Название: Total Compensation
Автор: Frank Maschmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Юриспруденция, право
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592616
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5. Die gerichtliche Überprüfung der Eingruppierung
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Die vom Arbeitgeber vorgenommene Eingruppierung, also die gedankliche Zuordnung der auszuübenden Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe, kann der Arbeitnehmer gerichtlich überprüfen lassen. Hierfür zuständig sind die Arbeitsgerichte. Für das Verfahren ist auf folgende Besonderheiten hinzuweisen:
a) Antrag
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Bei der gerichtlichen Überprüfung geht es allein um die „Feststellung“ der zutreffenden Eingruppierung und nicht um eine Handlungsverpflichtung des Arbeitgebers. Er kann deshalb nicht dazu verurteilt werden, den Arbeitnehmer in eine bestimmte Entgeltgruppe „einzugruppieren“, sondern wegen der Tarifautomatik ist der Arbeitnehmer eingruppiert – fraglich ist nur, ob zutreffend oder nicht. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für eine solche Feststellungsklage erforderliche Rechtsverhältnis kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in dem sog. Eingruppierungsfeststellungsantrag zum Ausdruck, der Arbeitgeber solle verpflichtet werden, den Arbeitnehmer nach der Entgeltgruppe XX des Tarifvertrags YY zu vergüten. Zwar ist ein solcher Feststellungsantrag grundsätzlich subsidiär zu einem Leistungsantrag; die Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass jedenfalls dann, wenn Anhaltspunkte für das Gegenteil fehlen, auch ein privater Arbeitgeber regelmäßig bereit ist, einem entsprechenden Feststellungsurteil dann durch die praktische Umsetzung im Arbeitsverhältnis auch Folge zu leisten.66 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO ist aber, dass der Streit der Parteien mit der Feststellung abschließend geklärt wird.67 Das bedeutet, dass eine unstreitige Stufenzuordnung nicht zum Gegenstand des Antrags gemacht werden darf;68 soweit sie aber streitig ist, muss sie auch im Antrag aufgenommen werden. Für in der Vergangenheit bereits entstandene Entgeltdifferenzen kann auch gleichzeitig im Wege der subjektiven Klagehäufung ein Leistungsantrag auf Zahlung gestellt werden. Dann dürfen sich die Zeiträume, auf die sich die Anträge beziehen, jedoch grundsätzlich nicht überschneiden,69 weil es insoweit an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlen würde.
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Der Antrag muss ferner hinreichend bestimmt sein, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dazu gehört auch die präzise Bezeichnung desjenigen Tarifvertrags, der die anzuwendende Vergütungsordnung enthält; die Bezeichnung „Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW“ ist zu unbestimmt und macht die Klage unzulässig.70
b) Darlegungs- und Beweislast
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Die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast gelten auch im Eingruppierungsfeststellungsprozess. Danach ist diejenige Partei belastet, die sich auf die Rechtsfolgen aus den von ihr vorzutragenden Tatsachen beruft, also regelmäßig der Arbeitnehmer.71 Wie in wenigen Bereichen determiniert diese Lastverteilung bei der Eingruppierung den Ausgang des Rechtsstreits. Denn die Anforderungen an eine schlüssige Eingruppierungsklage sind hoch und in den meisten Fällen scheitern die Kläger gerade hieran. Ein schlüssiger Vortrag erfordert die Darlegung aller Tatsachen, aus denen sich die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der begehrten Entgeltgruppe ergibt. Dafür müssen die Arbeitsabläufe auf der Grundlage der übertragenen Aufgaben so geschildert werden, dass das Gericht in der Lage ist, soweit erforderlich, die zu bewertenden Arbeitseinheiten (Arbeitsvorgänge) nach Maßgabe der Arbeitsergebnisse zu bestimmen. Auch die angestrebte Feststellung der Wertigkeit der einzelnen Arbeitseinheiten muss dem Gericht – in Abhängigkeit vom konkreten Tätigkeitsmerkmal72 – anhand der detaillierten Darstellung von Arbeitsabläufen und deren Schwierigkeitsgrad und Einbindung in die betriebliche Organisation ermöglicht werden, etwa ob und warum die Tätigkeit einen „akademischen Zuschnitt“ hat, also in der Regel nur mit den Kenntnissen eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses verrichtet werden kann (bei TV-L Teil I EG 13), oder warum dafür eine abgeschlossene Berufsausbildung allein nicht genügt, sondern der Schwierigkeitsgrad so ausgeprägt ist, dass es mindestens einer darüber hinausreichenden mehrjährigen Berufsausübung bedarf (bei Entgeltgruppe 6 TV ERA Küste), usw. Bei sog. „Aufbaufallgruppen“ reicht auch die umfangreiche Darstellung der eigenen Tätigkeit und der dafür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht aus. Denn die Tätigkeitsmerkmale dieser Gruppen setzen die vollständige Erfüllung einer niedrigerwertigen Gruppe voraus und sind durch ein zusätzliches „Heraushebungsmerkmal“ (z.B. TVöD/Bund Teil I EG 11: „... deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der EG 9b Fallgruppe 1 heraushebt“) gekennzeichnet. Nach der Rechtsprechung des BAG erhöht dies die Darlegungslast; um den danach erforderlichen „wertenden Vergleich“ zu ermöglichen, soll es nicht genügen, Tatsachen zur eigenen Tätigkeit darzulegen; vielmehr muss der Sachvortrag durch einen Rückgriff auf die „Normaltätigkeit“ erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt.73
2 Z.B. für das Klinikum Chemnitz, vgl. Sachverhalt bei BAG 16.3.2016, 4 AZR 502/14, NZA 2017, 131. 3 BAG 25.1.2012, 4 AZR 147/10, Rn. 32, BB 2012, 2048. 4 BAG 27.9.2017, 4 AZR 76/15, Rn. 25, AP TVG § 1 Tarifverträge: Energieversorgung Nr. 4; BAG 6.12.2006, 4 AZR 659/05, Rn. 25 (Fernschreiber mit Kryptoverfahren im militärischen Bereich), BAGE 120, 269. 5 BAG 21.10.1992, 4 AZR 88/92, NZA 1993, 379. 6 BAG 27.9.2017, 4 AZR 76/15, Rn. 25 m.w.N., AuR 2018, 256. 7 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78). 8 Vgl. allgemein zu Gleichbehandlungsgeboten und Diskriminierungsverboten bei der Vergütung Kap. 13. 9 So bestimmt etwa Ziff. 3.1. TV ERA Metall Berlin-Brandenburg: „Soweit die Merkmale einer Entgeltgruppe einen bestimmten beruflichen Ausbildungsgang ansprechen, Beschäftigte einen solchen aber nicht durchlaufen haben, sind sie doch in diese Entgeltgruppe einzugruppieren, wenn ihre Arbeit die Anforderungen dieser Gruppe erfüllt. Andererseits begründet ein durchlaufener Ausbildungsgang für sich allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe, wenn die übertragene Arbeit diesen Ausbildungsgang nicht verlangt.“ 10 BAG 16.11.2016, 4 AZR 127/15, Rn. 27 ff., NZA 2017, 870; noch „krasser“ die Entscheidung des BAG für das Tätigkeitsbeispiel „Servicepersonal und/oder Küchenpersonal ohne Fachausbildung in den ersten 12 Monaten der Tätigkeit“: Keine Höhergruppierung nach Ablauf von 12 Monaten bei unveränderter Tätigkeit, weil es sich um eine Voraussetzung für die entsprechende Tätigkeit СКАЧАТЬ