Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Ich keilte mich zwischen den Spaltwänden ein, stemmte Knie und Fuß gegen den Vorsprung und streckte eine Hand aus. Ich konnte Cavor nicht sehen, aber ich konnte das Rascheln seiner Bewegungen hören, als er sich zum Sprung niederkauerte. Dann schwipp! und er hing mir am Arm – und nicht schwerer als ein Kätzchen! Ich hob ihn hoch, bis er eine Hand auf meinem Vorsprung hatte und mich loslassen konnte.
»Zum Henker!«, sagte ich, »auf dem Mond könnte jeder Bergsteiger sein;« und damit begann ich ernsthaft zu klettern. Ein paar Minuten lang kletterte ich stetig fort, und dann blickte ich wieder nach oben. Die Spalte erweiterte sich ständig, und das Licht wurde heller. Nur – –
Es war doch kein Tageslicht.
Im nächsten Moment konnte ich sehen, was es war, und bei dem Anblick hätte ich vor Enttäuschung mit dem Kopf gegen die Felsen schlagen können. Denn ich erblickte einfach einen unregelmäßig abschüssigen, offenen Raum, auf dessen schiefem Boden ein Wald kleiner keulenförmiger Pilze wuchs, deren jeder glorreich mit diesem Silberlicht leuchtete. Einen Moment starrte ich ihre milden Strahlen an, dann sprang ich vor und hinauf unter sie. Ich riss ein halbes Dutzend los und warf sie gegen die Felsen und setzte mich dann bitter lachend hin, als Cavors rotes Gesicht auftauchte.
»Es ist wieder die Phosphoreszenz!«, sagte ich. »Keine Eile not. Setzen Sie sich und tun Sie, als ob Sie zu Hause wären.« Und während er über unsere Enttäuschung sprudelte, begann ich, mehr von diesen Gewächsen in den Spalt hineinzuschleudern.
»Ich dachte, es sei Tageslicht«, sagte er.
»Tageslicht!«, rief ich. »Tagesanbruch, Sonnenuntergang, Wolken und windige Himmel! Werden wir solche Dinge je wieder zu sehen bekommen?«
Während ich sprach, schien ein kleines Bild unserer Welt vor mir aufzusteigen, hell und klein und klar wie der Hintergrund eines alten italienischen Gemäldes. »Der wechselnde Himmel, das wechselnde Meer, und die Hügel und die grünen Bäume, und die Städte und Dörfer, die in der Sonne leuchten. Denken Sie an ein nasses Dach bei Sonnenuntergang, Cavor! Denken Sie an die Fenster eines Hauses nach Westen!«
Er gab keine Antwort.
»Hier graben wir in dieser scheußlichen Welt herum, die keine Welt ist, mit ihrem tintigen Ozean, der irgendwo unten in abscheulicher Schwärze verborgen ist, und draußen der dürre Tag und die Totenstille der Nacht. Und all diese Wesen, die uns jetzt jagen, scheußliche Menschen aus Leder – Insektenmenschen, die aus einem Alb stammen! Schließlich haben sie recht! Was haben wir für ein Recht, sie zu zerschmettern und ihre Welt zu stören? Nach allem, was wir wissen, ist schon der ganze Planet auf den Beinen und hinter uns drein. Jede Minute können wir sie winseln und ihre Gongs dröhnen hören. Was wollen wir anfangen? Wohin sollen wir gehen? Hier sind wir so behaglich wie Schlangen von Jamrash, die in einer Surbiton-Villa losgelassen sind!«
»Es war Ihre Schuld!«, sagte Cavor.
»Meine Schuld!«, rief ich. »Großer Gott!«
»Ich hatte eine Idee!«
»Zum Henker mit Ihren Ideen!«
»Wenn wir uns geweigert hätten, uns zu rühren –«
»Unter diesen Stacheln?«
»Ja. Dann hätten sie uns tragen müssen!«
»Über die Brücke da unten?«
»Ja. Sie müssen uns von draußen hereingetragen haben.«
»Lieber wollte ich mich von einer Fliege über eine Decke tragen lassen.«
»Gütiger Himmel!«
Ich nahm meine Vernichtung der Pilze wieder auf. Dann sah ich plötzlich etwas, was mir selbst jetzt gefiel.
»Cavor«, sagte ich, »diese Ketten sind aus Gold!«
Er dachte scharf und seine Hände hielten seine Backen gefasst. Er wandte langsam den Kopf und starrte mich an, und als ich meine Worte wiederholt hatte, starrte er auf die um seine rechte Hand gewundene Kette. »Das ist wahr«, sagte er, »das ist wahr.« Sein Gesicht verlor das flüchtige Interesse, während er noch blickte. Er zögerte einen Moment, dann fuhr er in seinen unterbrochenen Gedanken fort. Ich grübelte eine Zeit lang über die Tatsache nach, dass ich dies erst jetzt bemerkt hatte, bis ich an das blaue Licht dachte, in dem wir gewesen waren, und das dem Metall jede Farbe genommen hatte. Und von dieser Entdeckung aus kam ich auf einen Gedankengang, der mich weit fortführte. Ich vergaß, dass ich noch eben gefragt hatte, was wir auf dem Mond zu suchen hätten. Gold – –
Cavor war der erste, der wieder sprach. »Mir scheint, uns stehen zwei Wege offen.«
»Ja?«
»Entweder wir können versuchen, uns wieder einen Weg nach außen zu suchen – zu erkämpfen, wenn nötig – und dann auf unsere Sphäre zu jagen, bis wir sie finden oder die Kälte der Nacht kommt und uns tötet, oder aber – –«
Er hielt inne. »Ja?«, sagte ich, obgleich ich wusste, was kam.
»Wir könnten noch einmal versuchen, mit den Geistern der Leute im Mond irgendwelche Verständigung zu erreichen.«
»Soweit es auf mich ankommt – das erstere.«
»Ich bin zweifelhaft.«
»Ich nicht.«
»Sehen Sie«, sagte Cavor, »ich glaube nicht, dass wir die Seleniten nach dem beurteilen können, was wir von ihnen gesehen haben. Ihre Zentralwelt, ihre zivilisierte Welt wird weit unten in den tieferen Höhlen um ihr Meer liegen. Diese Region der Kruste, in der wir sind, ist nur ein vorgeschobener Distrikt, eine Hirtengegend. Jedenfalls ist das meine Interpretation. Diese Seleniten, die wir gesehen haben, sind vielleicht nur die Äquivalente von Kuhhirten und Maschinenheizern. Dass sie Stacheln anwenden – höchst wahrscheinlich Mondkalbstacheln – der Mangel an Fantasie, den sie zeigen, wenn sie erwarten, wir СКАЧАТЬ