem ölverschmierten Lappen im Mund im Geräteschuppen kauerte und die Tränen nicht fließen wollten. Drei Stunden lang hatte sie Uncles Taschentücher gebügelt und eingeräumt, ohne einmal innezuhalten. Die Anweisung lautete, die Taschentücher müssten alle gleich gefaltet werden. Nach mindestens fünfzig Stück war Belinda von diesem Gefühl übermannt worden, zu fallen und immer weiter zu fallen, und lief deswegen kopflos herum, bis sie keuchend eine Zuflucht fand, fern von allem, inmitten der Rohrzangen, Schraubenschlüssel und Nägel.

      Belinda konnte sich gar nicht mehr entsinnen, was genau dieses Gefühl ausgelöst hatte. Ob es nur das Zermürbende ihrer Tätigkeit gewesen war. Oder die Angst, die ihr anfangs in Daban ständig im Nacken saß, dass sie mit ihren dreckigen Dorfhänden Spuren oder Streifen auf den edlen Stoffen hinterlassen könnte, die man ihr anvertraut hatte. Oder die Angst, dass Aunty nach Mutter fragen und Belinda durch ihr Stakkato dazu verleiten könnte, zu viel zu verraten. Oder hatte vielleicht ihre Einsamkeit dieses grauenhafte Gefühl hervorgerufen, weil sie sich an einem fremden Ort befand, ungeachtet des kleinen Mädchens, das ihr fast den ganzen Tag lang auf Schritt und Tritt folgte? Das, woran Belinda sich klar und deutlich erinnern konnte, war der Druck des Lappens in ihrem Mund, die knebelnde Wirkung des Stoffs an ihrer Kehle. Schmerzhaft und tröstlich zugleich.

      Belinda hätte Nana gern gefragt, was sie als Nächstes tun sollte, aber da kam Amma wieder herein – ein Wirbel aus gelösten Zöpfen, wehenden Ärmeln, stampfenden Stiefeln.

      »Die sind verdammt köstlich, Be.«

      Amma nahm sich noch drei bofrot und rauschte davon. Belindas Hände hörten auf zu flattern.

       9

      Obwohl Amma die Vorstellung einer »schwarzen Eva« abgedroschen fand und obwohl sie sich nicht gern zur Schau stellte, hatte sie zugesagt, an diesem Mittwochnachmittag Modell zu stehen, weil Helena sie darum gebeten hatte. So war es schon immer gewesen: Als sie noch die Prep School besuchten und Helena keine Lust hatte, bei Versammlungen neben diesem oder jenem Mädchen zu stehen oder in der Pause wieder die Krankenschwester zu spielen, trug sie ihre Bitte so beschwingt vor oder spielte so anmutig mit ihrem feinen, gelben Haar, dass man sich unweigerlich fügte. Und so saß Amma nun artig in Helenas Wintergarten in Dulwich, inmitten einer Reihe von Yucca-Palmen, und hielt einen Granny Smith hoch, auf dass Helena ihre Aufgabe für den Kunstkurs erfüllen konnte. Amma hatte zuvor noch nie für ein Porträt »posiert« und verspürte nicht den geringsten Wunsch, diese Erfahrung heißen Unbehagens zu wiederholen, bei der sie jedweden Juckreiz unterdrücken musste. Helena stand ihr gegenüber und blinzelte, als wollte sie so auf Ammas innere Ablehnung reagieren. Amma sah zu, wie sie theatralisch den Pinsel schwang und das Gemälde mit einem letzten Strich versah.

      »Und jetzt die Dröhnung zur Belohnung, wie versprochen.« Helena nahm die CD von De La Soul raus und legte Bob Dylan ein, wischte sich die Hände an ihrem ausgeblichenen Babar-T-Shirt ab, griff nach der hölzernen Haschpfeife zu ihrer Linken und klopfte die Asche heraus. Dann wühlte sie in ihren Taschen. »Hat sich die dunkle Wolke immer noch nicht verzogen, ma petite sœur?«, fragte Helena und spähte in den wiedergefundenen Beutel.

      »Wie meinen?«

      »Ist doch klar: Du machst schon die ganze Zeit ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.«

      »Du hast gesagt, ich soll ›nachdenklich dreinblicken‹, und daran halt –«

      »Und wieso hast du mich bei Max dermaßen hängen lassen, hmm? Du hättest für mich da sein müssen, Mann.«

      »Ich war ja da.«

      »Ach komm, Am. Ich hätte deine Unterstützung gebraucht. Lavender war außer Rand und Band. Allmählich wird sie zur Lachnummer. Als hätte sie vergessen, dass sie tatsächlich – oder angeblich – Feministin ist.«

      Amma drehte den Hals hin und her, bis es knackte, und legte den Apfel auf dem nächstgelegenen Bücherregal ab.

      »Yeah. Hast vermutlich recht. Sicher.«

      »Was?«

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