Der Tod auf dem Nil. Agatha Christie
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Название: Der Tod auf dem Nil

Автор: Agatha Christie

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Ужасы и Мистика

Серия:

isbn: 9783455170177

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Warum? Das macht einen doch wahnsinnig! Eine Provokation sondergleichen! Ich habe Ihnen doch erklärt, warum!«

      Poirot schüttelte den Kopf. »Nicht unbedingt.«

      »Was meinen Sie?«, fragte Linnet noch einmal.

      Poirot lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und sagte fast gleichgültig, unpersönlich: »Ecoutez, Madame. Ich will Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Eines Abends vor einem oder zwei Monaten sitze ich in London in einem Restaurant. Am Nebentisch zwei Menschen, ein Mann und ein Mädchen. Sie sind ganz offensichtlich sehr glücklich, sehr verliebt. Sie schmieden Pläne für die Zukunft. Nicht, dass ich da etwas belausche, das nicht für mich gedacht ist; den beiden ist einfach egal, wer ihnen zuhört und wer nicht. Der Mann sitzt mit dem Rücken zu mir, also kann ich das Gesicht des Mädchens genau sehen. Ein sehr ausdrucksvolles Gesicht. Sie ist verliebt – mit Herz und Leib und Seele, und sie ist keine von denen, die sich oft und leicht verlieben. Bei ihr geht es deutlich um Leben und Tod. Die beiden sind verlobt und wollen heiraten, so stellt sich heraus, und sie besprechen auch, wo sie ihre Flitterwochen verbringen werden. Sie wollen nach Ägypten.« Er machte eine Pause.

      »Und?«, fragte Linnet scharf.

      »Das ist, wie gesagt, jetzt ein, zwei Monate her – aber dieses Gesicht werde ich nie vergessen. Ich weiß, ich erkenne es wieder, sobald ich es irgendwo sehe. Genau wie die Stimme des Mannes. Ich nehme an, Madame, Sie können sich denken, wo ich das eine wieder sehe und die andere wieder höre. Hier in Ägypten. Der Mann ist tatsächlich auf Hochzeitsreise – aber auf der Hochzeitsreise mit einer anderen Frau.«

      Linnets Antwort war wieder scharf. »Na und? Die Tatsachen hatte ich Ihnen ja genannt.«

      »Die Tatsachen, ja.«

      »Also – und?«

      Bedächtig fuhr Poirot fort: »Das Mädchen in dem Restaurant erzählte auch von einer Freundin – einer Freundin, da war sie ganz sicher, die sie nie im Stich lassen würde. Und diese Freundin waren, glaube ich, Sie, Madame.«

      »Ja. Ich sagte bereits, wir waren befreundet.« Linnet wurde rot.

      »Und sie hat Ihnen vertraut?«

      »Ja.« Sie zögerte einen Augenblick und biss sich ungeduldig auf die Lippe. Als sie merkte, dass Poirot keine Anstalten machte weiterzureden, sagte sie laut und heftig: »Selbstverständlich ist das alles sehr bedauerlich. Aber so etwas kommt eben vor, Monsieur Poirot.«

      »Ah ja! Doch, das kommt vor, Madame.« Er hielt inne. »Sie sind Anglikanerin, nehme ich an?«

      »Ja.« Linnet sah ihn verdutzt an.

      »Dann hat man Ihnen in der Kirche sicher aus der Bibel vorgelesen. Und Sie haben von König David gehört und von dem reichen Mann mit der großen Viehherde und dem armen Mann, der nur ein einziges Jungschaf besaß – und davon, wie der Reiche dem Armen sein einziges Schaf weggenommen hat. Das ist auch etwas, das eben vorkommt, Madame.«

      Linnet schoss im Stuhl hoch. Ihre Augen funkelten böse. »Ich weiß schon, worauf Sie hinauswollen, Monsieur Poirot! Sie denken, ich hätte meiner Freundin, um es salopp zu sagen, den Liebhaber gestohlen. Sentimental betrachtet – und so müssen es Menschen Ihrer Generation vermutlich betrachten –, mag das sogar so sein. Aber die wirkliche und schmerzliche Wahrheit ist eine andere. Ich bestreite ja nicht, dass Jackie leidenschaftlich in Simon verliebt war, aber ich glaube, Ihnen ist bisher entgangen, dass er ihr womöglich nicht gleichermaßen zugetan war. Er mochte sie sehr gern, aber er hatte wohl schon, bevor er mich kennenlernte, das Gefühl, dass er sich geirrt hatte. Betrachten Sie das Ganze einmal mit klarem Blick, Monsieur Poirot. Simon merkt, dass er mich liebt und nicht Jackie. Was soll er machen? Den edlen Helden spielen und eine Frau heiraten, die ihm nichts bedeutet – also womöglich drei Leben zerstören? Denn ob er Jackie unter solchen Bedingungen noch glücklich machen kann, ist doch wohl fraglich. Wäre er, als er mich kennenlernte, schon mit ihr verheiratet gewesen, würde ich auch denken, es wäre seine Pflicht gewesen, bei ihr zu bleiben – obwohl ich nicht ganz sicher bin. Wenn einer von beiden unglücklich ist, leidet auch der andere. Aber eine Verlobung ist noch keine feste Bindung. Und wenn sie ein Irrtum war, dann stellt man sich dieser Tatsache doch bestimmt besser, bevor es zu spät ist. Ich gebe zu, es war sehr hart für Jackie, und das tut mir auch sehr leid – aber es ist nun mal so. Es war unausweichlich.«

      »Wirklich?«

      Sie starrte ihn an. »Was meinen Sie denn damit?«

      »Alles sehr nachfühlbar, sehr logisch, was Sie sagen! Aber eins erklärt es nicht.«

      »Und was ist das?«

      »Ihr eigenes Verhalten, Madame. Wissen Sie, dass Sie verfolgt werden, könnte zweierlei bei Ihnen auslösen. Es könnte Sie entweder ärgern – ja, oder Ihr Mitleid erregen, weil Ihre Freundin so tief verletzt ist, dass sie ihr gesamtes Anstandsgefühl über den Haufen wirft. Aber so reagieren Sie nicht. Sie empfinden diese Nachstellungen als Zumutung – warum eigentlich? Es gibt nur einen möglichen Grund – Sie verspüren ein Gefühl von Schuld.«

      Linnet sprang auf. »Was erlauben Sie sich! Wirklich, Monsieur Poirot, das geht zu weit.«

      »Ich erlaube es mir eben, Madame! Ich werde auch weiterhin in aller Offenheit mit Ihnen sprechen. Ich behaupte, Sie haben, obwohl Sie sich alle Mühe gegeben haben, das vor sich selbst zu vertuschen, Ihrer Freundin willentlich den Mann weggenommen. Ich behaupte, Sie haben sich augenblicklich von ihm angezogen gefühlt. Ich behaupte, dass es einen Moment des Zögerns gab, in dem Ihnen klar war, dass Sie die Wahl hatten – abzulassen oder weiterzumachen. Und ich behaupte, dass die Entscheidung bei Ihnen lag – nicht bei Monsieur Doyle. Sie sind schön, Madame, Sie sind reich, Sie sind klug und intelligent – und Sie haben Charme. Mit diesem Charme können Sie jemanden für sich einnehmen, Sie können ihn aber auch zügeln. Sie hatten alles, Madame, was das Leben zu bieten hat. Das Leben Ihrer Freundin dagegen hing an einem einzigen Menschen. Das wussten Sie, und trotzdem haben Sie zwar kurz gezögert, aber nicht Ihre Hand zurückgehalten. Sie haben zugefasst und wie der reiche Mann in der Bibel dem armen sein einziges Schaf genommen.«

      Eine Zeitlang herrschte Schweigen. Schließlich riss sich Linnet zusammen und sagte kalt: »All das gehört wohl kaum zum Thema!«

      »O doch, es gehört zum Thema. Ich erkläre Ihnen gerade, warum die plötzlichen Auftritte von Mademoiselle de Bellefort Sie so aus der Fassung bringen. Das liegt daran, dass Sie innerlich überzeugt sind, sie ist, auch wenn sie sich für eine Frau noch so unwürdig und unpassend benimmt, im Recht.«

      »Das stimmt nicht.«

      Poirot zuckte die Schultern. »Sie weigern sich, ehrlich zu sich selbst zu sein.«

      »Überhaupt nicht.«

      Poirot erwiderte mild: »Ich möchte meinen, Madame, dass Sie immer ein glückliches Leben hatten und sich gegenüber anderen immer großzügig und freundlich verhalten haben.«

      »Ich habe es jedenfalls versucht.« Erbostheit und Ungeduld verschwanden aus Linnets Gesicht. Sie klang jetzt ganz einfach – fast hilflos.

      »Und deshalb bringt das Gefühl, dass Sie jemandem willentlich weh getan haben, Sie so aus der Fassung, und Sie sperren sich so sehr dagegen, es sich einzugestehen. Verzeihen Sie, wenn ich unverschämt geworden bin, aber Psychologie ist immer der wichtigste Tatbestand bei einem Fall.«

      Langsam antwortete Linnet: »Selbst СКАЧАТЬ