Название: Total Compensation
Автор: Frank Maschmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Юриспруденция, право
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592616
isbn:
III. Die „betriebsverfassungsrechtliche Eingruppierung“
74
So unproblematisch das betriebsverfassungsrechtlich vorgesehene Verfahren der Verständigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sich in der Praxis sehr häufig gestaltet, sind seine Durchführung und insbesondere die sich ergebenden Rechtsfolgen bei genauer Hinsicht sehr umstritten. Die Entscheidungen des BAG zu Ein- und Umgruppierungen nach § 99 Abs. 1 BetrVG beziehen sich zumeist entweder auf Einzelheiten des Verständigungsverfahrens oder – insoweit wie bei der individualrechtlichen Eingruppierung – auf die Zuordnung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe bzw. einem Tätigkeitsmerkmal eines kollektiven Entgeltschemas. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im arbeitsrechtlichen Diskurs die Besonderheiten der betriebsverfassungsrechtlichen Eingruppierung selten unmittelbar der individualrechtlichen Eingruppierung entgegengehalten und von ihr abgegrenzt werden. Vielmehr werden die jeweils auftretenden Fragen ohne Rücksicht auf die Unterschiede der beiden Verfahren beantwortet. Dabei evtl. auftretende dogmatische Unklarheiten werden nicht selten hinter vermeintlichen Selbstverständlichkeiten versteckt, sodass sich der Eindruck einer einheitlichen Rechtslage aufdrängen muss. Tatsächlich sind jedoch in dem Prozess der betriebsverfassungsrechtlichen Eingruppierung nur Teile des Weges identisch bzw. parallel zu denen der oben näher beschriebenen individualrechtlichen Eingruppierung.
1. Rechtsgrundlage für die betriebsverfassungsrechtliche Eingruppierung
75
§ 99 Abs. 1 BetrVG regelt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen, die sich bei den dort genannten Vorgängen der Ein- und Umgruppierung auf eine Rechtskontrolle beziehen, da die Eingruppierung kein gestaltender Vorgang ist, sondern eine rein gedankliche Zuordnung der Tätigkeit eines Arbeitnehmers zu einem abstrakt formulierten Element einer hierarchischen Entgeltordnung (vgl. oben Rn. 56 ff.). Betriebsverfassungsrechtlich ist der Arbeitgeber daher rechtlich verpflichtet, diesen Zuordnungsvorgang vorzunehmen und mit dem Betriebsrat in einen Verständigungsprozess hierüber zu treten. Soweit in bestimmten Tarifverträgen eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers noch einmal ausdrücklich formuliert wird (z.B. BETV Chemie § 3 Abs. 3), entfaltet eine solche Regelung keine eigenständige Verpflichtung, sondern wiederholt deklaratorisch die gesetzlich vorgesehene Durchführung im betriebsverfassungsrechtlichen Rahmen.
2. Das „betriebliche Entgeltschema“
76
Die Entgeltordnung, die den Maßstab für die betriebsverfassungsrechtliche Eingruppierung darstellt, ist nach einem anderen Kriterium zu ermitteln als diejenige bei der individualrechtlichen Eingruppierung. Bei ersterer kommt es darauf an, dass sie „betrieblich gilt“, und nicht darauf, dass sie im einzelnen Arbeitsverhältnis vertraglich oder tariflich verbindlich ist. Das wird in den meisten Fällen identisch sein, ist es aber keineswegs notwendig.
77
Das betrieblich „geltende“ Vergütungsschema bestimmt sich regelmäßig nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz und Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Entweder ist es im Fall der Geltung eines Tarifvertrags vom Arbeitgeber wegen dessen Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG i.V.m. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG) zwingend anzuwenden. Dann ist auch ein Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG in dieses Schema „einzugruppieren“, wenn er selbst nicht tarifgebunden ist und womöglich eine individuell gestaltete Vergütungsregelung im Arbeitsvertrag hat, die sich nicht an dem Entgeltschema orientiert. Für die Begründung der Mitbeurteilungsrechte des Betriebsrats ist es unerheblich, ob der betroffene Arbeitnehmer individualrechtlich auf die Anwendung des zugrunde liegenden Tarifvertrags einen Anspruch hat.74 Das bedeutet in der Konsequenz aber auch, dass im Fall einer doppelten Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zwei voneinander unabhängige und unterschiedliche betriebliche Entgeltordnungen bestehen können. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer seines Betriebs nach beiden Entgeltordnungen eingruppieren muss.75
78
Beispiel: Kommunales Krankenhaus als Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband, das hinsichtlich des Entgeltschemas für Ärzte sowohl an den vom KAV mit ver.di СКАЧАТЬ